Donnerstag, 24. Mai 2018

You Are Wanted: Staffel 2 - Rezension

Vor gut einem Jahr hat die "Amazon Prime"-Serie "You Are Wanted" Premiere gefeiert. Sie ist die erste deutsche "Amazon"-Produktion. Seit dem 18. Mai gibt es die zweite Staffel beim Streaming-Anbieter zu sehen. Sie umfasst insgesamt acht Episoden und ist wieder von Hauptdarsteller Matthias Schweighöfer mitproduziert worden. 

Am Ende der ersten Staffel haben Lukas Franke (Matthias Schweighöfer) und seine Frau Hanna (Alexandra Maria Lara) Zugriff auf "Burning Man" bekommen. Dieses Programm beinhaltet alle Informationen zu jeder Person. Eine kurze Suche des vollständigen Namens reicht und man erfährt jedes Geheimnis. In den falschen Händen kann das zu einer gefährlichen Waffe werden. Da ist es nicht überraschend, dass mächtige Geheimdienste, Kriminelle und Hacker dieses Programm in die Finger bekommen wollen. Lukas hat gehofft, dass er wieder zu seinem normalen Leben zurückkehren kann, ist nun aber wieder auf der Flucht. Nicht nur er, sondern auch seine Frau und sein Sohn Leon (Franz Hagn) sind erneut im Visier gefährlicher Gegenspieler. 


Wo ist der rote Faden?

Lukas wird dieses Mal von ziemlich vielen Leuten gejagt
Foto: Amazon Prime
Kurz vor dem Erscheinen der zweiten Staffel habe ich die erste noch einmal durchgeschaut. Im direkten Vergleich hat die Qualität leider nachgelassen. Zwar hatte auch die Erste ihre Schwächen, konnte aber insgesamt eine gut strukturierte, unterhaltsame und spannende Handlung bieten. Das alles hat mir in der Fortsetzung gefehlt. Das größte Problem ist für mich das Auftauchen von zu vielen verschiedenen Parteien, die alle an Lukas oder den "Burning Man"-Laptop wollen. Das alleine als Handlung ist aber einfach nicht interessant genug. Die Hälfte der Zeit sieht man entweder dem BND oder der CIA bei der Arbeit zu, was nicht wirklich aufregend ist. Zudem gibt es keine großen Twists oder Überraschungen, wodurch ich nicht wirklich das Gefühl hatte, unterhalten zu werden. Außerdem kommt es durch die vielen Charaktere zu einer Menge Nebenhandlungen und es wird nicht klar, was überhaupt der Hauptfokus sein soll. In der ersten Staffel war das Ziel von Lukas ersichtlich. Er musste herausfinden, wer hinter seinem Identitätsklau steckt und gleichzeitig verhindern, dass er wirklich für einen Terroristen gehalten wird und die Kripo ihn verhaftet. Es war spannend, ihn dabei zu beobachten, dieses Ziel zu erreichen. Der Zuschauer wusste genau, was ihn antreibt. In dieser Staffel wirkt alles hingegen sehr schwammig. Er will, dass die Geschichte mit "Burning Man" ein Ende hat und er zu seinem normalen Leben zurückkehren kann. Die meiste Zeit ist er aber einfach nur auf der Flucht, ohne aktiv zu handeln. Ihm passieren fast die ganze Zeit immer nur Dinge, auf die er reagiert. In der ersten Staffel war sein Charakter deutlich weniger passiv. Dadurch wird es irgendwann sehr eintönig und das Tempo der Folgen bleibt immer relativ langsam. Ich fand es insgesamt schwierig, der Geschichte mit voller Aufmerksamkeit zu folgen. Alles wirkt recht unstrukturiert und es wird nicht wirklich deutlich, worauf die ganze Geschichte letztendlich hinauslaufen soll. Das Ende ist leider so unspektakulär, dass ich nicht wirklich neugierig darauf bin, wie es weitergeht. 
Lukas muss nur die Kapuze aufsetzen, dann ist er unsichtbar
Foto: Screenshot
Neben der Spannung fehlt es der Handlung auch an Glaubwürdigkeit. In der ersten Staffel wurde wenigstens noch versucht, das Hacken zu erklären. Außerdem blieb es immer in einem plausiblen Rahmen, weil es keine übertrieben gigantischen Aktionen waren. So ging es beispielsweise darum, die Identität von Wessling über ein Onlinespiel herauszufinden, während sie gegen ihn spielen und sich gleichzeitig ins Game hacken. Jetzt werden solche Sachen komplett kommentarlos durchgeführt. Als Zuschauer muss man wohl einfach glauben, dass alles, was sie tun (und das sind teilweise sehr große Hacker-Aktionen), auch wirklich möglich ist. Es wird nicht einmal wirklich ersichtlich, wieso Lukas am Ende eine so große Bedrohung ist, nur weil er ein Passwort der CIA besitzt. Das einfach zu ändern, ist scheinbar nicht mal eine Option für sie, was schon ziemlich weit hergeholt erscheint. Auch die Geschichte um Leon wirkt sehr überdramatisiert. Es kommt dazu, dass er in einer Quarantänestation landet, wo er wie ein Gefängnisinsasse behandelt wird und seine Mutter ihn nicht einmal besuchen darf. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mit einem verängstigten Kind so kaltherzig umgegangen werden würde. So darf er seine Mutter nur für einen Augenblick durch eine Glasscheibe sehen, bevor er an beiden Armen zurück in sein Zimmer gezerrt wird. Zusätzlich werden noch ein paar Rückblicke eingebaut, die teilweise überhaupt nichts zur Handlung beisteuern. So bekommt der harte Admiral Bruce Gardner vom CIA (Michael Landes) eine dreiminütige tragische Vergangenheit, die aber überhaupt keine Wirkung auf den Zuschauer hat und auch sonst sehr zusammenhangslos erscheint. Vielschichtiger wird er dadurch sicherlich nicht. 

