Sonntag, 29. Juli 2018

Marvel's Cloak & Dagger: Staffel 1, Folge 9 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler - 

Tandy (Olivia Holt), Tyrone (Aubrey Joseph) und Detective O'Reilly (Emma Lahana) konnten ihre Ziele in der letzten Folge zwar erreichen, haben aber trotzdem verloren. Tandy hat es geschafft, den "Roxxon"-CEO Scarborough (Wayne Péré) mit Beweismitteln zu erpressen, musste dann aber erfahren, dass ihr verstorbener Vater gewalttätig war und ihre Mutter (Andrea Roth) geschlagen hat. Tyrone und O'Reilly konnten ein Geständnis von Connors (J. D. Evermore) bekommen, doch das reicht letztendlich doch nicht, um ihn hinter Gitter zu bringen. Obwohl die Wahrheit nun draußen ist, scheint es Tys Eltern nicht zu interessieren, dass ihr anderer Sohn von einem Polizisten erschossen wurde. Es gibt immer noch keine Gerechtigkeit für Tys toten Bruder. O'Reilly muss zudem den Tod ihres Freunds Fuchs (Lane Miller) verkraften. Alle drei fallen in ein Loch. Tandy fängt wieder an, Leute zu bestehlen. Statt materieller Dinge nimmt sie sich allerdings die Hoffnungen der Menschen. Tyrone legt ein zunehmend aggressives Verhalten an den Tag und will nicht länger der perfekte Musterschüler sein. O'Reilly ertrinkt ihre Trauer im Alkohol. Währenddessen sagt Evitas (Noëlle Renée Bercy) Tante Chantelle (Angela Davis) voraus, dass "Roxxon" die entscheidende Rolle darin spielen wird, die Stadt ins Chaos zu stürzen. Nur Tandy und Tyrone können das laut ihrer Prophezeiung verhindern. 


