Dienstag, 30. Mai 2017

American Gods: Staffel 1, Folge 4 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler -


Nachdem die Handlung schon in "Head full of Snow" etwas ins Stocken geraten ist, steht sie in der vierten Folge "Git Gone" vollkommen still. Denn in dieser Episode werden nur Rückblicke gezeigt. Man erfährt dabei ausschließlich etwas von Laura Moons (Emily Browning) Vergangenheit: Wo sie gearbeitet hat, wie sie Shadow Moon (Ricky Whittle) kennengelernt und was sie während Shadows Zeit im Gefängnis gemacht hat. Am Ende der letzten Folge hat Shadow sein Hotelzimmer betreten und seine tote Frau vorgefunden: Hübsch zurechtgemacht, keine Leichenblässe und auch sonst mehr Mensch als Untote. Diese Folge thematisiert nicht nur Lauras Leben vor, sondern auch nach ihrem und wie sie letztendlich zu Shadow gefunden hat. "Git Gone" beginnt ganz am Anfang und zeigt, wie sich Laura und Shadow getroffen haben.

Treffen im Casino

Laura und Shadow lernen sich kennen
Foto: starz
Laura arbeitet in einem Casino, dass eine spezielle Thematisierung im ägyptischen Stil hat. Überall stehen große Statuen von Pharaonen und Göttern und es erinnert fast an einen Tempel. An einem Abend nach der Arbeit tötet sie eine Fliege mit Insektenspray und kommt auf die Idee, sich damit selbst umzubringen. Hier wird sehr früh eine dunkle Seite ihres Leben gezeigt. Sie steigt in ihren Whirlpool, schließt sich darin ein und sprüht das Gift. Doch im letzten Moment öffnet sie den Whirlpool wieder und steigt hustend aus. Kurze Zeit später lernt sie Shadow kennen. Er taucht im Casino auf, um beim Spielen ein wenig zu betrügen. Laura fällt es auf und sie rettet ihn davor, erwischt zu werden. So beginnt ihre Beziehung. Am nächsten Morgen spricht Shadow darüber, dass sie zusammen dazu in der Lage wären, dem Casino Geld zu stehlen. Doch Laura geht nicht weiter darauf ein. Sie führen eine recht normale Beziehung, heiraten, sind mit ihren Nachbarn Audrey (Betty Gilplin) und Robbie Burton (Dane Cook). Doch Laura wirkt noch immer nicht zufrieden und glücklich. Es kommen noch einige Einblicke in ihren Arbeitsalltag und in allen Szenen bleibt ihre Miene immer gleich und ausdruckslos. Auf der einen Seite ist es interessant zu erfahren, wie sich die beiden kennengelernt haben und wie ihr Leben ausgesehen hat. Andererseits wird zu viel Zeit dafür verwendet. Das zieht die Folge, zumindest bis zu Lauras Tod, etwas in die Länge.

Von Shadows Verbrechen und Lauras Tod

Shadow (r.) und Lauras zukünftige Affäre Robbie
Foto: starz
An einem Morgen, ca. vier Jahre nachdem sich Shadow und Laura getroffen haben, sucht sie das Gespräch mit ihm. Der Casinoraub geht ihr nicht aus dem Kopf und sie glaubt, dass sie ihn braucht, um glücklich zu werden (Shadow: "This is some desperate bullsh*t. Are you unhappy? Because I'm happy" Laura: "[...] I think maybe I resent not being happy – not resent you, just resent.") Einzig durch ihre Mimik und ihre Blicke, die vollkommen unaufgeregt, fast emotionslos wirken, vermittelt Emily Browning gut, wie es in Laura aussieht und wie unglücklich sie ist.
Letztendlich weiß man schon vorher, dass der Plan schief geht und Shadow im Gefängnis landet, denn die erste Folge beginnt mit ihm als Häftling. Laura verspricht ihm, dass sie auf ihn wartet, doch nach einer Weile beginnt sie eine Affäre mit Robbie. Sie will es beenden, bevor Shadow nach Hause kommt. Doch dann sterben beide bei einem Autounfall. Um es noch richtig ironisch zu machen,führt Robbie in den Gegenverkehr, als Laura ihn während der Fahrt oral befriedigt. Auch hier wurde viel Zeit auf die Beziehung zwischen Laura und Robbie verwendet, die einfach nicht interessant ist und in dieser verrückten Serie mit vielen ausgefallenen Charakteren und Handlungen beinahe fehl am Platz wirkt.