Enttäuschende neue Gegenspieler

Austauschbarer Gegner: Gardner
Foto: Screenshot
Gardner ist eine sehr platte und klischeebehaftete Figur, wie ein Großteil der neuen Charaktere. Er rennt die meiste Zeit wichtig in der Gegend herum, gibt seinen Angestellten Befehle und schnauzt sie an, wenn es Probleme gibt. Sehr viel mehr gibt es da nicht. Da er quasi der größte Gegenspieler ist, ist das ziemlich enttäuschend. Er ist übrigens nicht der einzige "Böse", der eine traurige Vergangenheit bekommt. Mich hat das wirklich gestört. Zum einen, weil diese Rückblicke viel zu wenig ausgebaut werden. Sie werden mehr oder weniger einfach in den Raum geworfen, als wirklich mit den Ereignissen in der Gegenwart verbunden zu werden. Zum anderen finde ich es unnötig, dass jeder Gegner so etwas haben muss. Keiner von ihnen wird dadurch vielschichtiger und ihre Entscheidungen sicher nicht gerechtfertigt oder weniger schlimm. Marc Wessling (Tom Beck) aus Staffel eins hatte wenigstens eine beunruhigende Aura, weil er es geschafft hat, sich in das Leben von Lukas' Familie zu schleichen, ohne dass sie sich der Gefahr bewusst waren. Er war einerseits charmant und andererseits unheimlich. So ein Gegenspieler gibt der Handlung deutlich mehr Spannung. 
Ein weiterer Punkt, der mich besonders gestört hat, ist, wie mit den Charakteren aus Staffel eins umgegangen wird, die nicht mehr dabei sind. Lena Arandt (Karoline Herfurth) wird quasi komplett ausgelöscht, als hätte es sie nie gegeben. Abgesehen davon, dass es noch die kleine Chance auf ihr Überleben gab, hätte ich wenigstens erwartet, dass sie noch einmal erwähnt wird. Sie hat der Handlung eine gute Wendung gegeben, weil sie erst wie ein Gegner dargestellt wurde, sie aber in Wahrheit genauso wie Lukas ein Opfer von Wessling war. Die beiden hatten eine tolle Dynamik. Das Hackergenie Dalton (Louis Hofman, Dark) wird mit der schwachen Begründung, dass ihm die Situation zu krass wurde und er deshalb aus Deutschland verschwunden ist, ebenfalls rausgeschrieben. Auch das ist schade, weil er ebenfalls zu den eindrücklichen Figuren gezählt hat. Hofman ist in der Zwischenzeit allerdings auch einer der Hauptdarsteller in der Serie "Dark" geworden, die vom Streaming-Konkurrenten "Netflix" produziert wurde. Vielleicht musste sein Charakter deshalb gestrichen werden. Mit Sandra Jansen (Catrin Striebeck), der Kommissarin der Kripo, behält die Fortsetzung wenigstens einen der interessanten Charaktere, die nicht total klischeehaft sind. Die Mischung aus ihrer direkten, schroffen Art, ihren teils emotionalen sowie humorvollen Momenten machen ihre Figur unterhaltsam und erfrischend ("Sie haben Glück, dass ich nicht im Dienst bin. Sonst wären Sie schon verhaftet oder ich hätt' Sie gleich erschossen. Noch'n Tee?"). Ich finde es toll, dass sie noch immer eine Rolle spielt, da ihre Szenen zu den besten gehören.
