Dienstag, 29. Mai 2018

Netflix Original Serien - Kurzrezensionen (Teil 6)

Wir lieben "Netflix" und sind immer wieder beeindruckt, wie breit gefächert und vielseitig die Eigenproduktionen des Streaming-Anbieters sind. Deshalb nutzen wir die Reihe Kurzrezensionen, um Sendungen und Filme vorzustellen, die wir uns in den letzten Wochen angesehen haben. Dieses Mal geht es wieder um Serien - in vorherigen Beiträgen haben wir zum Beispiel über "Retribution", "Alias Grace" und "Travelers" gesprochen (hier kommt ihr zu allen bisherigen Beiträgen). Klickt auf die Titel, um euch die Trailer anzuschauen.
An dieser Stelle gehe ich auf Sendungen ein, die "Netflix" selbst als "Original" bezeichnet, obwohl sie teilweise auch im Fernsehen ausgestrahlt oder von Drittanbietern produziert wurden. Da ich alle englischsprachigen Serien in der Originalversion angesehen habe, kann ich keine Aussagen zu der Qualität der deutschen Synchronisation treffen.


Collateral

Das Poster sieht wirklich klasse aus!
Foto: Netflix
Die vierteilige Miniserie ist eine Koproduktion von BBC und "Netflix". Es geht um den Mord am jungen Pizzalieferanten Abdullah Asif (Sam Otto), der auf offener Straße erschossen wurde. Die schwangere Kommissarin Kip Glaspie (Carey Mulligan) und ihr Kollege Nathan Bilk (Nathaniel Martello-White) nehmen die Ermittlungen auf. Schnell finden sie Hinweise, dass der Schütze vermutlich in den Reihen des Militärs zu finden ist. Der Fall hat somit eine hohe politische Brisanz, vor allem da Abdullah gemeinsam mit seinen beiden Schwestern Fatima (Ahd Kamel) und Mona (July Namir) als Flüchtling nach Großbritannien gekommen war. Im Laufe der Ermittlungen stoßen Kip und Nathan auf immer mehr Personen, die irgendwie mit dem Mord in Verbindung stehen. Darunter der Politiker David Mars (John Simm), dessen Ex-Frau Karen (Billie Piper) die Pizza bestellt hatte, die der Tote liefern sollte und die lesbische Pfarrerin Jane Oliver (Nicola Walker), deren illegal in England lebende Freundin Linh (Kae Alexander) als Einzige den Mord beobachtet hat. 

Jane (r.) steht zwischen Glaube und Liebe 
Foto: BBC/Netflix
Wie die Beschreibung schon andeutet, gibt es in dieser Sendung unwahrscheinlich viele Charaktere, die alle irgendwie in den Fall verstrickt sind. In jeder Folge tauchen mehr Figuren auf, die komplett neue Handlungsstränge anreißen oder an einen bereits vorhandenen anknüpfen. Prinzipiell mag ich es, wenn Serien Aufmerksamkeit erfordern und komplex sind. Bei "Collateral" sind viele Fährten jedoch völlig unnötig. Der Zuschauer lernt kaum einen Charakter - seien es Ermittler, Opfer, Täter oder Angehörige - näher kennen. Die meisten von ihnen sind nur schmückendes Beiwerk und tragen nicht wirklich etwas zur Handlung bei (Ob die Sendung daher den Namen "Collateral" (zu deutsch etwa "begleitend") trägt?). Stattdessen stehen sie der Lösung des Falls eher im Weg. Alle Personen haben eigene Probleme oder Konflikte, mit denen sie fertig werden müssen - dazu gehören Homosexualität und Religion unter einen Hut bekommen, Drogenabhängigkeit, posttraumatische Belastungsstörung und illegale Einwanderung. Alles spannende Konflikte, die aber leider aufgrund der Fülle nur Randnotizen sind. Es wäre wünschenswert gewesen, die Zahl der Themen zu verringern und den verbleibenden mehr Zeit zu widmen.
Kennt Fatima (l.) den Mörder ihres Bruders?
Foto: BBC/Netflix
Besonders im Hinblick auf den Fokus der Serie: das Leben von Flüchtlingen in Großbritannien. Kommissarin Glaspie sieht sich nicht nur mit dem Schicksal des Opfers und seiner Schwestern konfrontiert, sondern auch mit den Interessen verschiedener Organisationen. Es gibt zwar einige interessante Szenen, in denen das Thema vertieft wird, doch keine Situation und Position wird wirklich detailliert dargestellt. Stattdessen werden immer wieder die Konflikte der Charaktere aufgegriffen, die mit der Kerngeschichte nicht wirklich viel zu tun haben. So wirkt alles - vom Fall, über die politischen Aspekte, bis hin zu den Figuren - sehr vage. Kaum eine Situation aus "Collateral" bleibt langfristig im Gedächtnis, was auch daran liegt, dass die Serie sehr nüchtern und emotionslos ist. 


