Dienstag, 19. Juni 2018

Falk - Rezension

In TV-Formaten gibt es einige Berufsgruppen, die überproportional häufig vertreten sind. Darunter fallen vor allem Polizisten und Ärzte, aber auch Juristen. RTL brachte mit "Beck is back!" und "Jenny - echt gerecht!" innerhalb weniger Monate gleich zwei neue Anwaltsserien auf den Markt. Auch bei der ARD gab es jetzt Nachschub in diesem Genre: Seit Mai zeigt der Sender "Falk", eine eigenproduzierte Sendung über einen schrägen Juristen. Heute läuft das Staffelfinale, also höchste Zeit für eine Rezension. Falls ihr die Serie übrigens noch nicht kennt, könnt ihr sie in der ARD-Mediathek kostenlos von Anfang an gucken.

Der exzentrische Falk (Fritz Karl) ist gelernter Anwalt, konnte aber seinen Beruf und vor allem die Mandanten nie leiden. Eines Tages stand er während einer Gerichtsverhandlung einfach auf, verließ den Saal und kündigte seinen Job bei der renommierten Kanzlei "Offergeld & Partner". Stattdessen folgte er seinem eigentlichen Lebenstraum: ein eigenes Restaurant. Da Falk zwar einen ausgezeichneten Geschmack, aber keinerlei Ahnung von Geld hat, geht das Lokal zu Beginn der Serie bankrott und wird von seinem ehemaligen Chef Richard Offergeld (Peter Prager) übernommen. Der bietet ihm einen Deal an: Wenn Falk für eine Weile die ungewöhnlichen Fälle der Kanzlei übernimmt, gibt ihm Offergeld das Restaurant zurück. Widerwillig kehrt der erfolglose Gastronom mit seiner Assistentin Trulla (Alessija Lause, Jenny - echt gerecht!) an seinen alten Arbeitsplatz zurück. Noch weniger begeistert von der Situation ist Offergelds Tochter Sophie (Mira Bartuschek), die mittlerweile die Leitung der Kanzlei übernommen hat. Falks direktes Auftreten, seine emotionalen Ausbrüche und seine unorthodoxen Methoden stellen in Sophies Augen eine Gefahr für den guten Ruf des Familienunternehmens dar. Die ungleichen Anwälte können es kaum erwarten, bis sich ihre Wege wieder trennen.

Was genau bedeutet eigentlich "exzentrisch"?

Lieber Restaurant als Kanzlei?
Foto: ARD
Diese Frage habe ich mir bei jeder der sechs "Falk"-Folgen gestellt. Denn so ungewöhnlich, verrückt und genial, wie der Hauptcharakter von seinem Umfeld dargestellt wird, ist er eigentlich gar nicht. Er trägt knallbunt gemusterte Socken zum Dandy-Style, lässt seine Schildkröte im Kühlschrank der Kanzlei überwintern und prügelt sich mit einer Mandantin, um ihre Schuld zu beweisen. In den Augen der älteren Zuschauer mag das vielleicht ein schockierendes Verhalten für einen Anwalt sein. Im Vergleich zu den meisten anderen aktuellen Serienhelden erreicht Falk aber nur das Mittelfeld der "Verrücktheits-Skala". Simple Hauptfiguren ohne Macken, seltsame Angewohnheiten, private Dramen oder (vermeintlich) übermenschliche Fähigkeiten findet man im Fernsehen nämlich kaum noch. Irgendeine Art von Tick oder schräger Individualität muss ein Hauptcharakter haben, damit die Serie in dem Meer von Programmen auffällt. Bei Falk geht dieser Plan nicht wirklich auf, da er die meiste Zeit über relativ normal, sogar ein bisschen langweilig, wirkt. Einen neuen "Sherlock" hat die ARD jedenfalls nicht ins Leben gerufen, obwohl die beiden eins gemeinsam haben: einen lädierten Körper. Während sich der britische Serienheld mit Drogen kaputt macht, ist Falk passionierter Hypochonder. Sein Vater starb qualvoll an einer nicht genannten Krankheit, vermutlich Alzheimer. Der Anwalt hat daher ständig Angst, dasselbe Schicksal vor sich zu haben. Fast täglich steht er vor der Tür seiner genervten Ärztin Dr. Kranzow (Sonja Baum) und glaubt, Symptome zu zeigen (Kranzow: "Alles bestens - so wie sonst auch." (...) Sprechstundenhilfe: "Neuer Termin?" Falk: "Alles gut! Brauche ich nicht." Sprechstundenhilfe: "Kein neuer Termin?" Kranzow: "Doch, doch, der ist morgen wieder da."). Obwohl mir Falk generell ziemlich unsympathisch ist, hat mich diese Nebenhandlung am meisten gestört, da sie die komplette Staffel über auf der Stelle tritt. Dem Zuschauer ist klar, dass der Anwalt nicht erkranken wird, weil die Serie sonst nicht mehr funktionierten würde. Die ganze Geschichte wirkt wie pure Zeitverschwendung, da sich die Situation nie verändert. Trullas ständige Vorträge, dass Falk sich nicht einreden solle, er würde demnächst sterben, steuern nur unnötige Melodramatik bei.
Falk hat regelmäßig seltsame Visionen von sich selbst
Foto: ARD/Kai Schulz
Genauso wechselhaft wie der Hauptcharakter ist auch die restliche Serie, die ihre Linie noch nicht ganz gefunden zu haben scheint. Das zeigt beispielsweise die ungewöhnliche Wahl der Episodendarsteller: auf der einen Seite ein bei Teenies beliebter YouTube-Star wie Joyce Ilg, auf der anderen Seite ein eher beim älteren Publikum bekannter Schlagersänger wie Roberto Blanco - beide spielen sich selbst. Weiterhin scheinen sich die Verantwortlichen der Sendung noch nicht entschieden zu haben, ob Falk nun eher ein infantiler Spinner oder ein eloquenter, hochnäsiger Anzugträger ist und wie wichtig die anderen Charaktere sein sollen. Wie viele andere Serien, darunter die bereits erwähnte BBC-Produktion "Sherlock", aber auch "Sankt Maik" oder "Pastewka", konzentriert sich "Falk" fast ausschließlich auf die männliche Hauptfigur. Neben ihr sehen alle anderen Charaktere unscheinbar und etwas einfältig aus. Falks Assistentin Trulla ist das wandelnde Klischee einer bauernschlauen, frivolen Lebenskünstlerin. Sophies Tochter Marie (Sinje Irslinger) hat ausschließlich zwei Gemütszustände: genervter Teenager, der glaubt, alles besser zu wissen und einfühlsamer Teenager, der tatsächlich alles besser weiß. Kanzleikollege Bitz (Moritz Führmann) scheint währenddessen nur zu existieren, damit Falk und Sophie ihn konsequent ignorieren können. Die Rolle von Letzterer bleibt derweil völlig im Dunklen. Schon nach zwei Folgen scheint sie sich in Falk verliebt zu haben, was aber nie angesprochen wird. Stattdessen darf Sophie nur eingeschnappt auf alles reagieren, was ihr unfreiwilliger Kollege tut und eifersüchtig sein, wenn er sich mit der verheirateten Sabine Schmidt (Marie-Lou Sellem) trifft. Im Staffelfinale hat Falk dann die Chance, sein Restaurant sofort zurückzubekommen, zögert aber - ob wegen Sophie oder aus einem anderen Grund, kann nur gemutmaßt werden.