Diskussion mit einem ägyptischen Gott

Nach dem Unfall sieht man Laura, wie sie über ihrem toten Körper schwebt und endlich Emotionen zeigt: Sie ist sprachlos und der Schock steht ihr ins Gesicht geschrieben. Sie landet beim Gott Anubis (Chris Obi), der sie ins Jenseits bringt. Hier kann spekuliert werden, warum ausgerechnet dieser Gott erscheint. Bei einem vorherigen Gespräch mit Shadow wurde klar, dass sie an nichts glaubt (Shadow: "So you don't believe in anything?" Laura: "There's nothing to believe in.") Dennoch kommt ein Gott, um sie zu holen. Etwa wegen ihres Jobs im Casino, in dem alles ägyptisch dekoriert ist und sogar eine Anubis Statue thront? Laura selbst scheint es auch nicht zu wissen. Als sie Anubis sieht, ist ihre erste Reaktion: "Who the f**k are you?" Der Gott selbst gibt auch keine Antwort auf die Frage, warum er sie geholt hat. Doch er weiß, dass sie an keinen Gott geglaubt hat:
Anubis: "In life you believed in nothing, so you go to nothing. You will be done. There will be darkness." 

Laura: "And peace?"

Anubis: "There will be darkness."
Dass sie im Nichts enden soll, akzeptiert sie nicht. Sie diskutiert mit Anubis, doch er macht ihr klar, dass der Tod keine Debatte ist. Als Anubis sich einmal umdreht, wird Laura weggerissen, gerade als sie ihm die Worte "F**k you" entgegnen will. Das muss der Moment gewesen sein, als die Glücksmünze vom Kobold Mad Sweeney (Pablo Schreiber) ihre Wirkung gezeigt hat. Das hat man in der letzten Folge gesehen, als der Kobold Lauras Grab aushebt und den leeren Sarg vorfindet. Was bleibt ist ein verdutzter Anubis. Diese Szene hat etwas sehr komisches, durch die Art, wie Laura mit dem Gott umgeht und dann im Bruchteil einer Sekunde weggezogen wird. Es passiert quasi mitten im Streitgespräch. Im nächsten Moment sieht man sie dann aus ihrem Grab steigen. Sie hat graue Haut und  grobe Nähe dort, wo man sie bei der Obduktion aufgeschnitten hat. Hier wird allerdings nur noch gezeigt, wie sie aus der Erde "auftaucht", nicht wie sie aus dem Sarg gekommen ist. In der letzten Folge war Mad Sweeney am Grab, hat es ausgehoben und den geschlossenen Sargdeckel geöffnet. Hätte der Deckel nicht aufgebrochen sein müssen? In dieser Folge werden so viele Details gezeigt. Dass es dafür dann nicht gereicht hat, ist etwas schade, weil es eine Logiklücke darstellt.

"He is the light of my life."

Laura nach dem Kampf gegen Shadows Angreifer
Foto: starz
Was in anderen Serien eine metaphorische Liebeserklärung sein soll, ist bei "American Gods" wortwörtlich zu nehmen. Nachdem Laura wieder auferstanden ist, sieht die Welt für sie anders aus. Die meisten Farben sind verschwunden, ihre Sicht ist nun eher weiß-blau, fast wie ein Negativ. Doch wenn Shadow sich in ihrer Umgebung befindet, erscheint an dieser Stelle ein kräftiges warmes Licht, das bis in den Himmel ragt. Auf diese Weise findet sie ihn und kommt bei ihm an, als er nach der Begegnung mit dem Gott der Technik von dessen "Kindern" fast umgebracht wird. Dieses Gemetzel hat man schon in der ersten Folge gesehen, doch es blieb offen, wer Shadow das Leben gerettet hat. Nun erfährt man: Es war Laura, mit ihren bloßen Händen und Füßen, wie sich nun zeigt. Dabei verliert sie einen Arm, der ihr nach einem Schlag einfach abfällt. Nach dem Kampf verschwindet sie, bevor Shadow sie sehen kann und läuft blutverschmiert und einarmig durch die Straßen zu ihrem Haus. Wie sie ihren Arm dabei mitten auf der Straße herumträgt, als sei es das Normalste überhaupt, brachte mich auch wieder zum Schmunzeln. Während sie sich in ihrem Haus sauber macht, kommt auch Shadow dorthin, wie man es in Folge zwei gesehen hat. Laura hat ihn durch das strahlende Licht schon entdeckt, bevor er das Haus betritt und versteckt sich vor ihm. Es eine tolle Idee, dass man im Nachhinein erfährt, wie oft sich die Wege der beiden noch gekreuzt haben.

