Dienstag, 12. Juni 2018

Marvel's Cloak & Dagger: Staffel 1, Folge 1 & 2 - Rezension

Seit dem 7. Juni gibt es eine neue Serie aus dem Hause "Marvel". "Cloak & Dagger" ist Teil des "Marvel Cinematic Universe" und spielt somit in der gleichen Realität wie die Kinofilme und Sendungen, wie "Marvel's The Defenders" oder "Agents of S.H.I.E.L.D.". In den USA läuft die neue Comicadadaption auf dem Sender "Freeform", während sie in Deutschland bei "Amazon Prime Video" als "Prime Exclusive" angeboten wird. Die Episoden sind dort immer einen Tag nach der amerikanischen Erstausstrahlung verfügbar. Zur Premiere gab es direkt zwei Folgen: "First Light" und "Suicide Sprints".


Die Teenager Tandy Bowen (Olivia Holt) und Tyron Johnson (Aubrey Joseph) verbrindet ein traumatisches Erlebnis aus ihrer Kindheit. Bei der Explosion einer Ölbohrinsel der Firma "Roxxon" in New Orleans bekommen sie Superkräfte verliehen. Beide sind zu dem Zeitpunkt des Unglücks im Wasser. Tandy ist mit ihrem Vater Nathan (Andy Dylan), einem Mitarbeiter von "Roxxon", unterwegs. Er wird beim Autofahren abgelenkt, steuert den Wagen ins Wasser und stirbt schon beim Aufprall. Tyrone muss mit ansehen, wie sein Bruder Billy (Marqus Clae) von einem Polizisten erschossen wird und springt dessen leblosem Körper in den Fluss hinterher. Einige Jahre später haben sie noch immer mit den Ereignissen und Folgen dieser Nacht zu kämpfen. Als sie sich eines Abends durch Zufall auf einer Party begegnen, wissen beide nicht, dass sie der Unfall von damals verbindet. Tandy klaut Tyrones Brieftasche und will damit abhauen. Als er sie stellt und sie sich dabei berühren, bekommen sie einen heftigen Schlag. Dabei erwecken sie die übernatürlichen Fähigkeiten zum Leben, die seit dem Unfall in ihnen geschlummert haben. 


Ein überraschend überzeugender Start

Tandy und Tyron werden bald ein Team
Foto: Freeform/Marvel
Die ersten zwei Folgen bieten dem Zuschauer eine gelungene Einführung in diese Comicverfilmung. Ich muss zugeben, dass ich wirklich erstaunt war, wie gut sie mir gefällt. Denn ich hatte die Sorge, die Serie könnte zu sehr ins Teenie-Drama abrutschen. Schließlich sind die Protagonisten 16 oder 17 Jahre alt. Doch glücklicherweise gibt es in den ersten Folgen überhaupt kein kindisches und künstlich aufgebauschtes Drama. Die Serie macht insgesamt einen sehr "erwachsenen" Eindruck, was vor allem an den tollen Hauptfiguren liegt. Beide sind von Anfang an sehr spannende und starke Persönlichkeiten. Schon jetzt ist zu erkennen, dass sie Ecken und Kanten haben. Die Charaktere sind weder perfekt noch entsprechen sie typischen Klischees aus Teenie-Serien. Dadurch möchte man beiden als Zuschauer gerne durch die Handlung folgen, weil man ihnen von Anfang an auf einer emotionalen Ebene begegnet. Tandys Familie ist nach dem Tod ihres Vaters zu Bruch gegangen. Seitdem schlägt sie sich durch, indem sie sich mit ihrem Freund Liam (Carl Lundstedt) als Gast auf edle Partys schleicht und die Leute geschickt beklaut. Doch ansonsten führt sie ein sehr trostloses, einsames Leben. Wenn sie doch zwischendurch "nach Hause" kommt, trifft sie auf ihre zugedröhnte Mutter Melissa (Andrea Roth). Tyrone hat auf den ersten Blick ein relativ normales Leben, doch der Tod seines älteren Bruders verfolgt ihn und seine Eltern (Gloria Reuben & Miles Mussenden) noch immer. Die Rückblicke zu diesem schrecklichen Ereignis sind traurig und bewegend, da sie auch zeigen, wie nah sich die Geschwister standen. Dadurch ist Tyrones Verlust auch für den Zuschauer deutlich spürbar. Man erlebt den Jugendlichen schon bald dabei, wie er in der Gegenwart an dem Mörder Rache ausüben will. Obwohl beide fragwürdige Entscheidungen treffen, sind sie durchaus nachvollziehbar und wirken nicht überzogen. Denn die Schauspieler erwecken ihre jeweilige Rolle sehr überzeugend zum Leben und bringen ihre Eigenarten - beispielsweise Tandys zynisches Verhalten - authentisch rüber. Das Erstaunlichste ist für mich, dass ihre gemeinsame Dynamik schon spürbar ist, obwohl sie gerade einmal ein paar kurze Szenen miteinander hatten. Als sie sich auf einer Party begegnen, wirkt ihre Interaktion ab der ersten Sekunde sehr natürlich und es zeigt das Potenzial, dass sie als Duo haben können. Daher freue ich mich schon, wenn sie sich näher kennenlernen und mehr Screen Time als Team haben. Was mögliche Gegenspieler für die neugeborenen Superhelden angeht: Noch ist nicht klar, wer das sein könnte. Ich finde es aber gut, dass sich zu Beginn mehr auf die Protagonisten konzentriert wird. Die Serie lässt sich Zeit, um die Handlung erst einmal aufzubauen und ihre Figuren ordentlich einzuführen. Dadurch wirkt die Geschichte nicht gehetzt, sondern hat insgesamt ein sehr angenehmes Tempo. 

