Donnerstag, 25. Mai 2017

Evolution - Die Stadt der Überlebenden (Thomas Thiemeyer) - Rezension

"Evolution: Die Stadt der Überlebenden" ist der erste Teil der "Evolution"-Trilogie von Thomas Thiemeyer. Der Roman  ist im Juli 2016 erschienen und hat 348 Seiten. Nach "Das verbotene Eden" präsentiert er damit seine neue Jugendbuch-Reihe.

Ich habe schon die "Eden"-Geschichte von Thiemeyer gelesen, die mir sehr gut gefallen hat und zu meinen Lieblingsreihen zählt. Daher hat auch diese neue Trilogie vom Autor mein Interesse geweckt.

Zum Inhalt

Eine Welt ohne Zivilisation
Foto: Arena Verlag
Ein Flugzeug auf dem Weg von Deutschland in die USA muss vor dem eigentlichen Ziel eine Notlandung am "Denver Airport" machen. Mit an Bord ist eine Gruppe von Austauschschülern, darunter auch Jem und Lucie, die sich am Flughafen kennengelernt haben. Nach der Landung wird allen schnell klar: Irgendetwas stimmt nicht. Sie Sie scheinen in einer fremden Welt gelandet zu sein. Von der Zivilisation ist nicht mehr viel übrig und die Natur hat sich unerbittlich alles zurückerobert. Der Flughafen erinnert an ein Gewächshaus. Auch von Menschen fehlt jede Spur. Die einzigen Lebewesen scheinen Tiere zu sein. Allerdings sind sie viel zutraulicher und scheinen sich vor der Gruppe überhaupt nicht zu fürchten. Einige von ihnen greifen sogar an. Die Austauschschüler wollen sich diesem Schicksal nicht tatenlos ergeben. Sie machen sich auf die Suche nach Antworten und finden etwas heraus, das ihnen Hoffnung gibt: Es soll Überlebende in einer verschollenen Stadt geben. Doch um diese zu erreichen, müssen sie vor allem eins: Überleben. Und das ist schwieriger als gedacht. 


Meine Meinung

Idee

Die Idee hinter "Evolution" ist spannend und gut umgesetzt. Man findet auf der einen Seite einfache Elemente, die das Grundgerüst der Geschichte bilden: Eine Welt, die voller Gefahren lauert; eine abenteuerliche Reise; der Kampf ums Überleben genauso wie das Duell Mensch gegen Tier. Diese Komponenten werden aber mit ausgefallenen, spannenden Aspekten verknüpft. Sie machen die Geschichte zu etwas ganz besonderem. Einerseits kann man in der verlassenen Welt Überreste von fortschrittlicher Technologie finden, wie man sie sich zur heutigen Zeit nur erträumt. Das Flugzeug ist quasi in einer fernen Zukunft gelandet. Außerdem wird hier die Evolution thematisiert und wie diese begünstigt wurde und Lebewesen verändert hat. Das ist toll, weil man hier wirklich überrascht wird. Eine Mischung, wie man sie in diesem Buch findet, habe ich in noch keinem anderen gelesen.

Protagonisten

Die Geschichte wird mit wenigen Ausnahmen aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt: Der von Jem und der von Lucie. Beide sind 15 Jahre alt und Teil der Gruppe von Austauschschülern. 
Jem ist ein problembehafteter Jugendlicher, der gerne auch mal temperamentvoll wird und seinen Kopf durchsetzen will. Das hat mir gefallen. Man braucht nicht immer einen Charakter, der ausschließlich korrekt handelt und die Unschuld in Person ist. Er kann trotzdem eine sympathische Figur sein, der man gerne durch die Geschichte folgt. 
"Es hieß doch ausdrücklich, ihr sollt warten." 
Jem reckte sein Kinn vor. "Befehle sind nicht so mein Ding. Schon gar nicht von Typen wie dir. Und jetzt geh zur Seite."
Was allerdings beim Lesen gestört hat: Teilweise kommen ihm zu gute Ideen und Lösungen für einen 15-jährigen. Sogar in den brenzligsten Situationen braucht er nur wenige Augenblicke, schon hat er eine Idee, auf die niemand sonst kommt. Da sich das während der Geschichte mehrmals so abspielt, wirkt es etwas abwegig. Trotzdem ist Jem ein starker Charakter, dessen Sicht auf die Dinge interessant zu lesen ist. Er ist mutig, schlau und sorgt sich um das Wohl der anderen. Durch seine Hintergrundgeschichte versteht man ihn und warum er sich so verhält. Das macht ihn als Figur sehr greifbar und vielschichtig. 
Lucie ist ebenfalls ein interessanter Charakter, was vor allem damit zusammenhängt, dass sie die Welt auf eine besondere Art wahrnimmt. Denn sie ist Synästhetikerin und assoziiert mit Personen, Namen oder Buchstaben bestimmte Farben. "Synästhesie ist das Resultat einer spezifischen Vernetzung im Gehirn, die relativ selten vorkommt. [...] Synästhesie beruht auf einem zusätzlichen Kanal der Wahrnehmung. Manche Synästhetiker können Buchstaben fühlen oder Worte schmecken. Andere können Töne in bunten Farben sehen ("Farbenhören")." - Deutsche Synästhesie-Gesellschaft e.V.
"Es ist nicht so, dass das Wort jetzt irgendwie grün eingefärbt über deinem Kopf tanzen würde. Es ist mehr so, dass Name und Farbe für mich dasselbe sind. Das gilt übrigens auch für einzelne Buchstaben." - Lucie
Die Geschehnisse aus ihrer Perspektive zu lesen, ist mal etwas anderes. Darüber hinaus ist sie ein sehr liebenswürdiger Charakter. Allerdings neigt sie, anders als Jem, dazu, passiver zu handeln. Oftmals stimmt sie ihm einfach zu und folgt ihm. Anders als bei dem männlichen Protagonisten erfährt man auch nicht viel von ihrem Charakter und ihrer Vergangenheit, was etwas schade ist. Vielleicht ändert sich das aber noch in den Folgebänden der Trilogie.