Zu viel Fokus auf den Charakteren

Tyrone hat es satt, alles immer perfekt zu machen
Foto: Screenshot
"Back Breaker" (dt.: Wer sind wir") ist die mittlerweile neunte Folge der ersten Staffel und die letzte vor dem Finale. Daher lässt mich der intensive Charakteraufbau in dieser Episode besonders zwiegespalten zurück. Wäre gerade einmal die Hälfte der Staffel vorbei und damit noch genug Zeit, den Plot weiter auszuführen, fände ich diese starke Konzentration auf ihre Personen großartig. Generell habe ich noch keine andere Serie gesehen, die ihre Figuren so akribisch zeichnet und dem Zuschauer so eindrucksvoll vorstellt. Gerade in dieser Episode ist es wirklich interessant, Tandy und Ty an ihren Tiefpunkten zu sehen. Denn an keiner Stelle wirken ihre Entscheidungen und ihr Verhalten unglaubwürdig oder unstimmig. Dank des gelungenen Aufbaus ihrer Persönlichkeiten habe ich wirklich das Gefühl, sie richtig gut zu kennen. Da Tandy schon in vorherigen Folgen gezeigt hat, dass sie bei Problemen über die Stränge schlägt, ist es keine Überraschung, dass sie es nun auch tut. Ebenso ist ihr sehr kindisches, eifersüchtiges Verhalten Mina (Ally Maki) gegenüber keine Überraschung, weil auch dieser Aspekt ihres Charakters schon bekannt ist. Ich habe Tandy in dem Moment, als sie Mina eiskalt ihre Hoffnung stiehlt, verflucht, weil dieses Verhalten das Letzte ist. Die engagierte Umweltingenieurin kann sicher nichts dafür, dass Tandy keinen Vater mehr hat und sie selbst ihren wieder gesund zurückbekommen hat. Aber ich habe mich nicht gefragt: "Warum hat sie das denn getan???" Das spricht definitiv dafür, dass die Serienmacher einen grandiosen Job gemacht haben, die Charaktere zu formen und verständlich zu machen. Ähnlich ist es bei Tyrone. Als Zuschauer hat man mehr als ein paarmal dabei zugeschaut, wie er den verzweifelten Kampf führt, Gerechtigkeit für seinen toten Bruder zu bekommen. Auch hier macht es Sinn, dass er vollkommen neben der Spur ist, nachdem seine Anstrengungen umsonst waren. Genauso bekannt ist mittlerweile, wie sprunghaft die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten ist. Nur weil sie sich in einer Situation super verstehen, heißt das nicht, dass das so bleibt. Auch das hat die Serie schon mehrfach veranschaulicht. Daher ist der Streit, den sie in dieser Episode haben, nichts Irritierendes (Wenn auch extrem anstrengend, weil ich endlich sehen will, wie sie ein richtiges Team werden!). Besonders in dieser Folge wird deutlich, wie viel die akribische Auseinandersetzung mit den Charakteren gebracht hat. Sie sind als Figuren so greifbar und vertraut wie nie zuvor. 
Tandy verbrennt aus Hass auf ihren Vater ein Familienfoto
Foto: Screenshot
Doch da nicht noch zehn weitere Episoden folgen, bin ich eher skeptisch, wie gut das Finale sein wird. Es fällt extrem auf, dass das Vorstellen und Aufbauen der Protagonisten massiv dazu beiträgt, den Plot in die Länge zu ziehen. Mit Ausnahme der letzten Minuten entwickelt sich die Handlung nämlich überhaupt nicht weiter. Der einzige wirklich aufregende Moment ist die Szene, in der Mina miterlebt, wie drei "Roxxon"-Mitarbeiter von der gefährlichen Energiequelle getroffen werden und sie danach jagen. Wie dieses Ereignis ausgeht, wird allerdings in dieser Folge nicht gezeigt. Die Antworten auf Fragen nach "Roxxons" und Connors möglichen nächsten Schritten bekommt der Zuschauer erst zum Schluss der Episode. Sprich: In den anderen gut 35 Minuten verfolgt man die Figuren in ihren Miseren. Meiner Meinung nach ist das Verhältnis zu unausgeglichen. Ich habe am Schluss der vorherigen Folge damit gerechnet, die Handlung würde jetzt temporeich weitergehen, weil entweder Connors oder Scarborough im Fokus stehen. Damit würde sich dann schon ein handfester Konflikt für das Finale aufbauen. Doch stattdessen wird der Plot erst einmal wieder ausgebremst. Wie ich schon in meiner letzten Rezension vermutet habe, glaube ich nun erst recht, dass sowohl "Roxxon" als auch Connors in der zehnten Episode in irgendeiner Form "bekämpft" oder sogar besiegt werden müssten. Tyrone muss zudem vor der Polizei flüchten, da der korrupte Cop ihn als Mörder an Fuchs "identifiziert" hat. Dann kommt natürlich noch die Katastrophe hinzu, die Evitas Tante vorhergesagt hat, die ebenfalls untergebracht werden müsste. Ich bin gespannt, da ich mir nur schwer vorstellen kann, wie die Folge unter diesen Umständen nicht überladen wirken kann. Sollte es dazu kommen, dass das Ende vollkommen offen bleibt, gibt es immerhin gute Nachrichten: Die Serie wurde am 20. Juli um eine zweite Staffel verlängert!

Wie gefährlich ist "Roxxon" überhaupt?

