Donnerstag, 22. Juni 2017

American Gods: Staffel 1, Folge 8 (Staffelfinale) - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -

In der vorherigen Folge "A Prayer for Mad Sweeney" wurde größtenteils eine Geschichte aus der Vergangenheit erzählt, während die Handlung in der Gegenwart nur wenig voran ging. Daher war ich wirklich gespannt, wie die letzte Folge "Come to Jesus" verläuft und ob es eine Konfrontation der Götter geben wird. Dazu kommt es tatsächlich, doch zuerst bekommt man Einblicke in die Vergangenheit der Liebesgöttin Bilquis (Yetide Badaki). Auch Mr. Wednesdays (Ian McShane) und Shadow Moons (Ricky Whittle) Reise geht weiter, ebenso wie die von Laura Moon (Emily Browning) und Mad Sweeney (Pablo Schreiber). Es geht für alle nach Kentucky zur Osterfeier der Frühlingsgöttin Ostara (Kristin Chenoweth). Dort tauchen die neuen Götter Media (Gillian Anderson) und Technical Boy (Bruce Langley) auf. Es kommt zwischen ihnen und Wednesday zu einer Auseinandersetzung und die Folge endet mit einigen Cliffhangern, nach denen die zweite Staffel gar nicht schnell genug kommen kann.

Interessante Göttinnen

Shadow (l.) und Mr. Wednesday erscheinen auf Ostaras Feier
Foto: starz
Zu Beginn erfährt man mehr Details zur Liebesgöttin Bilquis, die bisher nur zwei kurze Auftritte in vorherigen Episoden hatte. Im Unterschied zu den anderen Göttern, lernt man sie dadurch besser kennen, denn man sieht nicht nur ihre Blütezeit, sondern verfolgt auch mit, wie die Liebesgöttin immer weiter in Vergessenheit gerät. Ihr Charakter wird besser ausgebaut als manch anderer Gott, wie beispielsweise Vulcan (Corbin Bernsen) oder Czernobog (Peter Stromare), deren Vergangenheiten weniger ausführlich oder fast gar nicht behandelt wurden. 
Bilquis hat insgesamt nur sehr wenig Dialog, bringt dem Zuschauer aber viele Emotionen und Gedanken allein durch ihre Mimik nahe. Als sie durch Zufall in den Nachrichten sieht, wie ihr Tempel, in dem sie um 600 v. Chr. verehrt wurde, zerstört wird, zeichnen sich alle ihre Gefühle im Gesicht ab: Fassungslosigkeit, Schmerz, Trauer, all das wird Yetide Badakis Schauspiel greifbar.
Bilquis war einst sehr mächtig
Foto: starz
Zu Beginn habe ich mich gefragt, wieso sie im Staffelfinale diese Aufmerksamkeit bekommt. Das hat sich geändert, als Technical Boy erscheint und ihr durch eine Dating App dazu verhilft, wieder Menschen zu finden, die sie lieben und verehren. Ähnlich wie Vulcan hat sie die Hilfe der neuen Götter in der Vergangenheit entgegengenommen und ist ihnen nun etwas schuldig. Da der Krieg gegen die alten Götter unausweichlich scheint, ist schnell klar, dass sie sich daran beteiligen soll. Ich bin allerdings sehr gespannt, welche Kräfte Bilquis zu bieten hat. Bis jetzt hat man nur gesehen, dass sie Menschen verführt, mit ihnen schläft und sie danach mit ihrer verschlingenden Vagina in sich aufnimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Methoden im Kampf viel nützen. Meiner Meinung nach muss sie aber eine wichtige Rolle spielen, da ihr so viel Aufmerksamkeit zuteil wird und die neuen Götter sie auf ihrer Seite haben wollen.

