Montag, 16. April 2018

Evolution - Die Quelle des Lebens (Thomas Thiemeyer) - Rezension

"Evolution - Die Quelle des Lebens" ist der dritte und letzte Teil aus Thomas Thiemeyers Jugendbuch-Trilogie. Der Roman ist im Arena Verlag erschienen und umfasst 416 Seiten. 

Nachdem die Gruppe um Jem und Lucie den beschwerlichen Weg durch die Wüste überwinden musste, kommt sie endlich am Ziel an: die Oase der Zeitspringer. Doch nicht alle sind wohlbehalten zusammen. Katta ist spurlos verschwunden und Lucie liegt im Koma. Jem und seine Freunde lernen die oberste Ratgeberin GAIA kennen, die sie freundlich aufnimmt und viele ihrer Fragen beantwortet. Schnell beginnen sie darauf zu hoffen, mit ihrer Hilfe wieder ins Jahr 2017 zurückzukommen. Trotzdem ist die Gruppe vorsichtig, den Bewohnern der Oase einfach so zu vertrauen. Denn die scheinen ihre eigenen Ziele zu verfolgen und die Jugendlichen in einen perfiden Plan einbinden zu wollen. Dieser könnte bald über die Zukunft der Erde und aller Lebewesen entscheiden. 


Gelungener Abschluss einer tollen Trilogie

Wartet in der Oase ein Weg nach Hause?
Foto: Arena Verlag
Als ich mit dem Buch begonnen habe, konnte ich wie beim zweiten Teil sehr leicht in die Welt eintauchen. Obwohl es schon ein gutes halbes Jahr her ist, dass ich "Der Turm der Gefangenen" gelesen habe, hatte ich keine Probleme, wieder in die Geschichte zu finden. Eine Hilfe dafür ist auf jeden Fall die kurze Zusammenfassung der letzten beiden Teile im Buch. Ich habe darüber zwar schon bei meiner Rezension zum zweiten Band gesprochen, aber ich möchte trotzdem nochmal erwähnen, dass diese "Was bisher geschah"-Einleitung eine tolle Idee ist und wirklich öfter in Buchreihen benutzt werden sollte. 
In "Die Quelle des Lebens" lernt der Leser wieder eine neue "Welt" kennen. Dieses Mal ist es die technologisch sehr fortgeschrittene Enklave - eine gigantische Glaskuppel, in der die Menschen Schutz vor den Bedrohungen der Umwelt gesucht und eine neue Gesellschaft aufgebaut haben. Mir gefällt es richtig gut, dass jeder Band an einem anderen Ort spielt. Das ist ein tolles Konzept dieser Geschichte. Sie wird über die Trilogie toll erschaffen und wirkt insgesamt sehr durchdacht und rund. Jeder Band bietet dabei etwas Neues - nicht nur eine neue Umgebung, sondern auch neue Charaktere. Es kommt keine Langeweile auf und außerdem habe ich nach Beenden des Finales wirklich das Gefühl, diese Zukunftsversion unserer Erde sehr gut kennengelernt zu haben. 
Wie immer überzeugt Thomas Thiemeyer mit seinem flüssigen und spannenden Schreibstil. Ähnlich wie bei den Vorgängern bin ich auch hier durch die Seiten geflogen und hatte das Buch innerhalb von anderthalb Tagen beendet. Es gibt nicht andauernd nur Action, aber trotzdem gibt es keine langweiligen Stellen. Ich hatte beim Lesen nie den Eindruck, dass sich irgendwelche Szenen zu sehr ziehen, sie haben immer genau die richtige Länge. Es wird zwischen vielen Perspektiven gewechselt, was die Handlung abwechslungsreich und temporeich macht, ohne unübersichtlich zu werden. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist definitiv, dass es so gut wie keine Momente gibt, die klischeehaft oder überzogen sind. In vielen Jugendbüchern gibt es hier und da gerne mal Szenen, die so klischeehaft sind, dass ich kurz mit den Augen rollen muss. In diesem Band hatte ich keinen einzigen dieser Momente. Die Figuren wirken immer sehr natürlich und echt. Es wirkt außerdem auch nichts konstruiert, nur um künstlich Spannung zu erzeugen. Die Handlung ist in sich einfach sehr gut aufgebaut und verliert nie den roten Faden. 
Eine Frage, die mich seit dem ersten Teil beschäftigt hat, ist die nach der Zeitreise. Die Geschichte beginnt ja damit, dass die Gruppe mit dem Flugzeug durch die Zeit springt und in der Zukunft landet. In "Die Quelle des Lebens" gibt es darauf endlich Antworten und Erklärungen. Ich habe diese Reihe mit einem wirklich positiven, zufriedenen Gefühl beendet, da auf viele offene Aspekte eingegangen wird und keine großen Fragen zurückbleiben. Das Ende ist zwar nicht wirklich überraschend, doch trotzdem gibt es auf dem Weg dahin einige unerwartete Ereignisse und Wendungen. Mareks Sinneswandel ist einer davon. Seit dem zweiten Teil hat er sich von seinen Freunden abgewendet, sie verraten und ist wie ein Besessener davon überzeugt, dass die neue Welt großartig ist. Am Ende des Finales trifft er dann eine Entscheidung, die gegen all das geht, woran er eigentlich geglaubt hat. Diese Wendung war toll eingebaut und ich habe sie nicht kommen sehen. 