Die ersten Folgen machen Lust auf mehr...

Die Superkräfte bringen ihre Leben durcheinander
Foto: Freeform/Marvel
...das liegt vor allem daran, dass die gesamte Stimmung sehr mysteriös ist. Vor allem im Hinblick auf "Roxxon" sowie die Kräfte der zwei Jugendlichen. Über die Firma ist noch so gut wie gar nichts bekannt: Wofür genau war sie zuständig? Wer hat dort gearbeitet, außer Tandys Vater? Womit wurde experimentiert und wie konnte es zum Unfall kommen? Was hatten sie zu verbergen? All diese Fragen bleiben vorerst ungeklärt und das weckt die Neugier auf die nächsten Folgen, in denen hoffentlich einige davon beantwortet werden. Wie Tandy und Tyrone zu ihren Fähigkeiten kommen, ist erst einmal nichts vollkommen Außergewöhnliches: Wie in vielen Superheldengeschichten fängt alles mit einem Unfall an, bei dem sie mit unbekannten Substanzen in Berührung kommen. Was "Cloak & Dagger" aber besonders macht, ist die Art, wie die Jugendlichen langsam mit ihren Kräften konfrontiert werden. In anderen Fällen, beispielsweise "Spider Man" oder "Captain America", wird schnell klar, wozu Peter Parker oder Steve Rogers fähig sind, weil es ganz konkret vorgestellt wird. In der neuen "Marvel"-Serie hingegen ist das noch überhaupt nicht klar. Es gibt sehr viele Interpretationsmöglichkeiten. So wacht Tyrone mehrmals nach dem Einschlafen an anderen Orten auf. Ist das jetzt wirklich Teleportation oder etwas anderes? Wieso geschieht es im Schlaf? Später passiert es auch im Wachzustand. Somit kann der Zuschauer vorerst nur erahnen, was die Charaktere können, ohne genaue Regeln und Grenzen zu kennen. Das macht es umso interessanter. 
Tandy kommt mit ihren Fähigkeiten überhaupt nicht klar
Foto: Freeform/Marvel
Besonders fesselnd sind die Momente, in denen sie so etwas wie Visionen haben, wenn eine andere Person sie berührt. Während Tandy positive, hoffnungsvolle Visionen hat, sieht Tyrone deutlich düsterere Bilder vor seinem geistigen Auge. Wie intensiv und erschreckend sich diese Augenblicke für beide anfühlen, veranschaulichen Holt und Joseph durch eindrückliche Gestik und Mimik. Diese Fähigkeit bleibt genauso im Dunkeln wie  die anderen, da nicht ganz klar ist, was genau es damit auf sich hat. Es sorgt aber definitiv dafür, dass die Stimmung schön mysteriös ist und der Zuschauer Lust bekommt, die Geschichte weiter zu verfolgen. Dazu tragen auch die sichtbaren Teile ihrer Kräfte bei: In Tandys Hand erscheint ein strahlendes Leuchten, während aus Tyrones Körper schwarzer Nebel wabert. Da sie so viele verschiedene Dinge tun können, lässt es außerdem die Möglichkeit offen, dass mehr in ihnen schlummert, was sie bloß noch nicht entdeckt haben. Somit ist insgesamt sehr viel Potenzial vorhanden, das hoffentlich auch genutzt wird. Mir hat außerdem gefallen, dass beim "Vorstellen" der Fähigkeiten das "Show don't tell"-Prinzip sehr gut umgesetzt wird, sprich: Es wird wenig erzählt, sondern Dinge werden dem Zuschauer besonders durch Bilder nahegebracht. Weil sie alleine damit konfrontiert werden und sich niemandem anvertrauen, finden keine Gespräche statt. Auch sonst gibt es keine zusätzlichen Anhaltspunkte für den Zuschauer. Er ist dadurch mittendrin und erlebt auf eindrückliche Weise die ersten Situationen mit, in denen die Protagonisten von ihren Kräften quasi überrumpelt werden. Das Erstaunen und die Verwirrung der Charaktere ist auf diese Weise noch greifbarer. Eine Szene, die ich besonders gelungen finde, ist Tyrones Erwachen auf dem Dach des "Roxxon"-Gebäudes, auf das er sich das erste Mal "aus Versehen" teleportiert hat. Er steht auf, nur mit seiner Bettdecke bei sich und ist vollkommen verwirrt, weil er nicht weiß, was passiert ist. Als er langsam über das Dach läuft, weht die leichte Decke im Wind und sieht tatsächlich aus wie ein Umhang. Jedem wird spätestens da klar werden, wer von den beiden "Cloak" sein wird. Mit eindrücklichen Bildern wie diesen kann die Serie definitiv auch optisch überzeugen.  

Fazit

Der Start von "Cloak & Dagger" ist sehr vielversprechend. Die neue "Marvel"-Serie bietet dem Zuschauer interessante, vielschichtige Hauptcharaktere und eine Superheldengeschichte, die insgesamt durch ihre mysteriöse, düstere Stimmung überzeugt. Besonders die Fähigkeiten der Protagonisten bleiben noch so weit im Dunkeln, dass es die Neugierde auf die kommenden Folgen weckt. Obwohl die Figuren Teenager sind, bleibt bis jetzt unnötiges Drama außen vor. Stattdessen macht die Sendung einen überraschend erwachsenen Eindruck. Die Serie hat definitiv das Potenzial dazu, eine tolle, packende Geschichte zu erzählen. 


Ich werde auch die nächsten Folgen wöchentlich rezensieren. Im Gegensatz zu dieser Rezension werden meine Posts ab Episode 3 ("Stained Glass") nicht mehr spoilerfrei sein.

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