Ostara als freundliche Gastgeberin
Foto: starz
Auch die alte Göttin Ostara, Inkarnation von Ostern und Gastgeberin der Osterfeier in dieser Folge, ist ein erfrischender Charakter, da sie sehr lebhaft und aufgeweckt auftritt. Dadurch sticht die Frühlingsgöttin zwischen den anderen Göttern heraus. Auf ihrer Feier erfährt man, dass sie Mad Sweeneys mysteriöse Bekanntschaft ist, die Laura wieder zum Leben bringen soll. Wie sich herausstellt, kann sie der Untoten den Gefallen nicht tun. Diese Szene mochte ich sehr gerne, weil sie mein Mitgefühl für Laura besonders stark geweckt hat. Ostara will ihr zuerst nicht helfen, willigt dann aber doch ein. Man rechnet also schon fast damit, dass Shadows Frau dem Leben als Zombie entfliehen kann und auch in ihrem Gesicht kann man die Hoffnung sehen, bevor sie zunichte gemacht wird. Dabei geht die Frühlingsgöttin sehr liebenswürdig mit Laura um ("You are perfectly lovely"), doch das Unverständnis der Untoten darüber ist klar zu erkennen, genauso wie ihre Verzweiflung ("But you said that you could re-gift the gift. I need the gift. I need to be alive."). Ihr Tod wurde durch einen Gott, Mr. Wednesday, befohlen, auch wenn Sweeney ihn ausgeführt hat und deshalb funktioniert die Wiederbelebung nicht. Als Laura das erfährt, sieht man vor allem bei Mad Sweeney die Schuldgefühle, denn er weicht Ostaras anklagendem Blick aus und wirkt alles andere als gleichgültig über das Schicksal der Untoten. Laura muss erstmal weiter vor sich hin verwesen. Ich hoffe, dass es in der zweiten Staffel doch noch eine Möglichkeit gibt, sie zu retten. Zusammen mit Mad Sweeney gibt sie dem Zuschauer viele tolle Szenen, ohne die einiges vom Humor und der Leichtigkeit in "American Gods" fehlen würde.
Laura (l.) erfährt die bittere Wahrheit
Foto: starz
Doch auch Ostara hat es nicht leicht. Sie muss sich Ostern mit Jesus teilen oder eher gesagt mehreren von ihnen. Da die Menschen immer leicht abweichende Vorstellungen von ihm haben, gibt es ihn in vielen Erscheinungsbildern, was eine sehr amüsante Idee ist. Alle diese Jesusvorstellungen sind bei Ostaras Osterfeier in Kentucky dabei, was ein komisches Bild abgibt, da sie alle recht ähnlich aussehen und fast die Hälfte der Gäste nur aus diesen Jesuscharakteren besteht. Da sie in einigen Szenen im Hintergrund stehen, sehen sie wie Leute auf einer verrückten Mottoparty aus. Auch wenn Ostara vor ihren Gästen gut gelaunt und fröhlich ist, kommt im Gespräch mit Wednesday heraus, dass sie unter der fehlenden Aufmerksam leidet. Doch der alte Gott hat einen geniale Idee, um ihr zu helfen: Wenn die Menschen nicht an sie glauben, muss Ostara sie dazu zwingen. Dieser Plan kommt ihr sehr gelegen. Wie genau er aussieht, wird während der Konfrontation der neuen Götter und Odin deutlich. Dazu gleich mehr.

Die Götter treffen aufeinander

Media (Mitte) und die "Kinder" von Technical Boy
Foto: starz
Endlich kommt es nach der ersten spannenden Konfrontation in der fünften Folge zu einem erneuten Treffen zwischen den Göttern. Der große Krieg steht noch bevor, doch in dieser Episode bekommt man einen Vorgeschmack darauf, der die Neugier auf Staffel zwei deutlich steigert. Von den neuen Göttern sind nur Media und Technical Boy anwesend, doch dann taucht Mr. Worlds (Crispin Glover) Gesicht als Bild auf einem der gesichtslosen Köpfe der "Kinder" auf. Der ungewöhnliche Auftritt des Anführers der neuen Götter ist nicht nur überraschend, sondern bringt noch weitere Spannung in die Auseinandersetzung. Allerdings wirkt seine Rede darüber, dass Wednesday auf jeden Fall verlieren wird, nicht allzu beunruhigend. Denn Mr. World ist nicht mal körperlich anwesend und erscheint, anders als in der ersten Konfrontation, nicht besonders bedrohlich. Seine tatsächliche physische Anwesenheit wäre deutlich beeindruckender gewesen. Wie der Konflikt aufgebaut ist und verläuft, hat mir sehr gut gefallen. Das liegt besonders daran, dass Mr. Wednesday das erste Mal die neuen Götter aktiv angreift und provoziert. Er erschlägt die "Kinder" von Technical Boy mit Blitzen, dabei bringt er die neuen Götter kurz aus dem Konzept. Sie sind ehrlich überrascht darüber, dass der alte Gott genug Kraft dafür hat und haben diese Aktion nicht kommen sehen. Die Ermordeten opfert er außerdem im Namen von Ostara, die dadurch stärker wird und Odin sie so für seine Seite gewinnt. Es folgt eine weitere Wendung, als Wednesday die Göttin bittet, ihren Plan auszuführen. Sie lässt alles pflanzliche
Mr. World ist nur digital anwesend
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Leben in einem gewaltigen Umkreis zurückgehen, so dass nur braune Erde bleibt. Diese Kraft der Frühlingsgöttin ist beeindruckend und sieht optisch toll aus: Die Entwicklung der Pflanzen wird im Zeitraffer zurückgedreht, bis nichts mehr übrig ist: Odin: "Tell them we've taken the spring. They can have it back when they pray for it." Dadurch zwingt Wednesday seine Rivalen dazu, dafür zu sorgen, dass die Frühlingsgöttin neue Anhänger bekommt. Da sie wohl nicht wollen, dass die Menschen verhungern, sind sie in einer Zwickmühle, denn wer verehrt sie dann noch? Somit verhelfen sie aber einem alten Gott zu neuer Kraft, der sich allerdings nicht auf ihrer sondern Odins Seite befindet, der davon profitiert. Dieser Trick Wednesdays ist raffiniert. Der Krieg entwickelt sich dadurch außerdem zu sehr viel mehr als nur einen physischen Kampf und macht ihn interessanter. Für Mr. World ist diese Provokation zu viel. Noch einmal taucht sein Gesicht auf einem der "Kinder" auf: "You wanted a war [...]? You have one. Be glad. It will be the war you'll die in." Somit steht der Krieg unausweichlich fest.


