Dienstag, 22. August 2017

Marvel's The Defenders: Staffel 1 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -

Im Jahre 2015 veröffentlichten "Marvel" und "Netflix" die erste gemeinsame Produktion "Daredevil". Es folgten drei weitere Comicverfilmungen, deren Protagonisten in "The Defenders" zusammentreffen. In "Daredevil" lernen die Zuschauer den blinden Anwalt und Verbrechensbekämpfer Matt Murdock (Charlie Cox) kennen. "Jessica Jones" erzählt die Geschichte der gleichnamigen Privatermittlerin (Krysten Ritter) und ehemaligen Superheldin, die übermenschlich stark ist. In dieser Serie hat auch schon der Held der nächsten Sendung einen Gastauftritt: Luke Cage (Mike Colter). Sein Körper ist unzerstörbar und kugelsicher. Danny Rand (Finn Jones) ist "Iron Fist". Er wurde ausgebildet, um die Schattenorganisation "Die Hand" zu besiegen. Um genau diese Vereinigung geht es auch in der achtfolgigen Miniserie "The Defenders". Jeder der Protagonisten gerät auf anderem Wege mit der "Hand" aneinander. Nun müssen sie sich zusammenschließen, denn die Antagonisten steht kurz davor, ganz New York zu zerstören. 

Die Hintergrundgeschichte zu dieser Organisation wird auch in zwei der Einzelserien behandelt. Wer also komplett im Bilde sein will, sollte sie gesehen oder zumindest die Zusammenfassungen gelesen haben. Außerdem ist das Anschauen der Sendungen hilfreich, um die Charaktere und ihre jeweilige Motivation zu verstehen. 

Wenn vier Helden aufeinandertreffen

v.l.: Danny, Luke, Jessica und Matt
Foto: Marvel/ Netflix
Die Show lässt sich trotz der geringen Anzahl von acht Episoden bis zur Hälfte Zeit, um die Protagonisten zusammenzuführen. Dadurch gibt es zu Beginn viele verschiedene Perspektiven, was die Episoden spannend und abwechslungsreich macht. Es ist interessant zu sehen, wo jeder von ihnen am Anfang der Serie steht und in die Geschichte involviert wird. Jessica ermittelt in einem Vermisstenfall, Luke will einem Jungen aus seiner Nachbarschaft helfen, der in tödlicher Gefahr schwebt. Danny jagt "Die Hand" schon länger und seine Suche führt ihn nach New York. Matt ist ebenfalls mit der Organisation aneinander geraten und hat an sie seine Geliebte Elektra Natchios (Elodie Yung) verloren, die in einem Kampf getötet wurde. In den ersten Folgen gibt es allerdings schon einzelne Treffen zwischen den Protagonisten. Luke und Danny stoßen als erstes aufeinander und werden einander durch eine gemeinsame Bekannte vorgestellt: Claire Temple (Rosario Dawson). Die ehemalige Krankenschwester tauchte schon in allen vorangegangen Serien auf und ist einer meiner liebsten Nebencharaktere. Ich mag ihre entspannte, ausgeglichene Art, mit der sie auf die ganzen Supermenschen um sie herum reagiert. Sie beweist immer wieder, dass man keine übermenschlichen Fähigkeiten braucht, um Gutes zu tun und für das Richtige einzustehen. Immer wieder hat Claire Regeln gebrochen, um ihren Freunden zu helfen, was sie letztendlich sogar ihren Job gekostet hat. Daher hat es mich sehr gefreut, dass sie auch in „Defenders“ dabei ist. 
Die erste Begegnung zwischen Cage und Rand ist durch schnelle Wortwechsel unterhaltsam und dynamisch (Danny: "You punched me." Luke: "You punched first." Claire: "Seriously?" D: "How come he can't be hurt?" L: "What's the deal with that fist?" D: "I earned it." L: "You what?!"). Das erste gemeinsame Zusammenkommen aller Helden findet dann während eines Kampfes statt und die Konversation danach ist ebenfalls wirklich gelungen. Das liegt vor allem daran, wie gut die Schauspieler ihre Zeilen rüberbringen. (Luke: "Jessica?"; Jessica: "Luke."; L: "How you've been?"; J: "Long story."; Danny: "We need to get out of here."; J: "Who's he?"; L: "Long story. (an Matt gewandt:) Who's he?")
Claire ist wieder mit dabei!
Foto: Marvel/ Netflix
Gut gefallen hat mir auch, dass in verschiedenen Szenen der Fokus auf einzelne Beziehungen, z.B. die von Jessica und Matt gelegt wird. Die Dynamik zwischen der schlecht gelaunten Ermittlerin und dem sarkastischen Anwalt ist genial (Matt hat sich Jessicas Schal genommen, um sein Gesicht im Kampf zu verstecken. Jessica: "You look like an asshole." Matt: "It's your scarf."). Auch manche Reaktionen der Helden auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der anderen, ist unterhaltsam (Matt: "I'm still hearing neon." Luke: "Who hears neon?" Jessica: "My maybe blind lawyer." Luke (der kurz zuvor gesehen hat, wie gut Matt kämpfen kann): "What do you mean he's blind?"). 
Jeder der vier Protagonisten hat einige Freunde, die man schon aus den anderen Serien kennt. Auch diese tauchen in der Miniserie auf. Dadurch liegt der Fokus nicht ausschließlich auf den Superhelden. Es wird außerdem immer wieder gezeigt, wie die gefährlichen Situationen diese "normalen" Leute beeinflussen. Besonders aufregend wird es, als einige von ihnen ins Visier der Schattenorganisation geraten. So wird Jessicas Freundin, die Radiomoderatorin Trish Walker (Rachael Taylor), mitten in einem Meeting von der "Hand" angegriffen. Die Privatermittlerin kommt gerade noch rechtzeitig, um ihr zu helfen. Mitten im Kampf erscheint dann auch "Daredevil", was Trish mit einem ungläubigen "No way." kommentiert. 

