Samstag, 10. Juni 2017

American Gods: Staffel 1, Folge 6 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -

Shadow Moon (Ricky Whittle) und Mr. Wednesday (Ian McShane) sind nach ihrem "Ausbruch" aus dem Polizeirevier in "Lemon Scented You" auf der Flucht vor den neuen Göttern. In der sechsten Folge "A Murder of Gods" machen sie sich auf den Weg nach Virginia zum alten Gott Vulcan (Corbin Bernsen), den Wednesday auf seiner Seite haben will. Doch Vulcan hat eine ganze Stadt von Menschen, die ihn verehren und kein Interesse an einem Krieg teilzunehmen. Trotzdem will er Wednesday helfen, indem er ihm ein Schwert schmiedet. Währenddessen treffen auch Laura Moon (Emily Browning) und Mad Sweeney (Pablo Schreiber) wieder aufeinander. Als die beiden eine ihrer Auseinandersetzungen wegen der Glücksmünze haben, begegnen sie Salim (Omid Abtahi), den man in Folge drei kennengelernt hat und reisen mit ihm zusammen.


Flucht vor den neuen Göttern

Wann erfährt Shadow die ganze Wahrheit?
Foto: starz
Wednesday und Shadow sind aus dem Polizeirevier entkommen und nun auf dem Weg zurück zum"A warning for me. A sacrifice for them." Shadow kommt auf die richtige Spur, indem er nachfragt, ob damit Opfer für Götter gemeint sind. Als er Wednesday erneut auffordert, ihm zu sagen, wer er ist, ist seine Antwort bloß: "If I told you, you wouldn't believe me." Dieser Satz fällt auch in anderen Serien oder Filmen, doch in "American Gods" hat das Wort "believe" eine besondere Bedeutung. Denn es geht oft um den Glauben an etwas oder jemanden. Daher finde ich diese Aussage interessant, da sie meine Vermutung unterstützt, dass Shadow von selbst an ihn glauben muss. Ansonsten hätte Wednesday, der sich in der letzten Episode als Gott Odin herausgestellt hat, ihm die Wahrheit schon längst erzählen können. Dass er es nicht tut, muss einen Grund haben und ich schätze, dass es mit dem Glauben des Protagonisten zu tun hat und er von alleine an Odin glauben soll.
Motel. Letzterer ist immer noch vollkommen verwirrt und stellt viele Fragen, unter anderem, warum die Götter die Polizisten umgebracht haben. Den Mord, zu dem es in der vorherigen Folge gekommen ist, erklärt Mr. Wednesday seinem Bodyguard so:
Bei ihrem kurzen Zwischenstopp im Motel sehen sie das Chaos, das Laura und Mad Sweeney angerichtet haben. Shadow glaubt, dass sie ihn verlassen hat und der Gott, der mittlerweile in das Geheimnis der untoten Ehefrau eingeweiht wurde, unterstützt diesen Gedanken. Es ist interessant zu sehen, wie der Gott zu Shadows Frau steht. Statt ihn zu überzeugen, dass sie vielleicht wiederkommt, möchte er, dass der junge Mann sie so schnell es geht vergisst. Als sie weiterfahren, sieht Wednesday
Laura noch im Rückspiegel, dreht schnell das Radio lauter und gibt Gas. Er kann es sich nicht leisten, dass sein Bodyguard mit ihr abgelenkt ist oder am Ende wieder mit ihr zusammen kommt. Er braucht ihn für seinen Plan. 

