Sonntag, 15. Juli 2018

Marvel's Cloak & Dagger: Staffel 1, Folge 7 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -

Tandy (Olivia Holt) hat durch Mina Hess (Ally Maki) herausgefunden, dass deren Vater Ivan (Tim Kang) der einzige Überlebende der Explosion auf der Bohrinsel ist. Allerdings befindet er sich in einem stark katatonischen Zustand und reagiert auf überhaupt nichts. Tandy will aber nicht aufgeben und bittet Tyrone (Aubrey Joseph), ihr zu helfen. Mit ihren Fähigkeiten gelangen sie in den Verstand von Ivan, um herauszufinden, was genau damals geschehen ist. Dabei finden sie in einer Art Zeitschleife wieder, denn in dem Verstand des ehemaligen "Roxxon"-Mitarbeiters existieren nur noch die letzten Minuten vor der Explosion auf der Bohrinsel. Die beiden erleben das Unglück nun selbst immer wieder mit und versuchen dabei verzweifelt, zu Ivan durchzudringen. Doch als Tandy über ein Telefon mit ihrem toten Vater sprechen kann, ist ihr alles andere plötzlich vollkommen egal. 


Das Niveau der ersten Folgen ist wieder da

Tandy und Ty wissen anfangs nicht, wo sie gelandet sind
Foto: Screenshot
Bereits die letzte Episode "Funhouse Mirrors" (dt.: "Zurück in die Vergangenheit") konnte mich wieder mehr überzeugen als die vorherigen. Doch "Lotus Eaters" (dt.: "Neustart") setzt noch einen drauf drauf und kommt dabei wieder an den Anfang der Serie heran. Der englische Titel verrät dabei schon die Richtung, in die die Handlung gehen wird, wenn man sich etwas mit der griechischen Mythologie auskennt (oder die Götter-Saga "Percy Jackson" gelesen bzw. geschaut hat). Ich hatte die Sorge, dass der Verlauf der Folge zu vorhersehbar wird und das ist er auch zum Teil. Doch durch die ausgefallene Umsetzung bleibt es trotzdem interessant und packend. Die Lotuspflanze, die in der "Odyssee" (das Epos des griechischen Dichters Homer über die Abenteuer von Odysseus) dazu führt, dass alle den Drang verlieren, nach Hause zurückzukehren, wird bei "Cloak & Dagger" in die Stimme von Tandys Vater umgewandelt. Mir war da schnell klar, dass dies die Anpsielung auf die "Lotusesser" ist. Und was dann passiert, ist nicht überraschend: Egal wie lange Ty auf sie einredet, sie will nicht mit ihm in die Realität zurückkommen, sondern im Verstand von Ivan Hess bleiben. Der ist schon lange nur noch ein Schatten seiner selbst: Er weiß nicht mehr, wer er ist, wie er heißt, wo er sich befindet und auch nicht, dass er eine Tochter hat. Er glaubt, diese paar Minuten auf der Bohrinsel sind das einzige, was überhaupt existiert. Dadurch sieht der Zuschauer, was auch mit Tandy bald passieren könnte, wenn Ty sie nicht wieder in die Realität zurückholen kann. Daher ist die Stimmung insgesamt sehr emotional. Schon der Moment, als sie erfährt, dass ihr Vater derjenige ist, der in dieser Zeitschleife jedes Mal anruft, ist sehr ergreifend. Als sie dann das erste Mal den Hörer abnimmt und mit brüchiger Stimme und Tränen in den Augen "Daddy?" sagt, ist deutlich erkennbar, wie es ihr geht. Olivia Holt bringt dem Zuschauer die Gefühle ihrer Figur, die zwischen Freude und Trauer schwanken, sehr nahe. Ihre Reaktion darauf, dass sie plötzlich wieder die Stimme ihres Vaters hören kann, ist sehr echt. Dadurch ist es nachvollziehbar, warum sie deshalb in diese Trance verfällt und nicht mehr weg will. 
Zusammen mit Ivan (r.) verstecken sie sich vor den Killern
Foto: Screenshot
Neben emotionalen Momenten wird auch der Unfall auf der Bohrinsel genauer beleuchtet. Sofern die Gedanken von Ivan dazu stimmen, hatte die Energiequelle, nach der sie dort gebohrt haben, eine extreme Wirkung auf die Mitarbeiter gehabt. Sobald sie von ihr getroffen wurden, sind sie in einen wahnsinnigen, aggressiven Zustand verfallen und haben andere angegriffen. Genau diese Art von Energie hat auch Tandy und Ty getroffen und sich nur deshalb anders ausgewirkt, weil sie unter Wasser waren. Somit ist zumindest klar, dass die beiden ziemliches Glück gehabt haben, da sie auch genauso wie die Mitarbeiter hätten enden können. Hinsichtlich der Zeitschleife bleiben allerdings ein paar Fragen offen. Tandy und Ty landen quasi auf der Bohrinsel und beobachten das Unglück. Dabei befinden sie sich in Wahrheit im Verstand von Ivan und damit ja eigentlich in seiner Erinnerung. Aber sie erleben dort deutlich mehr als das, was er damals mitbekommen haben kann. Tandy kann normale Konversationen mit ihrem toten Vater führen. Wenn sie ihm eine Frage stellt, antwortet er ihr. Er reagiert auf sie, anstatt nur das zu sagen, was er damals seinem Kollegen erzählt hat. Darüber habe ich während der Folge lange gegrübelt. Am Ende wird es damit erklärt, dass es Ivans Verstand ist, mit dem sie in Wirklichkeit redet, da ihr "Vater" nur das weiß, was auch Ivan weiß. Dank dieses Twists schafft es Tyrone letztendlich, Tandy aus ihrer Trance zu reißen. Eine richtige Erklärung ist es allerdings nicht. Eine andere Szene hat mich aber wirklich stutzig gemacht. Minas Vater spricht mehrmals davon, dass er es in all den hunderttausenden von Wiederholungen nie bis zum unteren Teil der Bohrinsel geschafft hat, wo sich der Notfallknopf befindet. Daher vermute ich, dass er es auch beim echten Vorfall nie geschafft hat und daher nicht weiß, was genau dort passiert ist. Ty kann durch seine Teleportationsfähigkeit dorthin gelangen und beobachtet, wie zwei Mitarbeiter von einer Energiequelle getroffen werden und sich kurz darauf in wahnsinnige Killer verwandeln. Hat sich Ivans Verstand dieses Ereignis selber zusammengereimt oder hat diese Zeitschleife in seinem Kopf eine Art Eigenleben entwickelt oder ist es damals wirklich exakt genauso passiert? Wenn Letzteres der Fall ist, wäre das definitiv eine Logiklücke. Denn woher soll diese Erinnerung kommen, wenn es sie in seinem Kopf überhaupt nicht geben kann? Mich hat es jedenfalls gestört, weil es keine klare Antwort darauf gibt, nach welchen Regeln dieser "Ort" genau funktioniert.

