Freitag, 22. Juni 2018

Lifelines - Rezension

Seit Beginn des Jahres zeigt RTL dienstags neue, eigenproduzierte Serien. Im Januar liefen "Sankt Maik" und "Beck is back!" an. Im April folgte dann die Anwaltsserie "Jenny - echt gerecht!". Mit "Lifelines" ist vorige Woche die vierte und letzte neue Sendung zu Ende gegangen. Ihr könnt sie aber in der Mediathek momentan noch kostenlos von Anfang an gucken. Bislang steht noch nicht fest, ob "Lifelines" verlängert wird, da die Quoten noch deutlich niedriger waren, als bei den drei anderen Serien. In unseren Augen nachvollziehbar, warum, das erfahrt ihr in dieser Rezension.

Dr. Alex Rode (Jan Hartmann) ist Arzt bei der Bundeswehr und gerade auf Heimaturlaub, als ihm ein schwer verletzter Mann buchstäblich vor die Füße fällt. Mit einem Militärhubschrauber fliegt Alex den Patienten ins Kölner Hubertus Krankenhaus. Dort erwartet den Mediziner eine unerwartete Überraschung in Form von Oberärztin Dr. Laura Seifert (Susan Hoecke). 15 Jahren zuvor hatten sich die beiden gegenseitig vor dem Altar stehen lassen. Alex freut sich riesig, seine einstige Liebe wiederzusehen, auch wenn die mittlerweile glücklich mit dem Restaurantbesitzer Richard Kirchhoff (Marc Oliver Schulze) liiert ist. Nachdem Alex auch die quirlige Assistenzärztin Dr. Carolin Diehl (Jytte-Merle Böhrnsen), den großherzigen Pfleger Elias Wadowski (Oliver Bröcker) und die schlagfertige Krankenschwester Annika Baumgartner (Tina Amon Amonsen) kennengelernt hat, entschließt er sich, eine Stelle als Chirurg im Hubertus Krankenhaus anzunehmen. Mit seinen unkonventionellen Methoden eckt Alex jedoch nicht nur bei seiner Ex-Flamme und neuen Chefin Laura, sondern auch bei Klinikleiterin Sofia Reuter (Idil Üner) an.

Unkonventionell? Eher unverantwortlich!

Alex und Laura sind nicht wirklich sympathisch
Foto: RTL
...so hat es ein Kollege von einer großen, deutschen Fernsehzeitschrift zusammengefasst, als wir uns über "Lifelines" unterhalten haben. Damit hat er absolut Recht! Prinzipiell unterscheidet sich die RTL-Serie kaum von all den anderen Medical Dramas, die es zu Dutzenden im Fernsehen gibt: Ein Team aus Ärzten und Schwestern muss sich im stressigen Klinikalltag und im noch viel stressigeren Privatleben behaupten. Dabei begegnen ihnen reihenweise Patienten mit ungewöhnlichen Krankheitsbildern und traurigen Geschichten. Dr. Rodes unkonventionelle Art soll das altbackene Genre wohl etwas auflockern. Das gelingt aber so gar nicht. Die Serie versucht dem Zuschauer weiszumachen, dass Alex ein charismatischer, lockerer Typ ist, der als einziger weit genug über den Tellerrand blickt, um wirklich etwas zu bewegen. Tatsächlich sind seine Aktionen in den meisten Fällen aber schlicht und ergreifend gefährlich, unnötig und dumm. So lässt er die junge Assistenzärztin im OP stehen, um sich stattdessen einem anderen Fall außerhalb des Klinikgeländes zu widmen. Als Dr. Diehl ihm sichtlich verängstigt sagt, dass sie diese Operation noch nie alleine durchgeführt habe, erwidert er lapidar, sie würde das schon hinkriegen. Da Rode der Serienheld ist, behält er natürlich Recht. Ein anderes Mal schickt er zwei minderjährige Risikopatienten zu seinem Bruder Tobias (Ben Blaskovic), um dort Videospiele zu spielen. Ein Faustschlag ins Gesicht als Narkoseersatz und mit offener Bisswunde selbst operieren, geht für Rode auch in Ordnung. Mal abgesehen davon, dass das natürlich völlig unrealistisch ist, wirken diese Versuche, den Mediziner als "unkonventionell" darzustellen, einfach nur verkrampft.
Sehr subtile Szene - was Alex wohl gerade denkt?
Foto: MG RTL D/Frank Dicks
Das liegt vor allem daran, dass er über alles erhaben ist und keine der anderen Figuren auch nur die leiseste Chance hat, ihm das Wasser zu reichen. Rodes Methoden funktionieren immer und lassen die anderen fähigen Ärzte stets langweilig und überkorrekt wirken. Dabei sind sie ebenfalls erfolgreich, nur auf weniger spektakuläre Art und Weise. Egal, was Alex tut, es muss stets extrem dramatisch sein. Das wohl deutlichste Beispiel: In der letzten Folge versucht er, rechtzeitig zum Standesamt zu kommen, um Lauras Hochzeit mit Richard zu verhindern. Auf dem Weg dorthin kommt er an einem brennenden Haus vorbei, vor dem eine weinende Frau steht, deren kleiner Sohn noch im Gebäude ist. Sofort sprintet der Mediziner ins Haus, rettet das Kind, lehnt keuchend die Hilfe der Notärztin ab und schwingt sich rußverschmiert aufs Fahrrad, um zum Standesamt zu fahren. Die ganze Sequenz ist einfach furchtbar melodramatisch und übertrieben. Außerdem ist Alex nicht einmal ein sympathischer Held. Seine Vorgänger Maik, Beck und Jenny hatten alle eins gemeinsam: Sie sind mit einer großen Portion Herz, Charme und Bauernschläue ans Ziel gekommen. Rode hat nichts von alledem. Er ist einfach von Natur aus geil und ein Gewinner. Dadurch ist er sehr eindimensional und langweilig. Sein weibliches Pendant Laura ist auch nur unwesentlich besser. Sie ist nett, intelligent und erfolgreich, aber nicht ganz so perfekt wie Alex. Mehr kann nicht wirklich über sie gesagt werden. Damit passt sie jedoch super zu ihrem Freund Richard. Der hat auch nicht wirklich Persönlichkeit. Seine einzige Lebensaufgabe scheint zu sein, für die Belegschaft der Klinik zu kochen. Das Essen bringt er dann auch gleich noch selbst vorbei und stört sich nicht daran, dass er stets sofort wieder weggeschickt wird.