Nicht alles läuft perfekt

Dannys (l.) und Lukes erstes Treffen verläuft nicht gut
Foto: Marvel/ Netflix
Die einzelnen Protagonisten verstehen sich gerade am Anfang kaum miteinander. Zwischen Luke und Danny kommt es sogar zu einer physischen Auseinandersetzung. Das ist glaubwürdig, da hier sehr unterschiedliche Charaktere zusammenkommen, die nicht alle die gleiche Meinung teilen. Während Danny glaubt, dass sie als Gruppe auch in Zukunft Gutes bewirken könnten, wollen die anderen die Geschichte einfach zu Ende bringen, um danach wieder getrennte Wege zu gehen (Luke: "I'm not looking for superfriends."). Matt möchte am liebsten ohne die anderen arbeiten und weigert sich lange, die Gruppe überhaupt als Team anzusehen. Besonders Jessica und Luke interessieren sich kaum für die Machenschaften der "Hand". Die Privatermittlerin verlässt in einer Szene sogar die Gruppe und will überhaupt nichts mehr damit zu tun haben. Die "Defenders" machen zudem ein paar dumme Fehler. In einer Szene sind die Vier dann aber in eine so hitzige Diskussion vertieft, dass ihr Gegenspieler sich unbemerkt aus seinen Fesseln befreien kann, weil sie ihm alle den Rücken zugewandt haben. An sich hat es mir gefallen, dass sie nicht bloß in einen Kampf rennen, sondern auch miteinander reden und Situationen besprechen. Dadurch versteht man die Ansichten der einzelnen Protagonisten besser. Außerdem wirkt es einfach realistischer, als wenn sie sich sofort prima verstehen und als Team perfekt funktionieren würden. Dass sie in dieser Situation aber so unaufmerksam sind, fand ich dann doch unglaubwürdig. Es wirkte eher so, als ob die Handlung auf sehr ungeschickte Weise vorangetrieben werden sollte. Das wundert einen nicht wirklich angesichts der geringen Episodenanzahl. Was wiederum sehr realistisch ist und mir gut gefallen hat: Die "Defenders" können nicht einfach machen, was sie wollen. Als sie mit zwei Morden in Verbindung gebracht werden, landen sie im Visier der Polizei. Das führt so weit, dass die Helden sogar als Verdächtige im Revier festsitzen und ihre Mission dadurch erschwert wird. 
Danny als "Iron Fist" ist übrigens von besonderer Bedeutung für die Handlung, denn die Antagonisten brauchen seine Fähigkeit, um an ihr Ziel zu kommen. Dennoch ist er für mich das schwächste Mitglied der Heldengruppe. Im Gegensatz zu den anderen drei ist er die meiste Zeit eher unsympathisch. Als allen klar ist, dass die Schattenorganisation an ihn herankommen will und die anderen "Defenders" entscheiden, ihn zu verstecken, wehrt er sich dagegen. Er ist vollkommen davon eingenommen, dass er dazu bestimmt ist, "Die Hand" zu besiegen und ignoriert die Argumente der anderen. Das lässt ihn sehr kindisch wirken. Wirklich überzeugt von seinen angeblich grandiosen Kampffähigkeiten war ich auch nicht. Er erwähnt dafür aber ungefähr in jeder dritten Szene, dass er "The Immortal Iron Fist" ist. Das nervt.