Der Tod kann auch humorvoll sein

Laura hält es nicht lange im Sarg aus
Foto: starz
So deprimierend und trübsinnig die Szenen der lebendigen Laura waren, so amüsant sind einige ab dem Zeitpunkt ihres Todes. Es scheint fast so, als hätte erst der Tod sie mit etwas mehr Leben gefüllt. Einen dieser witzigen Momente gibt es, als Laura auf Audrey trifft. Die ist vollkommen hysterisch und zeigt zur Abwechslung mal eine andere Reaktion auf das Unglaubliche. Sowohl Shadow als auch Laura nehmen alles sehr unaufgeregt, beinahe gelassen, hin. Sie ist das komplette Gegenteil und wechselt zwischen Schock, Wut, Ekel und Angst hin und her. Laura hingegen bleibt die Ruhe selbst. Sie lächelt sogar und begrüßt sie freundlich. Hierfür braucht es keine lustigen Sätze. Der Humor dieser Folge lebt von der Situationskomik: Beispielsweise als Audrey vor Laura mit dem Handy ins Bad fliehen will, das aber noch am Kabel hängt und sie in ihrem Lauf abrupt stoppt. Auch als Laura fragt: "Is [Robbie] still dead?" und Audrey auf diese Möglichkeit erst entsetzt reagiert und dann mit Sarkasmus antwortet: "I mean he was, I haven't seen him", zeigt wieder einen lustigen Augenblick. Diese Szenen lockern nicht nur die Stimmung auf, sie lassen die Charaktere auch sehr menschlich wirken. Laura ist kein hirntotes Monster. Sie verhält sich größtenteils noch immer wie sie es vor ihrem Tod gemacht hat und geht auch mit anderen Leuten ganz normal um. Nachdem Audrey und Laura noch ein relativ vernünftiges Gespräch geführt haben, hilft Audrey ihrer Ex-Besten-Freundin ihren Arm provisorisch anzunähen. Von Audrey erfährt sie auch, dass Shadow seit der Beerdigung von der Affäre weiß. Laura erklärt, dass sie es bereut und weiß, wie falsch es war. Dass ihr diese Einsicht allerdings erst nach dem Tod kommt, ist doch reichlich spät und macht es schwer, sie vollkommen zu mögen. Audrey hingegen ist sogar so nett, dass sie Laura zu Shadow fährt. Auch die Fahrt ist unterhaltsam, besonders als Audrey fragt, wie sich die untote Betrügerin ihre Versöhnung mit Shadow vorstellt: “You gonna have a zombie baby? A zombie dog?“ 

Kurzer Zwischenstopp

Bevor sie Shadow erreicht, wird Laura erneut von Anubis aufgesucht. Er konnte es anscheinend nicht auf sich beruhen lassen, dass diese Seele einfach so verschwunden ist. Zuvor hat er Laura gesagt, dass er sich nicht an sie erinnern wird, doch das hat sich geändert, denn er begrüßt sie mit den Worten "You, I remember." Was etwas überraschend kommt: Statt sie zurück zu holen, hilft er ihr. Er bringt ihren Arm sorgfältig an ihren Körper an und lässt ihre graue Haut mit Farbe wieder lebendig wirken. Bevor sie geht, verspricht Anubis ihr aber noch, dass er seine Aufgabe erledigen wird: "When you are done, I will complete my task and deliver you into darkness." Auch hier findet sich eine kleine Parallele zu Shadow. Schließlich soll auch er, sobald Mr. Wednesdays (Ian McShane) Plan ausgeführt wurde, von Czernobog (Peter Stormare) erschlagen werden. Auf beide wartet also noch der Tod, auch wenn es bei Laura vielmehr die Vollendung ihres Todes ist. Laura macht sich anschließend auf den Weg zu Shadow. Die Folge endet mit der gleichen Szene wie die dritte, nur dass sie dieses Mal aus Lauras Sicht gezeigt wird. Sie begrüßt ihn mit "Hi, Puppy" und lässt den Zuschauer bis zur nächsten Folge auf eine Fortführung dieser Szene warten.

Fazit

Beinahe ein "The Walking Dead"-Feeling
Foto: starz
Einer ganzen Folge nur Rückblicke aus Lauras Leben zu widmen, hat mich am Anfang verwundert. Mir war nicht ganz klar, was es der Geschichte bringt, denn die Hälfte der ersten Staffel ist vorbei. Doch am Ende der Folge hat sich diese Ansicht geändert. Die Folge wird genutzt, um einige Fragen zu beantworten und Storylines zu vollenden. Außerdem wird Laura sehr gut vorgestellt und gezeigt, wie viel Potential sie für die weiteren Folgen haben kann. Sie ist nicht unbedingt der sympathischste Figur, aber auf jeden Fall interessant. Dass die Serienmacher sich hier nur auf ihren Charakter konzentriert haben, hat mir letztendlich doch gut gefallen. Nachdem ich Laura Moon kennengelernt habe, freue ich mich auf weitere Folgen mit ihr und wie ihre Geschichte als Untote fortgesetzt und in die gesamte Handlung mit eingebunden wird. Dennoch bleibt die Frage, inwieweit die Geschichte bis zum Ende der Staffel fortgeführt wird. Die Hälfte ist vorbei und insgesamt ist noch nicht viel passiert. Deshalb hoffe ich, dass nicht zu viel Handlung in die restlichen Episoden gepackt wird, um das auszugleichen.


Natürlich werde ich die Serie weiterverfolgen und auch die kommenden Folgen rezensieren. Alle Episoden, die ich besprochen habe, findet ihr hier.

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