Mina will Tandy sogar einen Job anbieten
Foto: Screenshot
Was mir schon in der letzten Folge aufgefallen und jetzt noch deutlicher geworden ist: Der Zuschauer weiß so gut wie nichts über "Roxxon" und Scarborough als Gegenspieler. Das wird besonders offensichtlich, weil man Connors als Vergleich hat. Es ist klar, wozu er fähig ist und vor allem, dass er eine akute Gefahr darstellt. Das war nicht erst nach dem Mord an Fuchs ersichtlich, für den er wahrscheinlich jemanden beauftragt hat. Der Zuschauer erkennt einfach, wie er tickt, was ihn als Gegner greifbar und interessant macht. Besonders in dieser Folge wird das wieder sehr gut veranschaulicht, als er - als freier Mann - in der Bar auftaucht, in der O'Reilly ist. Als sie ihn dann voller Wut angreift, schlägt er sie zusammen, während die anderen Polizisten in der Bar nichts tun. Bei dieser Szene wurde mir fast übel, weil sie nicht einmal überzogen wirkt, sondern traurigerweise sehr realistisch. Wahrscheinlich wissen sie alle, wer Fuchs auf dem Gewissen hat, aber Connors ist vermutlich unantastbar, was seine Figur nur noch beunruhigender macht. Bei dem "Roxxon"-CEO fehlt so ein Herantasten an seine Persönlichkeit vollkommen. Als am Ende dieser Episode Tandys Mutter im Namen von Scarborough mit einer Waffe bedroht wird, hat das nicht so eine starke Wirkung auf mich gehabt. Bis zu diesem Moment wusste der Zuschauer nur, dass die Firma korrupt ist, weil sie die wahre Ursache der Explosion vertuscht haben. Es gab aber nie eine Bestätigung, dass sie aktiv Menschen aus dem Weg räumen könnten. Somit wurde diese Szene mit Tandys Mutter überhaupt nicht wirklich "aufgebaut", weil es keine Einblicke in Scarboroughs Figur gibt. Es wurde in der letzten Folge nicht einmal gezeigt, wie Tandys Entführung des CEO geendet hat. Konnte er sich selbst befreien? Ist Tandy doch noch zurückgekommen, nachdem sie ihn gefesselt zurückgelassen hat? Das alles bleibt offen. Es wird daher komplett außen vorgelassen, wie er im Nachhinein wirklich darauf reagiert hat. Wenn es wenigstens eine einzige Szene gegeben hätte, die veranschaulicht, dass er noch nicht mit Tandy fertig ist, hätte das die ganze Gelegenheit viel spannender gemacht. Die ganze Handlung hat eher Fragen aufgeworfen wie: Wird "Roxxon" noch reagieren oder nicht? Das ist aber nicht so nervenaufreibend wie die Möglichkeit, dass sich Scarborough noch rächen will, weil dann die Ungewissheit ins Spiel kommt, wann und wie er zuschlägt. Da das nicht der Fall ist, bleibt nicht nur sein Charakter komplett platt und uninteressant, auch der Plot um ihn herum ist nicht so packend - besonders im Vergleich zu Connors'. 
Evita (r.) soll Ty von der Prophezeiung ihrer Tante (l.) erzählen
Foto: Screenshot
Evita hingegen ist in dieser Folge interessanter geworden. Ich war positiv überrascht, wie unbeeindruckt sie von Tandys aufrausendem Aufkreuzen in der Schule ist. Tandy hat eine starke Persönlichkeit und ist nicht leicht in die Enge zu treiben, doch Evita beweist, dass sie es locker mit ihr aufnehmen kann. Sie tritt ihr selbstbewusst gegenüber und sagt ihr die Meinung, als sie Tyrone anschnauzt, weil er kurz zuvor in einer Hoffnung aufgetaucht ist. Noch viel besser ist aber, dass sie Tandy davon abhalten kann, ihre Hoffnung zu rauben. Als Tandy schon kurz davor ist, sie zu stehlen, dreht sich Evita in der Hoffnung abrupt um und wehrt sie mit einem bestimmten "Nein!" ab. Ich hoffe, dass noch aufgeklärt wird, warum sie dazu in der Lage ist. Ihre Tante Chantelle ist zwar Voodoopriesterin, aber auch sie wird wohl noch niemanden mit Tandys Fähigkeiten getroffen haben. Daher interessiert mich wirklich, ob sie irgendwie gelernt hat, ihren Geist und ihre Gedanken zu schützen oder ob etwas anderes dahinter steckt. Außerdem bin ich sehr froh, dass Evita weiterhin nicht nur Tyrones Freundin ist und mehr nicht. Sie hat ihre eigene Nebenhandlung und vielleicht sind ihr Wissen sowie ihr Können sogar noch entscheidend für das Finale. Sie ist außerdem die einzige Person, die Ty vermitteln kann, dass er und Tandy sich zusammentun müssen, um eine Katastrophe zu verhindern. Ich bin daher gespannt, ob sie mit in die letzte Folge eingebaut wird und wenn ja, wie genau ihre Rolle aussehen wird. 

Fazit

Die neunte Episode legt den Fokus erneut stark auf die Charaktere. Einerseits lässt das die Figuren noch greifbarer und interessanter werden. Andererseits gerät der Plot dadurch fast zum Stillstand. Problematisch ist das vor allem, weil nur eine Folge übrig ist. Dadurch könnte das Finale zu überladen werden, im Versuch, die erste Staffel in irgendeiner Form abzuschließen. Zudem wird in "Back Breaker" sehr deutlich, wie schlecht einer der Gegenspieler vorgestellt wurde. Dadurch wirkt er weder überzeugend noch kann er dazu beitragen, wirkliche Spannung und Nervenkitzel zu erzeugen. Da aber auch diese Episode - wie fast alle anderen - mit guten Cliffhangern endet, bleibt wieder die Neugier auf die nächste - und somit letzte - Folge bestehen.


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