In der 2016/2017-Saison liefen insgesamt 44 neue Sonntagskrimis, davon 36 "Tatorte" und acht Mal "Polizeiruf 110" (die Rezensionen der Folgen von Mai und Juni findet ihr hier). Seit dieser Woche ist Sommerpause und die Zeit bis zu den neuen Episoden wird mit Wiederholungen überbrückt. Traditionell haben alle großen Medien das "Tatort"-Jahr noch einmal zusammengefasst: Welche Teams oder Kommissare aufgehört haben, wer keinen neuen Fall hatte (Falke zum Beispiel :/), das quotenstärkste Team (Überraschung! Es ist Münster.) und Co.
Ich möchte die vergangene Saison auch Revue passieren lassen und die Folgen hervorheben, die mir am besten und am wenigsten gefallen haben - für den Sonntagskrimi insgesamt, da ich nicht verstehe, weshalb der "Polizeiruf" von den meisten ausgelassen wird.
Meine Top-Krimis
Polizeiruf 110: Nachtdienst (München - von Meuffels; Mai 2017)
Von Meuffels und seine demente Zeugin
Foto: BR/die film gmbh /Hendrik Heiden
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Ich bin kein Fan des Münchener Ermittlers Hanns von Meuffels, doch "Nachtdienst" war einer der besten "Polizeirufe", die ich je gesehen habe. Ein wenig beachtetes, aber unglaublich aktuelles Thema, grandiose Schauspieler und ein hochspannender Showdown. In diesem Krimi ist es von Vorteil, dass sich die Handlung fast ausschließlich auf das Heim und seine Bewohner konzentriert. So lernt man die Charaktere kennen und leidet mit ihnen. Selten hat mich ein Sonntagskrimi noch so lange nach der Ausstrahlung beschäftigt.
Tatort: Sturm (Dortmund - Faber, Bönisch, Dalay, Kossik; April 2017)
Ein gutes Team: Bönisch (l.) und Faber
Foto: WDR/Frank Dicks
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Mein Lieblings-"Tatort" in diesem Jahr kam aus Dortmund. Wie bei "Nachtschicht" hat mich hier vor allem der spannende, völlig unvorhergesehene Showdown und das Echtzeit-Gefühl gepackt. Normalerweise ist das Dortmunder Team am stärksten, wenn sie "gemeinsam" (also eigentlich mehr gegeneinander) arbeiten. Doch hier ist es gerade der Aspekt, dass sich alle vier Ermittler alleine durchschlagen und Sorgen umeinander machen, der den Krimi spannend hält. Besonders Aylin Tezel als "Kommissarin Nora Dalay" legt eine fantastische schauspielerische Darbietung hin, bei der man Gänsehaut bekommt. Zusammen mit dem aktuellen Thema (so aktuell, dass die Ausstrahlung nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verschoben wurde) und dem, für das Dortmunder Team typischen, trockenen Humor, ein richtig guter "Tatort".
Tatort: Feierstunde (Münster - Thiel, Krusenstern, Boerne; September 2016)
Frau Haller kümmert sich um Boerne
Foto: WDR/Wolfgang Ennenbach
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Ich kann den Hype um den Münsteraner "Tatort" nicht verstehen: Hat man einen gesehen, kennt man sie alle. Doch "Feierstunde" ist eine angenehme Ausnahme. Auf die üblichen Standardwitze und -sprüche wird weitestgehend verzichtet. Auch die nervigen Zickereien zwischen Boerne und Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) fallen weg, da sich die beiden selten am selben Ort aufhalten. Stattdessen wird die Beziehung der Streithähne zu ihren sonst eher ins Abseits geschobenen Kolleginnen Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) und Silke "Alberich" Haller (ChrisTine Urspruch) vertieft. Durch die Geiselnahme und das nachvollziehbare Motiv des Mörders ist "Feierstunde" auch deutlich seriöser, spannender und glaubwürdiger als die meisten anderen "Tatorte" aus der Universitätsstadt.