Tandy und Ty werden endlich ein Team!

Tyrone ist skeptisch, was Tandys Plan angeht
Foto: Screenshot
Was mir bei dieser Episode besonders gut gefallen hat, ist der erste wirkliche Teameinsatz der Protagonisten. Sie landen in Ivans Verstand und werden sofort von den "Roxxon"-Arbeitern angegriffen. Es macht richtig Spaß, ihre Kräfte endlich so richtig in Aktion zu erleben. Die Kampfszenen sind sehr temporeich und packend. Während Tandy geschickt ihre Lichtdolche gegen sie einsetzt, nutzt Tyrone seine Teleportationsfähigkeit, um sich zu schützen oder überraschend anzugreifen. Als Duo arbeiten sie dabei super zusammen. Tandy lobt Tyrone sogar kurz dafür, dass er mittlerweile viel besser mit seiner Fähigkeit umgehen kann. Es ist auch mal etwas anderes, Superkräfte zu sehen, die auf so vielfältige Weisen eingesetzt werden können. Sie haben Talente, die sie im Kampf einsetzen können, aber gleichzeitig auch Zugriff auf die Hoffnungen und Ängste der Menschen und können es ebenfalls als Werkzeug oder Waffe nutzen. Dass sie dank ihnen wirklich Minas Vater aus seinem katatonischen Zustand herausholen können und er sich wieder an alles erinnert, ist sehr ausgefallen. Oft sind Superkräfte lediglich dafür da, sich zu verteidigen oder andere physisch zu besiegen. Daher ist dieser Zuatz mal eine interessante Abwechslung. Außerdem habe ich dadurch noch mehr darauf gehofft, dass sie ihre Mission auch wirklich schaffen. Denn es ist viel emotionaler als ein typischer Superheldenkampf gegen böse, machtgierige Gegner. Sie haben dabei geholfen, einer Tochter ihren Vater "zurückzuholen", was eine sehr besondere, rührende Art von "Sieg" ist.
Ivan ist gefangen im eigenen Verstand
Foto: Screenshot
Ihre Teamfähigkeit wird zudem direkt auf die Probe gestellt, als Tandy sich weigert, weiterzumachen und nur noch an ihren Vater denkt. Der Gegensatz wird sehr eindrucksvoll dargestellt. Ich weiß, dass ich das in fast jeder Rezension von "Cloak & Dagger" erwähne, aber die Serienmacher können einfach richtig gut mit Bildern arbeiten: Während Tandy in Ivans Büro überglücklich mit ihrem Vater telefoniert, wechselt die Szene zu Ty, der sich in einem anderen Raum gegen die aggressiven Mitarbeiter verteidigen muss. Dabei bleibt aber das Gespräch zwischen Tandy und ihrem Vater weiter im Off zu hören und die Geräusche in Tys Szene sind stumm. Während sie beispielsweise ihrem Vater sagt "Erzähl mir von deinem Tag", muss Tyrone gegen einen "Roxxon"-Arbeiter kämpfen, der ihn erschlagen will. Das veranschaulicht einfach sehr stark, wie weit auseinander die beiden gerade sind, was die Mission angeht. Außerdem bringt es den Zuschauer in ein wahres Wechselbad der Gefühle. Einerseits war ich wütend auf Tandy, weil sie Ty alleine lässt und es tat mir leid, dass er das Problem alleine stemmen muss. Andererseits kann ich auch verstehen, dass sie die Chance, mit ihrem Vater nach acht Jahren zu reden, nutzen will und sich dabei vollkommen verliert. Sie will nicht einmal darüber nachdenken, dass es nicht wirklich ihr Vater ist, aber das konnte ich ihr kaum verübeln. Denn ihre Gefühle sind dank Holts überzeugendem