Dienstag, 1. Mai 2018

Jenny - echt gerecht! - Rezension

Seit Beginn des Jahres zeigt RTL dienstags neue, eigenproduzierte Serien. Im Januar starteten die herrliche Verwechslungskomödie "Sankt Maik" und die stark ausbaufähige Anwaltssendung "Beck is back!". Ab April ging es dann mit "Jenny - echt gerecht!", einer zweiten Juristenserie, weiter. Da sie im Gegensatz zu den anderen Formaten in Doppelfolgen ausgestrahlt wurde, läuft heute schon das Staffelfinale. Ich habe bereits alle Episoden gesehen und werfe in dieser Rezension einen Blick auf den dritten Neustart, der - anders als seine beiden Vorgänger - bislang noch nicht verlängert wurde. Falls ihr die Serie übrigens nicht kennt, könnt ihr sie in der Mediathek momentan noch kostenlos von Anfang an gucken.

Jenny Kramer (Birte Hanusrichter) ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder und hat gerade zum wiederholten Mal ihren Job verloren. Vor Gericht kämpft sie um den Unterhalt für ihre jüngere Tochter, doch ihr Pflichtverteidiger Maximilian Mertens (August Wittgenstein, Ku'damm 59) verschläft die Verhandlung. Wütend will Jenny ihn in seinem Büro in einer schnöseligen High-Society-Kanzlei zur Rede stellen. Doch Agnes von Bergen (Isabell Polak), Tochter des Chefs und Maximilians Freundin, hält den Wirbelwind fälschlicherweise für die neue Bürohilfe. Jenny ergreift die Gelegenheit und beginnt motiviert mit der Arbeit - oder das, was sie für ihre Arbeit hält. Statt Akten zu vernichten und Kaffee zu kochen, mischt sich Jenny ununterbrochen in Maximilians Fälle ein. Durch ihren ausgeprägten Gerechtigkeitssinn kann sie nicht eher ruhen, bis ein Täter verurteilt wird - auch wenn es sich dabei um den Mandaten der Kanzlei handelt. Das sorgt nicht nur für Streitigkeiten mit Max, sondern bringt Jenny auch gelegentlich in Lebensgefahr.

Unkonventioneller Rechtsbeistand - originell!

Nach Maik & Beck, nun Jenny
Foto: RTL
Juristen gehören zu den Berufsgruppen, die im Fernsehen omnipräsent sind - gleich nach Polizisten und Medizinern (in "Lifelines", der vierten RTL-Eigenproduktion, die ab nächster Woche läuft, wird es übrigens um ebensolche gehen). Da normaler Arbeitsalltag zu langweilig wäre, ist der Hauptcharakter stets ein engagierter Querdenker, der sich gegen seine überkorrekten Kollegen durchsetzen muss. Dasselbe Prinzip verfolgte auch "Beck is back!", davor Serien wie "Danni Lowinski" und "Suits" und bald auch "Falk" in der ARD. "Jenny - echt gerecht!" ist da nicht anders: Die hyperaktive Protagonistin setzt sich über sämtliche Kanzlei-Vorschriften hinweg und versucht mit Bauernschläue und der ein oder anderen kleinen Lüge Licht in die verhandelten Fälle zu bringen. Ihr steifer Paragraphenreiter-Chef ermahnt sie zu Beginn jeder Folge, sich nicht einzumischen und wird wütend, wenn sie von ihren Alleingängen berichtet. Letztendlich überwiegt dann aber auch sein Gerechtigkeitssinn und er unterstützt ihr Vorhaben. Die anderen in der Kanzlei sind zwar um den Ruf ihres Arbeitgebers bemüht, unternehmen aber schlussendlich nichts, da sich immer alles irgendwie zum Guten wendet. Sonderlich einfallsreich ist dieses Konzept nicht, zumal noch andere stereotype Faktoren, wie eine aufkeimende Liebelei zwischen den Hauptcharakteren und totgeschwiegene Geheimnisse in deren Vergangenheit, mit einfließen. "Jenny" nimmt jedoch glücklicherweise denselben Weg wie "Sankt Maik" und macht aus einer altbackenen, überstrapazierten Idee eine erfrischend lockere, unterhaltsame Serie mit Tendenz nach oben.
Zwischen Max (l.) & Jenny fliegen Fetzen & Funken
Foto: RTL
Das liegt vor allem an den charismatischen Protagonisten. Zugegeben, in einigen Folgen nervt Jenny zwischendurch ein bisschen - wenn sie sich mit ihrer überdrehten, naiven Art in einem Fall festbeißt, der vor Gericht eigentlich schon längst entschieden wurde. Gemeinsam mit Anwalt Mertens lernt aber auch der Zuschauer Jennys Hartnäckigkeit und ihren Gerechtigkeitssinn zu schätzen. Genau wie Hannes Beck in "Beck is back!" ist auch sie alleinerziehend, allerdings spielt die Beziehung zu ihren Töchtern eine weniger zentrale Rolle. Die bessere Chemie haben Matilda (Anna Büttner) und Kim (Zora Müller) sowieso mit Max. Die witzig-liebevollen Interaktionen zwischen dem Anwalt und den Kindern seiner Bürohilfe sind wirklich charmant. Überhaupt mochte ich ihn fast noch mehr als Jenny. Er ist zwar etwas spröde, aber genau das macht den Reiz aus. Immer wieder blitzt seine unangepasste, abenteuerlustige Seite durch. Dann lässt er sich beispielsweise zu einem illegalen Autorennen hinreißen, um mehr über einen Angeklagten herauszufinden (Jenny: "Das war ja wohl die beschissenste Idee, die Sie je hatten!" Max: "Ach ja? Das muss dann wohl an Ihrem schlechten Einfluss liegen!") oder liefert sich eine wilde Wasserschlacht mit Jenny und ihren Töchtern. Diese Diskrepanz zwischen seriösem High-Society-Anwalt und sympathischem Spielkind ist unterhaltsam. Alle anderen Charaktere sind weniger vielseitig, aber ebenfalls nicht völlig stereotypisch. Maximilians Freundin Agnes ist beispielsweise eine nette, offene Person, die sich schnell mit Jenny anfreundet. Auf die in Serien häufig zu sehende "Stutenbissigkeit" wird angenehmerweise verzichtet. Dasselbe gilt für das Klischee "Potenzieller romantischer Partner der Hauptperson hat einen unsympathischen und fiesen Lebensgefährten, sodass der Zuschauer es nicht verurteilt, sollte der potenzielle Partner mit der Hauptperson flirten".