Jansen ist zum Glück wieder mit dabei
Foto: Screenshot
Lukas ist als Charakter leider deutlich distanzierter geworden. Im Gegensatz zur vorherigen Staffel finde ich es schwierig, zu erkennen, was ihn wirklich antreibt und was er denkt. Der Zuschauer sieht, wie ihm Dinge widerfahren, aber nicht, inwieweit sie ihn bewegen. Er muss sich wieder um die Sicherheit seiner Familie sorgen. Aber so gleichgültig, wie er ständig auftritt, könnte man meinen, es sei ihm egal. In einer Szene telefoniert er mit Leon, als der auf der Quarantänestation liegt (wovon sein Vater noch nichts weiß) und vollkommen verstört ist. Franz Hagn spielt das sehr überzeugend und emotional, doch Schweighöfer konnte bei mir keine Gefühle wecken. Lukas ist scheinbar nicht einmal beunruhigt, was genau mit seinem Sohn passiert ist. An ein oder zwei Stellen wendet sich dieses ruhige Verhalten von ihm völlig, sodass er beispielsweise einen Mann fast totprügelt. Das wirkt dann eher überzogen, weil dieser krasse Gegensatz nicht passt und auch nicht wirklich verständlich ist. In der ersten Staffel hatte ich in dieser Hinsicht keine Probleme, doch jetzt wirkt seine Figur unstimmig. Lukas' Frau Hanna hat sich im Vergleich zur ersten Staffel überhaupt nicht verändert. Sie ist immer noch weitestgehend dafür da, ihrem Mann zu misstrauen und sich um ihr Kind zu sorgen. Sie bekommt zwar noch eine eigene Nebenhandlung, die ist aber weder besonders eindrücklich noch trägt sie wirklich etwas zum Gesamtgeschehen bei. 

Fazit

Die zweite Staffel von "You Are Wanted" hat insgesamt nachgelassen. Es gibt keinen roten Faden und durch das Einführen von vielen Gegenspielern, wird die Handlung sehr unübersichtlich. Zudem wird nicht klar, worauf die Geschichte hinauslaufen soll und keiner der Handlungsstränge ist wirklich spannend oder mitreißend. Außerdem gibt es überhaupt keine überraschenden Wendungen. Viele der Charaktere, vor allem die Gegner, bleiben zu flach und uninteressant. Zusätzlich werden irrelevante Rückblicke verwendet, die weder den Charakteren noch der Handlung etwas geben. Durch all diese Aspekte kommt die Staffel kaum in Fahrt und ist deutlich weniger spannend und unterhaltsam als die erste.


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