Tatort: Wendehammer (Frankfurt a.M. - Brix, Janneke; Dezember 2016)
v.l.: Janneke und Brix mit einer Nachbarin
Foto: HR/Degeto/Bettina Müller
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In dieser Saison gab es viele Krimis, die digitale Vernetzung, Internet und Überwachung thematisiert haben. "Wendehammer" geht auf diese Aspekte nur am Rande ein. Im Fokus stehen die bodenständigen Streitigkeiten zwischen den skurrilen Nachbarn, darunter eine alternde Operndiva mit zwei Mops-Hunden und eine selbsternannte Hobbyermittlerin, die den Kommissaren waghalsige Mord-Theorien präsentiert. Durch die schrulligen Charaktere, den trockenen Humor des Frankfurter Teams und die clevere Auflösung des Vermisstenfalls ist "Wendehammer" ein weiteres Highlight der Saison.
Tatort: Borowski und das dunkle Netz (Kiel - Borowksi, Brandt; März 2017)
Borowski (Mitte) mit zwei Cybercrime-Beamten
Foto: NDR/Christine Schroeder
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Wie in "Wendehammer" dreht sich auch dieser "Tatort" um das Internet und digitale Kommunikation. Allerdings liegt hier der Schwerpunkt auf diesem Thema, weshalb die Folge zum Teil wie einer Lehrvideo für Computeranfänger wirkt. Dennoch ist sie gut, da die Charaktere, besonders die beiden nerdigen Cybercrime-Beamten, sehr sympathisch und locker sind, anders als im letzten Krimi der Saison "Borowski und das Fest des Nordens". Der Killer ist herrlich gruselig und mysteriös, was die Spannung deutlich anhebt. Auch in diesem "Tatort" gibt es einen aufregenden Showdown, der zwar nicht unvorhergesehen kommt, aber dennoch unheimlich ist.
Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel (Rostock - Bukow, König; Januar 2017)
König (r.) fordert einen Vergewaltiger (l.) heraus
Foto: NDR/Christine Schroeder
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Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Alexander Bukow (Charly Hübner) stellen in diesem Fall zum wiederholten Mal unter Beweis, dass sie zu den besten Ermittlerteams Deutschlands gehören. Beide sind emotional kaputt und müssen sich in dieser Folge noch mehr Schwierigkeiten stellen. Auf ihre gewohnt ruppige Art gehen sie mit den herrlich unsympathischen Verdächtigen um und scheuen nicht vor direkter Konfrontation. Besonders der Showdown ist sehr eindrücklich und lässt einen auch nach 21:45 Uhr nicht los, ebenso wie das Thema Selbstjustiz und das Schicksal von Frau König, das in der darauffolgenden Folge "Einer für alle, alle für Rostock" erneut aufgegriffen wird.
Meine Flop-Krimis
Tatort: Taxi nach Leipzig (2016) (Norddeutschland - Borowski, Lindholm; November 2016)
v.l.: Lindholm, Borowski und ihr Entführer
Foto: NDR/Meyerbroeker
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Die Hannoveraner "Tatort"-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und ihr Kieler Kollege Klaus Borowski steigen nach einem Seminar zusammen in ein Taxi. Der Fahrer Rainald Klapproth (Florian Bartholomäi) hat gerade erfahren, dass seine Exfreundin Nicki morgen seinen Erzfeind heiratet und verliert die Nerven. Er macht sich mit Lindholm und Borowski als Geiseln auf den Weg zu ihr.