Spontaner Roadtrip zu dritt

Laura und Mad Sweeney treffen beim Motel wieder aufeinander. Der Kobold möchte seine Münze wiederhaben und kann der Untoten angeblich dabei helfen, wieder ganz lebendig zu werden. Denn dann braucht sie die Münze nicht mehr. Es dauert nicht lange, bis die beiden sich erneut gegenseitige Wortgefechte liefern. So redet Sweeney darüber, dass ihr untoter Körper nicht lange halten wird. Charmant wie er ist, deutet er auf sie und sagt: "Whatever this is goes to soup. And soup don't win her husband back if that's what soup ist after." Mad Sweeney hat einfach die besten Sprüche in dieser Serie. Laura möchte wissen, was genau er ist und den Gefallen tut er ihr: Mad Sweeney: "I'm a leprechaun." Laura: "Oh well that makes sense." MS: "Does it now?" L: "Noo!"
Wenn eine Untote und ein Kobold sich in die Haare kriegen
Foto: starz
Warum es für sie keinen Sinn macht, kommt doch etwas überraschend. Sie ist durch seine Münze auferstanden, ist selbst eine Untote mit übermenschlicher Stärke und hat mit einem ägyptischen Gott im Jenseits gesprochen. Aber ähnlich wie Shadow fällt es Laura hier immer noch schwer zu glauben. Trotzdem ist dieser Dialog einer der vielen gelungenen zwischen ihnen. Die untote Ehefrau und Mad Sweeney haben die unterhaltsamsten Szenen der Serie. Als sie später mit Salim unterwegs sind, fragt dieser Laura, ob sie auch ein Kobold ist und Mad Sweeney antwortet: "Oh she's a leprec*nt." Woraufhin sie ihm Gewalt androht, wenn er sie noch einmal so nennt. Beide können gut austeilen und stehen dem anderen in Nichts nach. Genau das macht ihre gemeinsamen Auftritte so gut. Als ich mir einige ihrer Szenen mit der deutschen Synchronisation angeschaut habe, waren sie allerdings deutlich schwächer. Daher mein Tipp: Es lohnt sich wirklich, diese Serie im Original anzuschauen! Emily Browning und Pablo Schreiber machen einen tollen Job. Gerade die Art, wie beide ihre Dialoge sprachlich abliefern – immer mit etwas Sarkasmus und passiv-aggressivem Tonfall - gefällt mir besonders gut.
Salim ist "A Murder of Gods" wieder mit von der Partie, weil Mad Sweeney sein Taxi am Motel kurzschließt. Schon als ich den alten Wagen gesehen habe, musste ich an ihn denken und war kaum überrascht, als er aufgetaucht ist. Allerdings wäre eine Erklärung oder ein kurzer Rückblick, wie und vor allem warum er in Indiana gelandet ist, hilfreich gewesen. Ansonsten wirkt es einfach wie ein viel zu merkwürdiger Zufall, dass er sich im gleichen Motel aufhält. Man erfährt nur, dass er auf der Suche nach dem Dschinn ist. Da er überhört, wie Sweeney sich als Kobold offenbart, fragt er ihn, ob er ihm bei seiner Suche helfen kann. Da er mit einer Waffe auf ihn zielt, gibt Mad Sweeney nach. Wenn Salim sie nach Kentucky fährt, zeigt er ihm, wo sie "a whole murder of gods, demi and otherwise, every goddamn one of them" finden werden. Ob der Kobold seine Versprechen gegenüber Laura und Salim wirklich hält, bleibt nach dieser Episode noch offen.

Laura genießt den Sonnenaufgang
Foto: starz
Der Fokus bei dem Roadtrip liegt vor allem bei Lauras Entwicklung. In dieser Folge schließt sie mit ihrem alten Leben ab – mit Ausnahme von Shadow. Für Lauras Familie ist sie tot und darüber wird sie sich klar. Am Ende der Folge sagt sie zu Salim, der ebenfalls sein altes Leben zurückgelassen hat: "Life is great." Ihre Ansichten haben sich nach dem Tod verändert. In "Git Gone" hatte Laura noch eine vollkommen andere Einstellung zum Leben. Bei einem früheren Gespräch mit Shadow waren ihre Worte: "Life is just not that interesting." Das ist eine starke Wendung und es gefällt mir, dass die Serie ihre Figur so ausführlich behandelt und sie diese Charakterentwicklung bekommt. An dieser Entwicklung ist möglicherweise auch Mad Sweeney beteiligt, denn er führt ihr vor Augen, dass sie mit ihrem alten Leben noch nicht abgeschlossen hat: "What are you doin' here? 'F*ck those a**holes' right?Now here you are shovin' your face in 'em." Es ist interessant zu sehen, wie sowohl er als auch Salim Laura bei diesem Weg begleiten. Ohne die beiden wäre es vielleicht nicht zu dieser Wandlung in ihr gekommen. Insgesamt sind sie ein tolles Trio: Laura und Sweeney, die gar nicht anders können, als aufeinander loszugehen; und Salim, der vollkommen ausgeglichen ist, sich von den Streitereien überhaupt nicht stören lässt und den Ruhepol der Gruppe bildet. 