Weitere Charaktere

Der Rest der "Hauptgruppe" besteht aus zu vielen Charakteren, da man öfter den Überblick verliert und mit den Namen durcheinander kommt. Das liegt vor allem daran, dass die meisten der Figuren recht blass bleiben. Die Gruppe setzt sich eigentlich nur aus acht Jugendlichen zusammen, aber wirklich gut vorstellen konnte ich mir nur Jem, Lucie und den aufbrausenden Marek, der bis auf diesen Charakterzug auch eher eindimensional wirkt. Die anderen bleiben nach dem Beenden des Buches kaum im Gedächtnis. Aber vielleicht sind sie in den zwei weiteren Teilen noch besser ausgearbeitet und greifbarer. 
Neben den Jugendlichen sind aber noch über 200 weitere Fluggäste in der postapokalyptischen Welt gelandet. Hier habe ich mich auch gefragt, wie realistisch es ist, dass bei Hunderten Erwachsenen gerade mal ein paar etwas unternehmen. Der Rest hält sich zurück und ergibt sich quasi einfach dem Schicksal. Stattdessen übernehmen die Jugendlichen den größten Teil der Verantwortung und scheinen deutlich kompetenter zu sein. Auch die Überlebensfähigkeiten sind bei den jungen Leuten höher. Ich musste hier an die Serie "The 100" denken, in der diese Aufteilung ganz ähnlich ausfällt. Natürlich ist das gewählte Szenario schon fernab jeder Realität und wie sich Leute unter den gegebenen Umständen verhalten, kann sehr unterschiedlich sein. Dennoch war dieser Aspekt für mich nicht ganz überzeugend.

Stimmung und Spannung

Dass Thiemeyer Talent dazu hat, tolle Welten zu erschaffen, hat er für mich schon in "Das verbotene Eden" bewiesen. Und auch in seiner neuen Trilogie kreiert er eine interessante Version Amerikas. Durch seine detailreichen Beschreibungen hat man alles bildlich vor Augen und fühlt sich, als würde man selbst mit Jem, Lucie und Co. durch die verlassene Landschaft streifen. 
Eine von Menschen verlassene Erde finde ich als Handlungsort sehr spannend. Wie sich die Natur letztendlich alles zurückholt, wenn der Mensch verschwunden ist, hat für mich etwas Faszinierendes an sich. Thiemeyer fängt dieses Bild perfekt ein und behandelt die Thematik der Endlichkeit der Menschheit und dem, was sie erschaffen haben, sehr gut. 
"Wohin Jem auch blickte, herrschte Zerstörung. Kaum ein Stein, der auf dem anderen stand. Nur hin und wieder sah er einige verfallene Gebäude, umgeben von riesigen Wasserflächen und ausufernden Schilfregionen."
Das Cover ist dazu sehr passend gewählt. Es sieht nicht nur toll aus, es gibt einem schon einen guten Eindruck von der Welt, in die man beim Lesen eintaucht.
Neben diesem Aspekt wird der Geschichte auch etwas unbehagliches, fast unheimliches gegeben, denn die Evolution hat bestimmte Tiere mit neuen Fähigkeiten ausgestattet. Die Idee dahinter ist spannend und beunruhigend zugleich und hat dem Buch noch etwas Besonderes gegeben.
Der Einstieg der Geschichte zieht sich etwas. Die Charaktere werden am Anfang des Buches vorgestellt und das nimmt doch viel Zeit in Anspruch, in der ansonsten nicht wirklich etwas passiert. Es dauert gut 50 Seiten, bis der Roman an Fahrt aufnimmt. Bei einer Gesamtanzahl von 350 Seiten ist das recht viel. Ab da steigt die Spannung aber kontinuierlich und es bleibt bis zum Schluss durchgehend aufregend. Der erste Teil endet auch an der genau richtigen Stelle: Die Reise der Gruppe ist für den Moment abgeschlossen und es gibt Antworten auf einige wichtige Fragen. Auf der anderen Seite wird Platz gemacht für einen neuen Handlungsverlauf, denn es tauchen neue Charaktere auf und es gibt einen neuen Handlungsort für den nächsten Teil. Dadurch wird die Neugier auf die Fortsetzungen geweckt.

Fazit

"Evolution: Die Stadt der Überlebenden" bietet eine spannende Geschichte mit einer innovativen Idee, die aus der Masse an Jugendbüchern heraus sticht. Die Welt nimmt einen gefangen und überzeugt durch viele Details, eine tolle Stimmung und einigen Überraschungen. Allerdings verhalten sich die Charaktere teilweise so unrealistisch, dass es beim Lesen negativ auffällt. Dieses Buch bietet insgesamt einen tollen Auftakt zur Reihe und macht Lust auf mehr. Ich möchte die Reihe weiterlesen und herausfinden, wie sich die Charaktere und ihre Geschichte noch entwickeln. Daher eine klare Leseempfehlung. 


Hier kommt ihr zur den Rezensionen von Teil 2 und 3.

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