Sonntag, 1. Juli 2018

Marvel's Cloak & Dagger: Staffel 1, Folge 5 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -


Tyrone (Aubrey Joseph) vertraut sich Detective O'Reilly (Emma Lahana) auf dem Polizeirevier an und hofft auf ihre Hilfe, um Connors (J. D. Evermore) hinter Gitter zu bringen. Da O'Reilly dem zwielichtigen Polizisten ebenfalls nicht über den Weg traut, geht sie Tys Hinweis nach, dass Connors Drogengeschäfte betreibt. Tandy (Olivia Holt) kann nach ihrem Selbstmordversuch ihre Kräfte kontrollieren und nutzt das in vollen Zügen aus. Sie schleicht sich auf eine Party von "Roxxon" und setzt ihre Fähigkeit ein, um in den Hoffnungsvisionen der Mitarbeiter die Person zu finden, die für den Unfall vor acht Jahren verantwortlich ist. Ty hingegen will seine Kräfte erst einmal ruhen lassen und sein Leben normal weiterführen. Doch weil Tandy ihre im Übermaß einsetzt, sorgt die Verbindung zwischen ihnen dafür, dass auch seine aktiviert werden und ihn während eines wichtigen Basketballspiels unter anderem auf die "Roxxon"-Party teleportieren. 


Zwischen Detektivarbeit und Schulalltag

Dank Tandy hat sich Ty ungewollt auf die Party teleportiert
Foto: Screenshot
Mein größter Kritikpunkt der letzten Folge (hier kommt ihr zur Rezension) war der problematische Umgang mit dem Thema Selbstmord. Wie ich schon befürchtet habe, wird es in dieser Episode nicht besser. Statt eines klärenden Gesprächs und einer wirklichen Auseinandersetzung mit Tandys Suizidversuch, wird er sehr plump abgehakt. Sie macht dabei sogar eher den Eindruck, als wäre es zwar einerseits etwas, dass sie nie wieder tun würde. Andererseits ist sie aber trotzdem überzeugt, dass es der "richtige" Weg war, um ihre Kräfte zu kontrollieren. Mit diesem Ausgang bin ich wirklich unzufrieden. Die Serie hat die Chance gehabt, ein so wichtiges, sensibles Thema vernünftig einzubauen. Aber jetzt bin ich mir erst recht sicher, dass es nur eingesetzt wurde, um den Zuschauer zu schocken. Noch unglaublicher wird es, als Tandy ihre verquere Sichtweise auch noch Tyrone aufdrängt und ihn quasi dazu anstiftet, sich etwas anzutun, um seine Fähigkeiten im Griff haben zu können. Letztendlich kommt es dann zu einer dämlichen Szene, in der Tandy ihn einfach von einer mehrere Meter hohen Brüstung stößt, ohne mit der Wimper zu zucken. Natürlich hat diese Aktion keine Konsequenzen, denn es funktioniert. Dass sie ihn also auch hätte umbringen können, ist vollkommen egal. Trotzdem sind die zwei Szenen, in denen sie zusammen sind, die besten der ganzen Folge, was - wie auch in den vorherigen Episoden - an der tollen Chemie zwischen den Charakteren liegt. 
Tandy arbeitet sich durch die "Roxxon"-Akten
Foto: Screenshot