Göttliches Franchise

Vulcan ist der Gott des Feuers. Er ist einer der alten Götter und ihm erging es genauso wie Odin: Die Menschen haben aufgehört an ihn zu glauben. Doch jetzt verehrt ihn eine ganze Stadt, die auch noch seinen Namen trägt. Dort gibt es die "Vulcan"-Fabrik, die Kugeln für Schusswaffen herstellt. Alle in der Stadt sind von Waffen als Mittel zur Selbstverteidigung überzeugt. Im Laufe der Episode kommt allerdings ans Licht, wem er seinen glücklichen Zustand wirklich zu verdanken hat: den neuen Göttern. Diese haben ihm aus seinem Glauben ein Franchise erschaffen, denn nicht nur die Einwohner von Vulcan beten ihn an. Da die Götter ihm die Schusswaffe als Symbol und Mittel der Verehrung gegeben, ist jeder Schuss aus einer Waffe ein Gebet an ihn.
Noch ist alles gut zwischen den Göttern
Foto: starz
Vulcans Einführung direkt nach der letzten Folge ist passend. Man kann einen Eindruck davon bekommen, wie es für Wednesday hätte weitergehen können, wenn er das Angebot von Mr. World angenommen hätte. Der Gott des Feuers kann insgesamt allerdings nicht ganz mit den anderen Göttern mithalten. Er wirkt einfach wie ein verrückter Waffenfanatiker. Ansonsten zeichnet diesen Gott nichts aus, das ihn von einem menschlichen Charakter abhebt. Er hat auch etwas sehr Überhebliches und beinahe Dummes an sich: Er erzählt vollkommen offen, dass er Odin in eine Falle gelockt hat und die neuen Götter über ihren Aufenthalt in Vulcan Bescheid wissen und auf dem Weg sind. Das macht er auch noch, nachdem er das Schwert für Wednesday geschmiedet hat. Dass er dabei anscheinend nicht glaubt, der nordische Gott könnte es gegen ihn verwenden, hat mich doch sehr erstaunt. Als dieser dann das Schwert nimmt und Vulcan den Kopf abtrennt, sieht er das nicht einmal kommen und starrt ihn in seinen letzten Augenblicken erstaunt an, bevor er von Wednesday in das heiße flüssige Metall getreten wird.
Ist Vulcan wirklich gestorben? Seine physische Form wird zwar zerstört, aber ist es wirklich so einfach, einen uralten Gott zu ermorden? Vielleicht gibt es einen Weg für ihn, wieder "aufzuerstehen". Wednesday hat allerdings sofort nach dem Mord einen geheimnisvollen Fluch auferlegt. Möglicherweise bewirkt diese Verwünschung, dass auch er vergessen wird und endgültig stirbt. Eine Erläuterung würde mich wirklich interessieren und ich hoffe, dass die Serie in der nächsten Folge noch einmal darauf zu sprechen kommt. Der Mord ist außerdem aufschlussreich, weil er eine neue Seite an Wednesday zeigt: Wie ungnädig und konsequent er sein kann, wenn man ihn hintergeht. Als Odin und Vulcan sich wiedersehen, fällt die Begrüßung herzlich aus wie unter Freunden. Doch wie schnell das nicht mehr zählt, wird sehr deutlich.
Shadow muss verdauen, was er gerade gesehen hat
Foto: starz
Shadow muss den Mord übrigens mit ansehen. Seine Reaktion ist nicht nur passend, sondern auch wirklich unterhaltsam. Man sieht seinen entsetzten Gesichtsausdruck während der Tat. Dann sagt er vollkommen verstört: "Oh sh*t, holy sh*t. What did you do? Oh f*ck, what did you do?" Dann reicht ihm Wednesday das Schwert und er nimmt es mit Widerwillen und leichtem Entsetzen entgegen. Hier finde ich sein Verhalten viel glaubwürdiger, als in der letzten Folge. Götter hin oder her, in diesem Moment sieht er einen brutalen Mord. Wie ihn das mitnimmt, spielt Ricky Whittle wirklich gut, da er den geschockten und leicht fassungslosen Zustand seines Charakters glaubhaft darstellt.

Fazit

Nach der ereignisreichen letzten Folge ist das Tempo in "A Murder of Gods" wieder deutlich langsamer. Die Charaktere unternehmen zwar einiges, dennoch passiert nicht viel Aufregendes. Schade finde ich vor allem, dass die neuen Götter dieses Mal keinen Auftritt haben, da sie in "Lemon Scented You" einen großen Teil zur Spannung der Geschichte beigetragen haben. Stattdessen wird der Gott Vulcan vorgestellt. Das ist zwar interessant, weil man sieht, wie die neuen Götter den alten ein neues Publikum geben, da der Charakter aber nicht wirklich fesselt, hinterlassen die meisten Szenen mit ihm keinen bleibenden Eindruck. Laura, Mad Sweeney und Salim hingegen überzeugen durchgehend. Die Dynamik zwischen der Untoten und dem Kobold wird in dieser Folge sogar noch besser und mit Salim und seiner ruhigen Art, wird das Duo gut ergänzt. Insgesamt ist "A Murder of God" nicht die stärkste Episode. Allerdings macht sie vor allem durch die Andeutung, dass die neuen Götter auf dem Weg sind und Wednesdays Mord an Vulcan neugierig auf den weiteren Verlauf.


Die Rezensionen aller Folgen und den Rückblick auf die gesamte erste Staffel findet ihr hier.
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