Schauspiel sehr nachvollziehbar. Ich finde es toll, wie Tyrone mit Tandy in der ganze Situation umgeht. Selbst als sie ihn wütend mit ihren Lichtdolchen bewirft, teleportiert er sich einfach weg und versucht dabei weiter, sie zu beruhigen. Er macht ihr keine Vorwürfe, denn er kann verstehen, wieso sie sich so verhält. Das zeigt wieder, was für ein empathischer Charakter er ist. Dass er sie außerdem nicht alleine lässt, obwohl er es könnte, beweist, wie wichtig sie ihm ist. Das ist eine tolle Voraussetzung, wenn sie bald als richtiges Superheldenteam loslegen, und weckt die Vorfreude darauf noch mehr. 
Tandy kann nicht glauben, dass sie mit ihrem Vater spricht
Foto: Screenshot
Wie viel Tyrone die Freundschaft zu Tandy wert ist, wird vor allem in der letzten Szene klar, als er sie anruft. Dieser Schritt hat meiner Meinung nach eine sehr große Bedeutung, was ihre Beziehung zueinander angeht. Tandy hat sich ihm zuvor geöffnet und "verwundbar" gemacht. Er weiß jetzt, dass es sie mitnimmt, dass sie nie angerufen wird, sich niemand für sie zu interessieren scheint und sie keine Freunde hat. Ty hat ihr versucht klarzumachen, dass er ihr Freund ist, doch das hat sie ihm nicht geglaubt. Daher ist es sehr berührend, als er sie nach ihrer Mission anruft, und diese Tat sagt mehr, als seine Worte es gekonnt hätten. Es ist auch erkennbar, wie viel es Tandy bedeutend. Erst ist sie ehrlich überrascht, dass ihr Handy klingelt und als sie merkt, dass Ty am anderen Ende ist, wirkt sie sichtlich gerührt. Letztendlich "schließt sich der Kreis" in dieser Folge sehr schön, als Tyrone Tandy eine alte Tonbandaufnahme von ihm und seinem Bruder abspielt, die er vollkommen vergessen hatte. Er weiß, dass sie die einzige ist, die genau versteht, wie es ist, die Stimme eines geliebten, verstorbenen Menschen nach langer Zeit noch einmal zu hören. Deshalb teilt er diesen emotionalen Moment mit ihr. Dass sie sich langsam annähern und einander vertrauen, gefällt mir gut. Vor allem, weil es so glaubhaft und ehrlich wirkt. Langsam fügt sich alles zusammen: Sie hatten eine erste gemeinsame Mission, sie bauen wirklich eine Freundschaft auf, sind füreinander da und sie beherrschen beide ihre Kräfte. Das alles ist perfekt, um endlich als Superheldenduo so richtig loszulegen und vielversprechend für die letzten drei Folgen der Staffel. 

Fazit

Die siebte Episode überzeugt wieder genauso wie die ersten. Der Titel verrät zwar schon die Richtung, in die die Handlung verläuft, sie ist aber wirklich interessant und mitreißend erzählt. Obwohl der Ablauf etwas vorhersehbar ist, kommt daher trotzdem keine Langeweile auf. Mit einigen ergreifenden Szenen kann die Serie den Zuschauer außerdem erneut auf emotionaler Ebene erreichen. Da der Zuschauer die Protagonisten endlich das erste Mal als Superheldenteam erlebt, sorgt diese Folge auch für etwas mehr Action. Außerdem macht es Spaß, sie auf der gemeinsamen Mission zu begleiten und das weckt die Vorfreude auf den weiteren Verlauf. 


Alle bisherigen Rezensionen zu "Cloak and Dagger" findet ihr hier.

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