Natürlich waren mit dem 1000. "Tatort" eine Menge Erwartungen verbunden, doch "Taxi nach Leipzig (2016)" wäre bei mir auch als reguläre Folge durchgefallen. Die Kommissare verhalten sich unnatürlich und nerven nach kurzer Zeit. Eine Logiklücke folgt auf die nächste und selbst der erfahrene "Tatort"-Bösewicht Florian Bartholomäi kann aus seiner platt geschriebenen Antagonisten-Rolle nur bedingt viel herausholen. Es ist auch schade, dass viele Chancen im Hinblick auf das Jubiläum vertan wurden. So gibt es zwar ein paar kleine Gastauftritte ehemaliger Ermittler, doch von den aktuell über 20 Teams sieht man nur Lindholm und Borowski, selbst dessen Partnerin Sarah Brandt fehlt. Außerdem ist die Handlung weder innovatives noch außergewöhnlich, was einem so bedeutenden Jubiläum einfach nicht gerecht wird.
Polizeiruf 110: Wölfe (München - von Meuffels; September 2016)
Eine Leiche mit Bissspuren gibt Rätsel auf
Foto: BR/Christian Schulz
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Von Meuffels Kollegin Constanze Hermann (Barbara Auer) hat sich in einem Wellness-Center einquartiert, um ihre Alkoholsucht zu bekämpfen. Eines Nachts begegnet ihr im angrenzenden Wald eine Wolfsgestalt mit leuchtenden Augen. Zuerst glaubt Hermann an eine Wahnvorstellung, doch am nächsten Morgen wird in der Nähe eine Tote mit Bissspuren gefunden.
Ich habe so gut wie nie Probleme damit Handlungen zu folgen, doch dieser "Polizeiruf" ist dermaßen diffus, dass ich irgendwann fast aufgegeben habe. Die Liebesgeschichte zwischen von Meuffels und Hermann ist langweilig und lenkt vom Fall ab. Der wiederum wirkt eher wie ein schlechter Mystery-Horror-Thriller als ein Krimi. Nicht einmal das ist wirklich überzeugend gemacht, da weder Spannung noch Grusel aufkommen wollen. Spätestens bei der völlig unglaubwürdigen Auflösung kommt man sich endgültig verarscht vor.
Tatort: Babbeldasch (Ludwigshafen - Odenthal, Kopper, Stern; Februar 2017)
Odenthal (l.) redet mit einer Toten
Foto: SWR/Martin Furch
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Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) wird Zeugin wie Sophie Fetter (Malou Mott), die Leiterin des Mundarttheaters "Babbeldasch", während einer Vorstellung stirbt. Sie beginnt undercover unter den Theaterleuten zu ermitteln - angestachelt von der toten Sophie selbst, die der Kommissarin in ihren Träumen erscheint.
Die Handlung an sich ist sehr skurril und würde eher zum Münsteraner oder Weimarer Team passen. Die haben im Gegensatz zu "Babbeldasch" jedoch nicht den Anspruch seriös zu sein. Die Folge nimmt sich viel zu ernst, was bei der schrägen Handlungen und den amateurhaft vorgetragenen Dialogen einfach peinlich wirkt. Tatsächlich gab es für diesen "Tatort" nur ein grobes Skript. Der Text und viele Handlungen wurden von den Schauspielern, darunter viele Laiendarsteller, improvisiert. Die Idee selbst ist klasse und innovativ. Bei der Umsetzung wirkt das Ganze jedoch sehr unkoordiniert, da oft mehrere Personen gleichzeitig sprechen oder niemand, sodass ungewollte Pausen entstehen. Dazu kommen Odenthals fragwürdige Traumsequenzen und unnötige Privatgeschichten. Der Kampfspruch "BABBELDASCH GEHT WEITER!" verfolgt mich immer noch. Vor allem seit bekannt wurde, dass der zweite Impro-"Tatort" schon abgedreht ist. Yay.
Tatort: Es lebe der Tod (Wiesbaden - Murot, Wächter; November 2016)
Murot ist - mal wieder - der Schlüssel
Foto: HR
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Ein Serienmörder hat bereits fünf Menschen in der Badewanne die Pulsadern aufgeschnitten. Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) und sein Team stellen einen sechsten Mord nach, um den Täter aus der Reserve zu locken. Der Plan gelingt, doch vor seiner Festnahme hatte er bereits ein weiteres Opfer entführt: Die Tochter von Murots Kollegin Magda Wächter (Barbara Philipp). Die Ermittler müssen sich mit der Rettung beeilen, da die junge Frau in Lebensgefahr schwebt.