Greenhouse Academy - Staffel 2

Endlich geht die Geschichte voran!
Foto: Netflix
In einem früheren Post habe ich bereits über dieses Remake einer israelischen Jugendsendung gesprochen (klickt hier für die Kurzrezension). Da sich die zweite Staffel aber deutlich von der ersten unterscheidet, gehe ich nun noch einmal separat auf sie ein. Die neuen Folgen schließen nahtlos an die vorherigen an. Brooke Osmond (Grace van Dien) ist als einzige der Schüler den konspirativen Machenschaften an der "Greenhouse Academy" auf der Spur. Als sie die geheime Höhle am Strand entdeckt, wird sie von Judy Hayward (Nadine Ellis) gefangen genommen. Als Brooke kurze Zeit später zu ihren Mitschülern zurückkehrt, verhält sie sich merkwürdig. Ihr Ex-Freund Daniel (Chris O'Neal), der auch Judys Sohn ist, versucht herauszufinden, was geschehen ist. Dabei überschneiden sich seine Ermittlungen mit denen von Hayley Woods (Ariel Mortman). Sie glaubt mittlerweile, dass ihre Mutter nicht (zu Beginn der ersten Staffel) bei einem Raketenunglück gestorben ist, sondern wegen ihrer Forschungen irgendwo festgehalten wird. Trotz persönlicher Differenzen, Probleme und Liebeskummer raufen sich die Schüler der beiden Häuser (Eagles und Ravens) zusammen, um den Dingen gemeinsam auf die Spur zu gehen.

Daniel und Hayley begeben sich auf Spurensuche
Foto: Netflix
Endlich wendet sich die Geschichte den mysteriösen Vorkommnissen zu! In der ersten Staffel gab es zwar Andeutungen, worum es sich dabei handelt, doch die Szenen waren kurz und keiner der Schüler hat etwas davon mitbekommen. Stattdessen drehten sich die Folgen um die seltsamen Unterrichtspraktiken der Academy, die nervigen Wettkämpfe zwischen den Häusern und die wenig glaubwürdigen Beziehungen untereinander. Die ersten beiden Punkte fallen in der zweiten Staffel fast vollständig weg. Dafür konzentriert sich die Serie nun auf die Geheimnisse und Verschwörungen um Hayleys Mutter und deren Forschungen. Wirklich spannend wird die Geschichte zwar nie - was auch daran liegt, dass die große Wendung bereits in den letzten Sekunden der ersten Staffel verraten wurde - dennoch ist es unterhaltsam, den Schülern beim Ermitteln zuzusehen.
Aspen ist das personifizierte übertriebene Drama
Foto: Netflix
Obwohl sich auch die neuen Folgen mit den Problemen der Teenager beschäftigen, wird diesmal von eckigen Nebenhandlungen und unnötigem Drama abgesehen. Lediglich einen massiven Störfaktor gibt es noch: die neue Schülerin Aspen Fairchild (Reina Hardesty). Sie vereint praktisch alle Eigenschaften, die einen Charakter unleidlich werden lassen: Aufgedrehtheit, Falschheit, aufgesetztes Grinsen, Ignoranz, nervtötendes Lachen und zwanghafte Dominanz in allen Szenen. Sie lenkt vom eigentlichen Geschehen ab und ist schlicht und ergreifend furchtbar anstrengend. Mit Ausnahme von diesem Drama wird die Handlung jedoch erfreulich stringent und schnörkellos erzählt. Auch die Dialoge klingen deutlich flüssiger und weniger künstlich als in der ersten Staffel. Zwar reicht "Greenhouse Academy" qualitativ noch immer nicht an die meisten anderen "Netflix"-Serien für Teenager heran, doch die zweite Staffel ist eine große Verbesserung im Vergleich zur ersten.