Es geht auch ohne Drama und Tamtam!

Team Rot ist klasse, bitte ein Spin-Off
Foto: MG RTL D/Frank Dicks 
Leider dreht sich die Handlung von "Lifelines" größtenteils um Alex' Heldentum und das Liebesdreieck zwischen ihm, Laura und Richard. Die anderen Charaktere bekommen zwar deutlich weniger Screen Time, dafür aber auch deutlich mehr Persönlichkeit. Pfleger Elias, Schwester Annika und Assistenzärztin Carolin haben einen Charme, der den Protagonisten komplett fehlt. Da die Figuren weder dramatische Hintergrundgeschichten mit sich herumschleppen, noch zwanghaft in eine bestimmte Rolle gedrängt werden, fühlen sie sich deutlich natürlicher und lockerer an. Im Gegensatz zu den Hauptcharakteren haben sie auch mal einen witzigen Spruch auf den Lippen. Die drei sind ein bisschen verschroben und eigenwillig, das macht sie so sympathisch - vor allem im Vergleich zu den drei "perfekten" Protagonisten ohne Ecken und Kanten. Im Zusammenspiel mit ihren Kollegen wirken die sogar ein bisschen menschlicher. Annika bringt mit ihrer freundlich-ruppigen Art ein bisschen Persönlichkeit in Laura zum Vorschein und während deren Beziehung zu Alex sehr holprig wirkt, stimmt zwischen ihm und Dr. Diehl die Chemie. Sollte "Lifelines" um eine weitere Staffel verlängert werden, was angesichts der schlechten Einschaltquoten zu bezweifeln ist, wäre es ratsam, den Fokus auf die derzeitigen Nebencharaktere zu legen. Denn "Halbgötter in Weiß" sind deutlich weniger interessant als witzige, leicht verschrobene Sympathieträger.

Fazit

"Lifelines" ist eine enttäuschende Serie, was vor allem an dem unfehlbaren, allwissenden Protagonisten liegt. Ein Großteil der Sendezeit wird darauf verwendet, dem Zuschauer zu beweisen, wie grandios und einfallsreich der Mediziner ist. Tatsächlich ist er aber unglaubwürdig, verantwortungslos und langweilig. Auch die anderen beiden zentralen Figuren können aufgrund fehlenden Charmes und kaum vorhandener Persönlichkeit nicht wirklich überzeugen. Dasselbe gilt für die Handlung, die unnötig dramatisiert und ausgeschmückt wird, anstelle glaubwürdig zu erzählen. Der einzige Lichtblick sind die amüsanten und liebenswerten Nebencharaktere, die die Serie jedoch auch nicht mehr retten können.


Habt ihr "Lifelines" schon gesehen? Wenn ja: Was haltet ihr von dem unfehlbaren Arzt und seinen Kollegen? Teilt eure Meinung gerne mit uns in den Kommentaren!

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