Schlaue Pläne und ein ungewohnter Gegenspieler

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist eines der zentralen Themen der Reihe. Die ersten zwei Bände haben sich stärker darauf konzentriert, die Feindschaft zwischen den beiden Parteien zu veranschaulichen. Jetzt kommt es auch zu einer Annäherung, die sich schon am Ende von Band zwei angedeutet hat. Mir gefällt besonders gut, dass die verschiedenen Standpunkte sehr ausführlich behandelt werden. Der Leser versteht, wieso die Menschen in der Oase die Tiere verabscheuen, warum Jem, Lucie und ihre Freunde sich ihnen anvertrauen und warum die Tiere sich gegen die Menschen gestellt haben. Es wird sehr interessant veranschaulicht, wie die verschiedenen Positionen zusammenstoßen. ("Lucie ballte verzweifelt die Hände zu Fäusten. 'Es muss doch auch eine Lösung geben, die irgendwo in der Mitte liegt. Eine Koexistenz zwischen Mensch und Tier. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nur die Wahl zwischen schwarz und weiß haben.'") Dabei gibt es keine kindischen Diskussionen. Die Charaktere agieren meistens sehr erwachsen und treffen nie überstürzte Entscheidungen. Das ist mir besonders in diesem letzten Band sehr positiv aufgefallen. Die Figuren rennen nicht kopflos in gefährliche Situationen: Sie planen, diskutieren und stimmen ab, was sinnvoll ist. Jeder trägt dabei etwas zum Plan bei, sodass es toll ist, mitzuverfolgen, wie er langsam Gestalt annimmt. Außerdem gibt es keine unnötigen, sinnlosen Dramen zwischen ihnen. Dadurch macht es deutlich mehr Spaß, sie bei ihrem Weg zu begleiten, als wenn man als Leser ständig damit rechnen muss, dass jemand etwas Dummes macht. 
Wie schon kurz erwähnt, gibt es auch wieder viele verschiedene Perspektiven und Handlungsstränge, die parallel verlaufen. Obwohl man im ersten Moment meinen könnte, das sorgt für Verwirrung, hat es bei mir das Gegenteil bewirkt. Dank der gleichzeitigen Handlungen ist mehr Zeit vorhanden, um alle Charaktere gut einzubauen, wodurch keiner zu sehr in den Hintergrund rückt. Ich habe mir anfangs Sorgen gemacht, als noch weitere neue Charaktere hinzugekommen sind. Das war eines meiner Probleme im zweiten Band, bei dem ich zwischendurch mal den Überblick verloren habe. Doch in diesem Teil ist das nicht der Fall. Tatsächlich schafft es Thiemeyer hier, den einzelnen Figuren durch die Aufteilung genug einprägsame Szenen zu geben, dass sie alle in Erinnerung bleiben. Bei 13 Charakteren, die abwechselnd im Fokus stehen (nicht jeder bekommt Kapitel aus der eigenen Sicht), ist das definitiv ein ganz schöner Balance-Akt, den der Autor toll gemeistert hat. Ich fand beispielsweise gerade im ersten Band Zoe und Katta recht blass. Im Finale hingegen werden sie deutlich vielschichtiger und interessanter. Katta gerät in eine aussichtslose Lage und ist auf sich alleine gestellt, bevor sie unerwartet Hilfe bekommt. Ihre Entwicklung zu verfolgen hat mir richtig gut gefallen. Anfangs ist sie vollkommen verängstigt und verzweifelt, doch die Situation macht sie letztendlich stärker. Dadurch wird sie als Charakter toll ausgearbeitet. Insgesamt ist deutlich erkennbar, dass die meisten Figuren eine Entwicklung durchgemacht haben und die guten und schlechten Erlebnisse während dieser Zeit sie verändert haben, was mir ebenfalls super gefällt.
Als Gegenspieler haben die Jugendlichen diesmal etwas ganz Besonderes: eine künstliche Intelligenz. Einerseits finde ich das sehr spannend, weil es mal etwas anderes ist. Andererseits ist es als Leser aber auch schwierig, die Entscheidungen dieses Computerprogramms zu verstehen. Es ist schon etwas anderes, wenn ein Mensch etwas tut, weil oft eine Überzeugung dahinter erkennbar ist. Bei diesem Gegner ist das deutlich schwächer vorhanden. Das bringt eine gewisse Unberechenbarkeit mit sich, was gut ist. Thiemeiyer bringt das Unmenschliche, Kalte der künstlichen Intelligenz toll zum Vorschein. Gleichzeitig fehlt dadurch aber auch eine echte Persönlichkeit, was den "Charakter" weniger interessant macht.

Fazit

Das Finale der "Evolution"-Trilogie schließt die Geschichte um Jem, Lucie und ihre Freunde gut ab und beantwortet dabei wichtige offene Fragen aus den Vorgängern. Der letzte Teil kann ebenfalls durch eine tolle Weltenbildung und eine spannende Handlung überzeugen. Der tolle Schreibstil sorgt zusätzlich für einen temporeichen Lesespaß. Trotz der vielen Charaktere entsteht keine Verwirrung, weil die Figuren auf verschiedene Handlungsstränge aufgeteilt werden. Somit rückt keiner in den Hintergrund. Dadurch werden auch die Jugendlichen, die zuvor blass erschienen, vielschichtiger. Insgesamt ist die Reihe sehr durchdacht aufgebaut und erzählt eine in sich sinnvoll abgeschlossene Geschichte. Daher kann ich diese Trilogie definitiv empfehlen.


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