Wenig Humor muss kein Nachteil sein!

Teilt Jenny den Schrank mit Ellen aus "Sankt Maik"?
Foto: RTL
In meiner Rezension zu "Beck is back!" habe ich bemängelt, dass die Witze zum Teil extrem überstrapaziert werden und noch klamaukiger sind als im Münsteraner "Tatort" - obwohl die Serie Themen wie Vergewaltigung und Sterbehilfe thematisiert. "Jenny - echt gerecht" behandelt meist weniger kontroverse Fälle, hat aber trotzdem einen gemäßigten Humor. Zwar ist die Protagonistin allein schon durch ihre auffällige, bunte Kleidung ein wandelnder Gag (Max: "Tragen Sie eigentlich aus Prinzip bunte Klamotten oder nur, um mich zu ärgern?" Jenny: "Beides."), ansonsten hält sich die Serie jedoch mit Slapstick zurück. Aber nicht nur damit. Generell ist "Jenny" für ein Comedy-Format überraschend wenig lustig. Spontan fällt mir keine Szene ein, in der ich herzhaft gelacht hätte. Das ist aber kein Kritikpunkt! Die ulkige Hauptfigur und ihre schräge beste Freundin Sonni (Alessija Lause) werden durch die steifen Kanzlei-Charaktere ausgeglichen. So bleibt die Sendung trotz Jennys teils übertrieben hyperaktiver Art bodenständig und kernig. Das kann über die Handlung der einzelnen Folgen leider nicht gesagt werden. Die Fälle spielen neben den persönlichen Geschichten der Protagonisten nur eine untergeordnete Rolle. Im Vergleich zu anderen Anwaltsserien sind sie außerdem recht langweilig. Bei den meisten ist früh absehbar, wer die Schuld trägt, sodass keine wirkliche Spannung oder zumindest Neugier aufkommen kann. Auch, weil von Anfang an feststeht, dass sich die quirlige Bürohilfe sowieso durchsetzen wird. Bei "Beck is back!" habe ich bemängelt, dass der Protagonist immer das Glück hat, dass seine Mandaten unschuldig sind. Beim dritten RTL-Neustart in diesem Jahr ist das nicht der Fall. Maximilian vertritt auch Klienten, die letztendlich schuldig gesprochen werden. Das ist eine angenehme Abwechslung. Ein Happy End gibt es trotzdem jedes Mal: Jenny sorgt für die Verurteilung des Täters und Kanzlei-Chef Robert von Bergen (Peter Benedict, Dark) ist schlussendlich immer irgendwie zufrieden mit der Arbeit seiner Mitarbeiter. Schön für sie. Für den Zuschauer wird das auf die Dauer langweilig. 

Fazit

"Jenny - echt gerecht!" ist mit großem Abstand die bessere der beiden neuen RTL-Anwaltsserien. Die sympathischen Hauptcharaktere ergänzen sich perfekt und scheuen nicht davor zurück, auch mal aus der Rolle zu fallen. So sorgen sie für die ein oder andere interessante Wendung. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn sich die Serie zu sehr an das altgediente Rollenkonzept halten würde - wie es leider bei den Fällen geschieht. Die sind eher dröge und schaffen es nicht, in irgendeiner Weise zu überraschen oder Spannung zu erzeugen. Stattdessen wirken sie nur wie ein Mittel zum Zweck, um den Charakteren ein gemeinsames Thema zu geben, mit dem sie sich beschäftigen können. Das ist zwar schade, fällt durch die starken Protagonisten aber nicht allzu schwer ins Gewicht. Deren humorvolle Art macht zudem einen Großteil der Comedy aus. Aufgesagte Witzchen und Slapstick gibt es fast gar nicht, wodurch die Serie nie in den Klamauk rutscht. Die Protagonistin ist nur gelegentlich etwas albern - allerdings auf charmante Art und Weise. 


Habt ihr "Jenny - echt gerecht!" schon gesehen? Wenn ja: Was hat euch besonders gefallen, was nicht? Teilt eure Meinung gerne mit uns in den Kommentaren!

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1 Kommentar:

  1. Ich liebe diese Serie allein schon weil es super Schauspieler sind und man genau erkennt das da was läuft zwischen Maximilian und jenny

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