Etwas weniger Klischees und mehr 2018, bitte!

Sophie und Falk funktionieren gut ohne den anderen
Foto: ARD/Kai Schulz
Die Charaktere sind unterhaltsam, da sie konsequent übertrieben agieren und die Schauspieler dabei sichtlich Spaß haben. Es ist jedoch schade, dass der Zuschauer rein gar nichts über das Seelenleben der Figuren erfährt. Mit Ausnahme von Falks Angst vor einer möglichen Erkrankung, wird überhaupt nicht über Gedanken, Gefühle oder Vergangenes gesprochen. Es wird beispielsweise nie abschließend erklärt, weshalb Falk seinen Job so abrupt gekündigt hat. In Bezug auf Sophie kommt noch dazu, dass die Serie ständig so tut, als würde sie ohne ihren exzentrischen Kollegen nichts zustande bekommen. Tatsächlich arbeiten die beiden aber praktisch nie zusammen und helfen einander auch nur selten. Es passt aber ins generell nicht sehr moderne Frauenbild der Serie. Sophie erzählt, dass sie nur wegen ihres Vaters Anwältin geworden sei und muss sich ständig gegen seine ungefragte Einmischung in die Kanzlei und die Erziehung ihrer Tochter zur Wehr setzen. Das gegensätzliche Beispiel ist Falks Affäre Sabine, die ihm erst ihren Ehemann und die Kinder verschweigt und ihn dann abserviert, als sie merkt, dass sie lieber unabhängig von allen sein will ("Ich wollte dir danken - für die gemeinsame Zeit. Es war schön. Ich habe mich lebendig gefühlt. Ich hätte ohne dich nie den Mut gehabt, überhaupt über eine Trennung von Thomas [ihr Ehemann, Anm. d. Red.] nachzudenken."). Ein noch eindeutigeres Beispiel ist einer der Fälle, die Falk behandelt: Tina (Caroline Maria Frier) und Hanno (Dirk Borchardt) wollen sich scheiden lassen, doch der Anwalt denkt, es gebe eine andere Lösung. Schließlich diagnostiziert er, dass sich Hanno seiner Männlichkeit beraubt fühle, weil Tina vermögend und somit finanziell unabhängig ist. Sie finde ihn wegen seines Komplexes weniger attraktiv. Also lässt Falk den Ehemann mit einem Hammer eine Mauer einschlagen, damit ist seine Männlichkeit wiederhergestellt und seine Frau fällt über ihn her. Das ist definitiv ein sehr antiquiertes Bild beider Geschlechter und eine ziemlich dämliche "Lösung" des Problems. Falks und Sophies andere Fälle sind glücklicherweise weniger klischeehaft und deutlich amüsanter - sei es ein Rechtsstreit wegen eines anzüglich gecoverten Songs, das Schlichten eines Rechtsstreits in der Sauna oder eine Erwachsenenadoption wegen eines Adelstitels.

Fazit

"Falk" ist eine witzige, kurzweilige Serie, die aber noch hinter ihrem Potenzial zurückbleibt. Das liegt vor allem am unstetigen Konzept, den altbackenen Klischees und den unnötigen Nebenhandlungen. Auch der Hauptcharakter ist noch nicht richtig ausgereift, da er extrem wechselhaft und kein wirklicher Sympathieträger ist. Die anderen Figuren sind deutlich charmanter, bleiben aber stets in seinem Schatten. Außerdem erfährt der Zuschauer so gut wie nichts über das Seelenleben der Beteiligten, was die Geschichte platt wirken lässt. Durch die Spielfreude der Darsteller und die amüsanten Fälle ist "Falk" jedoch durchaus sehenswert. Ich hoffe jedenfalls, dass die ARD eine weitere Staffel bestellen wird.


Habt ihr "Falk" schon gesehen? Wenn ja: Wie findet ihr den exzentrischen Anwalt? Teilt eure Meinung gerne mit uns in den Kommentaren!

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