Odins dramatischer Auftritt

Ostara hinterlässt totes Land
Foto: starz
In dieser Folge passiert außerdem etwas, auf das man lange gewartet hat. Shadow erfährt endlich, wer Mr. Wednesday wirklich ist. Die Art, wie Odin es ihm präsentiert, ist allerdings etwas übertrieben. Er zählt mit bebender Stimme jeden seiner Beinamen auf, beispielsweise Grimnir, während er einen gewaltigen Sturm mit Gewitter aufziehen lässt. Irritierter war ich allerdings von Shadows Reaktion, als Odin ihn nach seinem und Ostaras Auftritt fragt: "Do you believe?" Denn er bejaht diese Frage. Keine zehn Minuten zuvor hat er noch mit einem Jesus darüber gesprochen, dass sich alles immer noch wie ein Traum anfühlt, er aber auch an dieser Erklärung zweifelt. Jetzt glaubt Shadow aber doch an alles. Das ist wieder so ein Moment, in dem ich Shadow nicht verstehe. Hätte er mit dem Jesus darüber gesprochen, dass er langsam glaubt, alles könnte real sein, hätte seine Antwort ja noch Sinn für mich gemacht. So wirkt seine Reaktion eher fragwürdig. Am Anfang war Shadow als Charakter noch nahbar, weil er mehr im Fokus steht und man die Ereignisse aus seiner Sich verfolgt. Doch von Folge zu Folge ist er weiter von mir weggerückt, da er besonders in den letzten Episoden oft der passive Beobachter war, so dass ich in manchen Szenen sogar vergessen habe, dass er anwesend ist. Dadurch ist es schwer, ihn als Protagonisten zu sehen, was ich schade finde. Da er nun eingeweiht ist und das Unwissen ein Ende hat, hoffe ich, dass er in der zweiten Staffel deutlich aktiver wird.
Odin während seiner Rede
Foto: starz
Spannend wird es außerdem, weil kurz nach Ostaras Auftritt Laura mit Sweeney die Szene unterbricht. Wednesdays strahlendes Lächeln verschwindet beim Klang ihrer Stimme sofort und Shadow hat ab diesem Moment richtet sich seine komplette Aufmerksamkeit auf Laura. Mit dieser offenen Situation endet die Szene. Mir gefällt der Cliffhanger dieses Finales sehr gut. Der große Kampf in Wisconsin steht bevor, Lauras Chancen auf eine Wiederbelebung sehen schlecht aus. Auch die Frage, wie Wednesday auf ihre Präsenz reagieren und ob es Shadows Glauben beeinflussen wird, weckt meine Neugier. Außerdem frage ich mich, wie sich die Dynamik zwischen ihnen wandeln könnte. Schließlich weiß Laura, wer hinter ihrem Tod steckt und sollte sie Gelegenheit haben, ihrem Ehemann das mitzuteilen, könnte das Shadows Beziehung zum alten Gott sehr verändern. Genauso gespannt bin ich darauf, ob Ostara mehr Macht erlangen wird. Und welche Rolle wird Bilquis im Krieg der Götter spielen? Das alles macht mich unglaublich neugierig auf die nächste Staffel. 

Fazit

Laura möchte mit ihrem Ehemann (r. unten) sprechen
Foto: starz
Das "American Gods"-Finale "Come to Jesus" ist eine gelungene Folge und ein toller Abschluss der ersten Staffel. Sowohl Bilquis' Geschichte als auch die Konfrontation der alten und neuen Götter, ist interessant und weckt die Spannung darauf, wie es weitergehen wird. Auch die Situation zwischen Shadow, Wednesday und Laura am Ende lässt viele Fragen offen, die in der nächsten Staffel hoffentlich aufgegriffen werden. Da Shadow endlich weiß, dass der alte Gott Odin ist und er angeblich nun an alles glaubt, habe ich die Hoffnung, dass sein Charakter dadurch die Rolle des passiven Beobachters ablegt, damit er wieder interessanter wird. Mit Bilquis und Ostara sind zwei tolle Charaktere Teil des Kriegs geworden. Besonders bei der Liebesgöttin ist die Neugier geweckt, welche Rolle sie darin spielen wird. Insgesamt hat "Come to Jesus" mich nicht enttäuscht. Ich kann den Beginn der zweiten Staffel jedenfalls kaum erwarten. 


Nun heißt es allerdings erstmal Geduld haben. Wann man mit der nächsten Staffel rechnen kann, ist noch nicht bekannt. Bis jetzt steht nur fest, dass sie zehn Episoden haben wird. Hoffentlich werden bald weitere Infos folgen. Bis dahin findet ihr alle Rezensionen sowie einen Rückblick auf die gesamte erste Staffel hier.

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