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Dienstag, 9. Januar 2018

Netflix Original Serien - Kurzrezensionen (Teil 4)

"Netflix" bringt jeden Monat mehrere neue Eigenproduktionen heraus. Nur wenige schlagen ein wie eine Bombe - zum Beispiel "Stranger Things" (hier geht es zu unserer Rezension der zweiten Staffel). Die meisten Serien haben zwar eine solide Fanbase, sind dem größeren Publikum aber höchstens vom Namen her bekannt. In unserer Reihe "Kurzrezensionen" legen wir daher besonders Wert darauf, "Netflix"-Eigenproduktionen vorzustellen, die nicht mit großen Werbeplakaten in allen deutschen Städten beworben werden. In den vergangenen drei Teilen  haben wir bereits über Sendungen wie "Paranoid", "The Killing", "Greenhouse Academy" und "The OA" gesprochen (hier kommt ihr zu allen bisherigen Beiträgen - auch zum Thema Filme). Nun widmen wir uns zwei neuen Serien - und einer bereits rezensierten. Klickt auf die Titel, um euch die Trailer anzuschauen. 

An dieser Stelle gehe ich auf Sendungen ein, die "Netflix" selbst als "Original" bezeichnet, obwohl sie teilweise auch im Fernsehen ausgestrahlt oder von Drittanbietern produziert wurden. Da ich alle englischsprachigen Serien in der Originalversion angesehen habe, kann ich keine Aussagen zu der Qualität der deutschen Synchronisation treffen.


Travelers 

Carly, Marcy, Grant, Philip & Trevor
Foto: Netflix
"Travelers" ist eine kanadische Co-Produktion von "Netflix" und "Showcase", deren zweite Staffel vor zwei Wochen veröffentlicht wurde. In der Serie geht es darum, die Fehler der Menschheit auszubügeln - bevor sie begangen werden. In der Zukunft ist es technisch möglich, das Bewusstsein einer Person auszulöschen und durch das einer anderen zu ersetzen. Teams von Freiwilligen werden trainiert und ihre Seele anschließend ins 21. Jahrhundert geschickt, wo sie vom Körper eines sterbenden Menschen Besitz ergreifen. Die Traveler (Reisende) verhindern den Tod ihres Gast-Körpers und führen sein Leben so unauffällig wie möglich weiter. Nebenbei müssen sie Aufträge aus der Zukunft erfüllen, die den Verlauf der Geschichte zum Positiven hin verändern sollen. Dazu gehören das Verhindern einer Epidemie, das Aufhalten von Terroranschlägen oder der Schutz von Kindern, die später einmal wichtige Führungspositionen einnehmen werden. Im Fokus der Serie steht ein fünfköpfiges Traveler-Team: Der verheiratete FBI-Agent Grant MacLaren (Eric McCormack), die junge, alleinerziehende Mutter Carly Shannon (Nesta Cooper, #realityhigh), die geistig behinderte Marcy Warton (MacKenzie Porter), der High-School-Schüler Trevor Holden (Jared Abrahamson) und der drogenabhängige Student Philip Pearson (Reilly Dolman). 

Das Leben im 21. Jahrhundert ist schwerer als gedacht
Foto: Netflix
"Travelers" ist eine der Serien, bei denen ich froh war, dass ich mich nach der mittelmäßigen ersten Staffel dazu durchgerungen habe, mir trotzdem die zweite anzugucken. Die Handlung ist zu Beginn sehr konfus und verstrickt, was auch daran liegt, dass jede der fünf Hauptfiguren ein völlig anderes Leben führt, zu dem unterschiedliche Menschen gehören und in dem unterschiedliche private Probleme gelöst werden müssen. Mit der Zeit pendelt sich die Geschichte jedoch ein und die Zahl der Nebenhandlungen wird reduziert, sodass die Serie deutlich unverkrampfter und ruhiger wird. Leider bleibt sie dennoch relativ unüberschaubar, da der Zuschauer nur wenig über die Zukunft und den Master Plan erfährt. Wie in den meisten Science-Fiction- und Fantasy-Geschichten werden die Regeln der übernatürlichen Phänomene, in diesem Fall das "traveln", nur sporadisch erklärt und regelmäßig verbogen, damit sie zur Handlung passen. So lautet eins der sechs Traveler-Protokolle, dass sie kein Leben nehmen dürfen, außer sie bekommen einen Auftrag, der das Gegenteil verlangt. Tatsächlich töten die Reisenden aber ständig irgendjemanden - auch außerhalb ihrer Missionen, werden dafür aber nie bestraft oder ermahnt. Auch an anderen Stellen widerspricht sich die Serie selbst. Mehrmals wird deutlich gemacht: Jeder Traveler bekommt eine intensive Vorbereitung, um im Beruf und seinem sozialen Umfeld keinen Verdacht zu erregen. Dennoch ist Carlys erster Schritt im 21. Jahrhundert zu googlen, wie man sich um ein Baby kümmert und MacLaren weiß nicht, dass seine Frau Kathryn (Leah Cairns) nur "Kat" genannt wird.
Trotz High-School-Alter fällt Trevor fast nie auf
Foto: Netflix
Die Logiklöcher und Unstimmigkeiten in der Zeitachse sind nervig, aber nichts Neues. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Geschichte gesehen oder gelesen zu haben, in der Zeitreisen tatsächlich konsequent und stringent durchgezogen wurden, ohne sich irgendwann selbst zu widersprechen. Auch in der deutschen "Netflix"-Serie "Dark (hier geht es zu unserer Diskussion), die in drei verschiedenen Jahrzehnten spielt, gab es viele Stellen, an der die Handlung keinen Sinn ergeben hat. Trotz der Fehler hat mich "Travelers" in der zweiten Staffel gut unterhalten. Das lag vor allem daran, dass die Charaktere sich endlich mit ihrer Situation arrangiert hatten und der Fokus dementsprechend nicht mehr ständig zwischen Mission und fünf privaten Handlungssträngen hin und her gesprungen ist. Außerdem sind die Folgen abwechslungsreicher. Eine besteht beispielsweise nur daraus, immer und immer wieder dasselbe Szenario durchzuspielen, um zu verhindern, dass die fünf Hauptcharaktere am Ende erschossen werden. Gestört hätte mich dieses Ergebnis aber weniger, da sie mir nicht sonderlich sympathisch sind. Carly mag ich beispielsweise überhaupt nicht, da sie blind das tut, was ihr aus der Zukunft diktiert wird und sich keine Gedanken macht, warum sie einige Katastrophen und tragische Todesfälle nicht verhindern dürfen. Nur Philip denkt von Anfang an selbstständig und trifft auch eigene Entscheidungen.