So entspannt und selbstsicher wie Tandy auftritt, als sie Tyrone schubst, wirkt es fast so, als wäre sie "high" von ihren Kräften. Das passt nur bedingt zum Rest ihres Verhaltens, das durchdacht erscheint und mir deutlich besser gefallen hat. Denn Tandy nutzt ihre Fähigkeiten aus, um an Informationen über "Roxxon" und den Unfall zu kommen. Das ist nicht die spannendste Handlung, die es gibt, aber immerhin wird Tandy überhaupt aktiv und tut etwas, wodurch die Geschichte sich weiterentwickeln kann. Es war eine tolle Neuerung, zu sehen, wie sie ihre Kräfte immer sicherer einsetzt und wirklich Spaß daran zu haben scheint. Am Anfang war sie noch nach jeder ihrer Visionen vollkommen erschrocken und verwirrt, jetzt sieht es aus, als wäre es für sie das Natürlichste der Welt. Dagegen ist Tyrones High School Storyline eher langweilig. Hier wird wirklich deutlich, dass es sich im Grunde um eine Serie für Teenager handelt. Der Zuschauer bekommt richtige Standardszenen zu sehen, die es schon zuhauf gegeben hat: Die beliebte Sportmannschaft der Schule - hier ist es das Basketballteam - steht vor ihrem entscheidenden, letzten Spiel der Saison und wird von den Cheerleadern schon auf dem Schulflur angefeuert; ein Mädchen bekommt die Sportjacke eines Spielers, was scheinbar "bestätigt", dass sie ein Paar sind und alle anderen Mädchen fangen deshalb an zu jubeln. Das hätte ich wirklich nicht gebraucht. Trotzdem gibt es ein Ereignis beim Basketballspiel, das sehr gelungen ist: Als Ty bei jeder Berührung der Gegner ihre Ängste sieht. Der krasse Wechsel zwischen der beleuchteten Turnhalle und den düsteren Szenarien der Visionen ist visuell richtig stark gemacht. Als Zuschauer versteht man wirklich gut, wieso Tyrone sich am Ende dazu entscheidet, den Korb nicht zu treffen und den Sieg dem anderen Team zu geben. 
Tyrone will sich auf die Schule konzentrieren
Foto: Screenshot
Passend zum High School Thema taucht auch Evita (Noëlle Renée Bercy) wieder auf. Obwohl sie und Ty dieses Mal ein paar mehr gemeinsame Szenen haben, bin ich von ihrer Liebesbeziehung immer noch nicht überzeugt. Soll man als Zuschauer wirklich glauben, dass sie ein tolles Paar sind, wenn es gerade mal zwei gemeinsame Momente gab? Alles zwischen ihnen wirkt einfach sehr gezwungen. Ty ist relativ passiv und macht nur dann einen Schritt, um Evita zufriedenzustellen. Weil er ihr seine Sportjacke nicht vor allen anderen gegeben hat, um zu zeigen, dass sie ein Paar sind, holt er das später nach. Das sieht aber nicht wirklich romantisch aus, sondern eher so, als hätte er gerade eine Pflicht erfüllt. Ich glaube nicht, dass er wirklich in sie verliebt ist. Ich finde es auch komisch, dass Evita mehrmals betont, dass sie sehr aufmerksam ist, was ihn angeht. Das macht fast einen obsessiven Eindruck. Sie sagt ihm sogar, dass sie weiß, dass er beim Basketballspiel absichtlich daneben geworfen hat. Dabei wird nicht ganz klar, ob sie damit sogar darauf anspielt, dass sie von seinen Fähigkeiten weiß. Vielleicht hängt das sogar mit der Voodoogeschichte aus der dritten Folge zusammen. Immerhin hat die Voodoopriesterin Auntie Clarisse (Angela M. Davis) ja eine Figur von Tyrone angefertigt. Zu welchem Zweck ist nicht klar, aber es wäre eine interessante Wendung, wenn Evita sie in irgendeiner Form nutzen würde. 