Noch ein experimenteller Krimi - im Gegensatz zu "Babbeldasch" wenigstens mit Drehbuch und für Murot-Verhältnisse sogar mit halbwegs plausibler Handlung. Dennoch konnte mich auch sein sechster Fall nicht überzeugen. Der Kommissar steht erneut im Fokus und um ihn herum wird eine krude Krimi-Handlung gesponnen, bei der der Mörder es mal wieder auf Murot abgesehen hat. Dafür, dass der Wiesbadener "Tatort" von vielen für seine innovativen Geschichten gelobt wird, ist das Grundkonzept in allen Folgen sehr ähnlich. Statt Spannung und Mördersuche wird eher Melodramatik und Selbstbeweihräucherung geboten.... Irgendwie erinnert mich das an etwas....
Tatort: Dunkelfeld (Berlin - Rubin, Karow; Dezember 2016)
Rubin (l.) und Hospitantin Anna eilen Karow zu Hilfe
Foto: rbb/Oliver Vaccaro
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Im vierten Fall der Berliner Ermittler Robert Karow (Mark Waschke) und Nina Rubin (Meret Becker) wird der Mord an Karows Partner, der sich als roter Faden durch die vorherigen Folgen gezogen hat, endlich aufgeklärt.
Nachdem das Rätsel um Karows toten Kollegen über drei Fälle gestreckt wurde, musste für den Showdown etwas Spektakuläres her. Also viel grobe Gewalt, einige Liter Blut und eine möglichst komplizierte Handlung. Was nicht wirklich clever ist, da zwischen den einzelnen Folgen des Teams jeweils etwa sechs Monate lagen und es dementsprechend ohnehin nicht einfach ist, die vollständige Vorgeschichte im Kopf zu haben. Die große Enthüllung werden halbwegs geübte Krimigucker auch schnell erahnen. Dazu kommen mal wieder Rubins Probleme mit ihrer Familie und eine alte Affäre von Karow wird auch noch ausgegraben. Insgesamt ein hektischer, konfuser und seelenloser "Tatort" aus der Hauptstadt.
Tatort: Der Tod ist unser ganzes Leben (München - Batic, Leitmayr; April 2017)
Die Kommissare sind in einer heiklen Situation
Foto: BR/X Filme/Hagen Keller
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Den Ermittlern ist in der Folge "Die Wahrheit" ein brutaler Messerstecher entwischt. Da entkommene Mörder im Sonntagskrimi ein No-Go sind, erhalten die beiden Münchener Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) nun eine zweite Chance ihn dingfest zu machen. Schnell können sie einen Verdächtigen festnehmen. Doch bei seiner Überführung geht alles schief.
An sich ist der Fall eigentlich ganz in Ordnung, weshalb er dennoch auf der "Flop"-Liste steht: Er ist komplett chaotisch und unorganisiert. Es gibt viele Zeitsprünge, verschiedene Perspektiven, dazu noch einige große Logiklöcher... Dank unausgeglichener Ermittler, mäßiger Spannung und langweiliger Nebenhandlungen bietet dieser "Tatort" kaum Punkte, für die es sich lohnen würde, der Handlung folgen zu wollen. Dass der handfeste Streit der beiden Kommissare, der eine zentrale Rolle spielt, schon drei Wochen später in "Die Liebe, ein seltsames Spiel" vergessen ist, macht die Folge zusätzlich noch unglaubwürdig.
So, das waren die sechs Folgen, die mir in der vergangenen Saison am besten und am wenigsten gefallen haben. Wie sieht es bei euch aus? Welche Folgen sind euch positiv oder negativ im Gedächtnis geblieben? Und mit welchen Serien überbrückt ihr die Sommerpause? Schreibt eure Meinung gerne in die Kommentare.
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