Das ist das englische Poster
Foto: Netflix
Hierbei handelt es sich um eine von "France Télévisions" produzierte Serie, die von "Netflix"vertrieben wird. Sie handelt von einer Gruppe Dreißigjähriger, die nach einigen Jahren in ihr Heimatdorf in den französischen Alpen zurückkehrt, um dort Urlaub in einem Landhaus zu machen. Manu Laverne (Marc Ruchmann) reist mit seiner schwangeren Verlobten Adèle (Emilie de Preissac) an, die neugierig auf die Kindheitsfreunde ihres Liebsten ist. Manus bester Freundin Alice Bordaz (Agnès Delachair) vergeht die Wiedersehensfreude, als sie feststellt, dass auch Sébastien Genesta (Nicolas Gob) angereist ist, der ihr als Teenager das Leben zur Hölle gemacht hat. Auf dem Weg zum Chalet stürzt die einzige Brücke hinter dem Autokorso ein - das Dorf ist von der Außenwelt abgeschnitten. Während sich die Jugendfreunde mit ihren Lebenspartnern in dem Landhaus einrichten, versuchen einige Bewohner Hilfe zu holen. Nach zahlreichen "Unfällen" mit Todesopfern, erhärtet sich der Verdacht, dass einer aus der Gruppe die anderen auslöschen will. Nach und nach findet Adèle heraus, was sich vor 20 Jahren in dem Chalet ereignet hat: Die letzten Mieter, eine vierköpfige Familie, waren über Nacht plötzlich verschwunden.

Das sieht ja definitiv höchst suspekt aus!
Foto: France Télévisions/Netflix
Ich habe mich dagegen entschieden, alle zentralen Charaktere zu nennen. Das hätte den Rahmen einer normalen Inhaltsangabe definitiv gesprengt, denn es gibt rund ein Dutzend Figuren, die im Landhaus wohnen und noch einmal so viele Personen im Dorf. Es gibt immer wieder Rückblicke, auch dort kommen noch einige Charaktere hinzu. Die Protagonisten werden im Jahr 1997 von jugendlichen Darstellern verkörpert, wodurch der Zuschauer nachhalten muss, wer wer ist. In dieser Hinsicht erinnert "Le Chalet" an die deutsche "Netflix"-Serie "Dark". Auch dort gibt es rund zwei Dutzend zentrale Figuren, die teilweise von mehreren Schauspielern dargestellt werden. Leider ist die französische Serie ebenso unübersichtlich wie die aus Deutschland. Von den Personen im Landhaus werden nur wenige vorgestellt, bei einigen erfährt der Zuschauer erst in einer späteren Folge, wie sie heißen und mit wem sie verheiratet, verwandt oder befreundet sind. Das Unterscheiden der vielen Charaktere wird zusätzlich erschwert, da sie nie alle in einem Raum sind und daher zu Beginn nicht einmal klar ist, wie viele es überhaupt sind.
Am Ende bleiben nicht viele Charaktere übrig
Foto: France Télévisions/Netflix
Die Geschichte ist ebenso wirr, was vor allem daran liegt, dass sie keinem wirklichen roten Faden folgt. Die Protagonisten pendeln ständig zwischen Chalet und fast verlassenem Dorf hin und her, erinnern sich an alte Zeiten und gehen alltäglichen Beschäftigungen nach. Die eigentliche Handlung hätte auch in einem anderthalbstündigen Film erzählt werden können. Leider wird sie auf sechs rund einstündige Folgen ausgeweitet, in denen rein gar nichts passiert. Selbst bei den Todesfällen will keine Spannung aufkommen, da sie schnell abgearbeitet werden und der Zuschauer die Charaktere zu wenig kennt, um Mitleid oder Trauer zu empfinden. Außerdem verschleiert die Serie nicht, wer für die Morde verantwortlich ist. Bereits in der ersten Folge wird kaum Zweifel daran gelassen, welcher der Chalet-Bewohner das dunkle Geheimnis hütet. In den weiteren fünf Episoden gibt es dann keinerlei Wendungen. Genau diese Person ist später der Täter - mit exakt dem Motiv, das bereits in den ersten Minuten der Serie klar war. Lediglich die Identität des Komplizen bleibt lange im Dunklen. Das ist aber so unspektakulär, dass es die Auflösung auch nicht interessanter macht. Alles in allem ist "Le Chalet" vor allem eins: eine gigantische Zeitverschwendung.


Das waren meine "Netflix"-Kurzrezensionen. Da der Streaming-Anbieter immer wieder neue Serien und Staffeln herausbringt, wird es sicher nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema sein. Alle Posts zum Thema "Netflix" findet ihr hier.

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3 Kommentare:

  1. Abgesehen vom unsäglichen Verwirrspiel (ich musste nach der letzten Folge nochmals die erste Folge ansehen, die ich wegen der vielen Figuren nicht verstanden hatte) wurde mir niemals klar, wer zu Beginn des Films unten an der Brücke an einen Baum gefesselt saß und später unter den herabstürzenden Felsen begraben wurde.
    Dies wurde nie aufgeklärt.

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