Enthüllungen und neue Fragen

Detective O'Reilly will Tyrone helfen
Foto: Screenshot
Detective O'Reilly, die bis jetzt keine bedeutende Rolle gespielt hat, rückt nun etwas mehr in den Mittelpunkt. Da sie zuvor nur sehr selten vorkam, war ich mir nicht sicher, ob sie für die Geschichte noch wichtig wird oder nicht. Nach dieser Episode sieht es aber so aus, als wäre Ersteres der Fall, da sie dazu beitragen könnte, Connors Drogengeschäfte auffliegen zu lassen. Ihr Plan, sich selbst als korrupt darzustellen, um ihn in Sicherheit zu wiegen, macht jedenfalls einen Erfolg versprechenden Eindruck. Auch wenn sie gleichzeitig ein bisschen zu engagiert auftritt, indem sie tatsächlich selber Koks schnupft, um vor Connors glaubwürdig zu erscheinen. Das macht es aber auch interessanter, da sie bereit ist, unkonventionelle Wege zu gehen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie dieser Handlungsstrang weiter verläuft. Es könnte sich zu einem temporeichen Katz-und-Maus-Spiel entwickeln.
Dank Tandys gelungener Detektivarbeit ist nun klar, dass der "Roxxon"-CEO Peter Scarborough (Wayne Péré), der damals die Arbeiten und Projekte ihres Vaters konfisziert hat, mit großer Wahrscheinlichkeit hinter dem Unfall steckt. Seine hoffnungsvolle Vision, die Tandy sieht, als sie ihn berührt, ist verstörend und düster. Hier schafft die Serie wieder ein sehr eindrucksvolles Bild, das keine Worte benötigt: Es reicht, zu beobachten, wie er durchs Wasser watet, in dem die Leichen der damals verstorbenen "Roxxon"-Mitarbeiter schwimmen. Er packt sie vollkommen gleichgültig, um Dutzende Geldbündel aus ihrer Kleidung hervorzuziehen. Diese symbolische Szene zeigt sehr gut, was für ein grauenvoller Mensch Scarborough ist und weckt die Neugier, wozu er wohl fähig ist, um das dunkle Geheimnis der Firma zu bewahren. Eine andere neue Figur wirft ebenfalls Fragen auf: Mina Hess (Ally Maki), deren Vater den Unfall überlebt hat. Genauso wie Tandy war sie damals ein Kind. Statt alles verloren zu haben, hat "Roxxon" ihr Chancen gegeben und sie als Umweltingenieurin angestellt. Am spannendsten ist die Offenbarung, dass ihr Vater gemeinsam mit Tandys an einem Projekt gearbeitet hat. Und was genau ist Minas Rolle? Hängt sie mit drin oder wird sie von der Firma über die Wahrheit im Dunkeln gelassen und ist nichts weiter als eine Marionette?  Minas Erscheinen ist jedenfalls eine unerwartete Wendung, die viele Möglichkeiten für den weiteren Verlauf der Handlung mit sich bringt.
Wie viel weiß Mina über "Roxxons" Geheimnisse?
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Eine weitere sehr überraschende Enthüllung ist die Zusammenarbeit zwischen Connors und Duane Porter (Dalon J. Holland), einem Freund von Tys verstorbenem Bruder. Die erste Begegnung zwischen ihm und Tyrone hat mir wirklich gut gefallen, weil sie veranschaulicht, wie seine Kräfte funktionieren: Er muss nur an eine bestimmte Person denken und kann sich zu ihr teleportieren. In dieser Szene macht er es unbewusst, doch gibt schon einmal einen Eindruck, wozu er diese Fähigkeit später einsetzen kann. Ich war ziemlich geschockt, als dann klar wird, dass Duane mit dem Mann Geschäfte macht, der seinen Freund auf dem Gewissen hat und er sich dessen bewusst ist. Die Serie hat diesen Umstand aber schon vorausahnen lassen, da er im Gespräch mit Tyrone mehrmals betont, dass er nach vorne schaut und nicht an das denkt, was in der Vergangenheit passiert ist. Wie wörtlich er das meint, versteht der Zuschauer erst später und das gibt seinen Worten ein ganz anderes Gewicht. Das ist ein kleiner, aber cleverer Einbau der Serienmacher. Langsam nimmt der Plot wirklich Gestalt an und es wird klarer, wer wirklich eine Rolle spielt und wer mit wem zusammenhängt. Sowohl die "Roxxon"-Geschichte als auch Connors Machenschaften scheinen ziemlich weite Ausmaße anzunehmen und es würde mich nicht wundern, wenn der korrupte Polizist auch eine Verbindung zur zwielichtigen Firma hat. Die Frage nach der ganzen Wahrheit weckt jedenfalls die Neugierde auf die nächsten Folgen. Obwohl diese Episode im Vergleich zu den ersten drei insgesamt eher durchschnittlich ist, schafft es die Serie durch diese langsamen Enthüllungen einzelner Puzzlestücke eine gewisse Spannung zu erzeugen. 

Fazit

Die fünfte Folge "Princeton Offense" (dt.: "Alte Freunde") ist besser als die Letzte, im Vergleich zum gelungenen Start der Serie aber nur durchschnittlich. Es gibt ein paar interessante Handlungsstränge, aber auch einige langweilige. Hinzu kommen einige Enthüllungen, die neue Fragen aufwerfen und weiterhin die Neugier auf den kommenden Verlauf der Serie aufrechterhalten. Im Hinblick auf die Superheldengeschichte gibt es immerhin einen kleinen Lichtblick: Ein paar Szenen geben einen Vorgeschmack auf den Moment, wenn die Protagonisten endlich ein Team werden und ihre Fähigkeiten wirklich kontrolliert einsetzen können. Bei der Geschwindigkeit, in der die Serie bis jetzt verläuft, vermute ich allerdings, dass das erst in den letzten Episoden der Staffel passieren wird.


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