"Die Hand" redet viel, tut aber wenig

Der Zuschauer bekommt auch viele Szenen aus Sicht der Gegenspieler zu sehen. Wird darin eine übermächtige Schattenorganisation mit weltweiten Verbindungen und einer Armee gezeigt? Nein, denn davon wird zwar immer wieder gesprochen, zu sehen bekommt man allerdings ein anderes Bild. Als sie beispielsweise die "Defenders" das erste Mal angreifen, tauchen die Antagonisten mit zwei Vans und vielleicht zwei Dutzend bewaffneten Männern auf. Dadurch erscheint dieser Kampf beinahe harmlos, was auch daran liegt, dass sie den Protagonisten in keiner Weise größeren Schaden zufügen können. 
Keine außergewöhnliche Antagonistin: Alexanda
Foto: Marvel/ Netflix
Alexandra (Sigourney Weaver), die Anführerin der "Hand", wirkt in den meisten Szenen alles andere als mächtig. Schon zu Beginn wird offenbart, dass sie bald stirbt. Die Substanz, die ihr und den restlichen Mitgliedern ein unsterbliches Leben ermöglicht, ist aufgebraucht. Immer wieder sieht der Zuschauer, wie die Figur mit schmerzerfülltem Gesicht zu Tabletten greift. Die Frau ist uralt, hat schon dutzende Leben geführt und "Die Hand" vor Jahrhunderten gegründet. Aber das kann man sich nur schwer vorstellen. Zwar ist es keine schlechte Idee, dem Gegner auch menschliche Züge zu geben, aber in diesem Fall erscheint sie dadurch nur schwach. Die restlichen vier unsterblichen Mitglieder wirken kaum besser. In einer Szene kann je einer der "Defenders" es alleine mit einem von ihnen aufnehmen. Die Antagonisten beenden diesen Kampf nicht einmal, sondern fliehen. Sollte das wirklich so einfach sein? Vielleicht sind acht Episoden hier einfach zu wenig, um dem Zuschauer glaubhafte Gegenspieler zu präsentieren. 
Interessanter hingegen ist Elektra Natchios, die nach ihrem Tod von der "Hand" wieder zum Leben erweckt wurde. Allerdings ohne jegliche Erinnerung an ihr altes Leben. Nun ist sie der "Black Sky", laut einer Prophezeiung der "Hand" eine tödliche Waffe gegen die "Iron Fist". Dabei wirkt sie durchweg unberechenbar und gefährlich. Außerdem sorgt sie für die beste Wendung der Staffel, als sie Alexandra eiskalt tötet und sich selbst zur Anführerin der Organisation macht. Dennoch wird hier nicht wirklich klar, was sie als „Black Sky“ so besonders macht. Sie ist eine ausgezeichnete Kämpferin, unfassbar schnell und stark. Doch darüber hinaus gibt es nichts, was sie wirklich außergewöhnlich macht. Was genau ihre Rolle laut der Prophezeiung sein soll, wird einfach nicht deutlich.
Gemütliches Essen? Wohl kaum.
Foto: Marvel/ Netflix
Im Endkampf tritt "Die Hand" den "Defenders" dann mit dreißig Mann gegenüber. Das ist lächerlich. Gleichzeitig müssen an einem anderen Ort zwei menschliche Freunde der Helden gegen eines der unsterblichen Mitglieder der "Hand" antreten. Dieser Kampf hat deutlich mehr Spannung. Diese fehlt dem anderen wohl auch, weil die Szenen ziemlich schlecht belichtet sind und es jede Menge Schnitte und Kamerawechsel gibt. Dadurch sieht alles sehr chaotisch, beinahe unspektakulär aus. Außerdem soll am Ende ein Gebäude durch Sprengstoff zum Einsturz gebracht werden. Dabei muss es sich natürlich um einen Zeitzünder handeln, damit dem ganzen Geschehen noch mehr Dramatik gegeben wird. Dieses Klischee fand ich wirklich unnötig. Das Ende versucht dann durch den Tod eines Protagonisten besonders dramatisch zu sein. Doch das stellt sich als Trugschluss heraus, da der Zuschauer ihn zum Schluss schwer verletzt in einem Krankenbett liegen sieht. Hätte man mit dieser Auflösung nicht wenigstens noch bis zur nächsten Staffel der entsprechenden Serie warten können?

Fazit

Das Zusammentreffen der einzelnen "Marvel"-Helden in "The Defenders" hat mir insgesamt gut gefallen. Die Interaktionen sowie das Zusammenspiel der unterschiedlichen Figuren sind interessant und unterhaltsam. Dazu tragen auch die tollen Dialoge bei. Der Wechsel zu Szenen mit Nebencharakteren sorgt ebenfalls dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Leider fehlt es der Handlung aber an Spannung, da der Gegner eher schwach wirkt und den Erwartungen nicht entspricht. Durch die geringe Anzahl an Episoden bleibt kaum Zeit, um "Die Hand" als eine wirkliche Bedrohung darzustellen. Die Episoden sind actionreich, aber der Showdown zeigt einen eher unspektakulären Kampf. Zum Schluss wird ein tragischer Todesfall angedeutet, der viel zu schnell aufgelöst wird. Wenn ich diese Miniserie mit den Marvel-Sendungen “Daredevil“ oder “Jessica Jones“ vergleiche, ist sie doch deutlich schwächer und konnte mich einfach nicht richtig mitreißen. 


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