Project MC2

"Smart is the new cool!"
Foto: Netflix
Die US-amerikanische "Netflix"-Show "Project MC2" richtet sich an ein jugendliches Publikum und besteht aus sechs Mini-Staffeln. In der Sendung geht es um eine Gruppe von intelligenten Schülerinnen, die sich mit Technik, Wissenschaft und Ingenieurswesen beschäftigen. McKeyla McAlister (Mika Abdalla) ist neu in der kleinen kalifornischen Stadt Maywood Glen. Durch ihr teils seltsames Verhalten weckt sie die Neugierde von drei Mitschülerinnen. Die kulinarische Chemikerin Adrienne Attoms (Victoria Vida), die Technik- und Social-Media-Verrückte Bryden Bandweth (Genneya Walton) sowie die hochintelligente Erfinderin Camryn Coyle (Ysa Penarejo) schnüffeln McKeyla nach. Die bemerkt es und offenbart ihnen, dass sie eine Agentin der rein weiblichen Geheimorganisation NOV8 ist. McKeylas Mutter (Danica McKellar) und Chefin von NOV8 bietet Adrienne, Bryden und Camryn an, probeweise bei einem Auftrag zu helfen. Ab der zweiten Staffel bekommen die vier Jung-Agentinnen zudem Hilfe von zwei weiteren Mitschülerinnen, der cleveren Botanikerin Ember Evergreen (Belle Shouse) und der vorlauten Graffiti-Künstlerin Devon D'Marco (Staffel 2-4: Alyssa Lynch; Staffel 5: Maddie Phillips).

Ideale Outfits für eine Kostümparty in der Schule!
Foto: Netflix
"Project MC2" habe ich 2015 entdeckt, kurz nachdem die erste Staffel erschienen ist. Ich habe sie dann immer laufen lassen, wenn ich bei meinen Hobbys oder beim Essen Hintergrundgeräusche brauchte. Tatsächlich fand ich die Sendung ganz witzig. Handlung und Charaktere sind sogar für eine Teenie-Serie ungewöhnlich bunt, schräg und überdreht. Dabei rutschen sie nur selten ins Lächerliche ab - zum Beispiel jedes Mal, wenn die Mädchen sich für eine Party oder ein Event schick machen müssen. Dann liefern sich die Kostümbildner einen Kampf darum, wer die seltsamste Mixtur aus Farben, Stoffen, Perücken, Effekten und unnötigen Schichten entwerfen kann. Ansonsten konzentriert sich die Serie zum Glück größtenteils auf die Talente der Mädchen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). McKeyla hat einen Freund, den sie ständig zugunsten der Arbeit vernachlässigt. Ansonsten beschäftigt sich "Project MC2" nur sehr selten mit den Themen, die in Teenie-Sendungen normalerweise eine wichtige Rolle spielen. Die Fähigkeiten der Mädchen sind außergewöhnlich - zu außergewöhnlich, um noch nachvollziehbar oder glaubwürdig zu sein. Dennoch finde ich es toll, dass es auch Sendungen gibt, in denen die Heldinnen ihr Ziel alleine durch ihre Intelligenz und ihren Ehrgeiz erreichen - ohne magische Kräfte oder anderweitige Hilfe.
An den Haarfarben kann man sie unterscheiden
Foto: Netflix
Allerdings ist die Serie sehr unübersichtlich. Von den sechs Staffeln bestehen zwei aus sechs Folgen, zwei aus fünf Folgen, eine aus drei Folgen und eine aus nur einer Folge. Dazu kommt die Tatsache, dass sich die Anzahl der Hauptfiguren stetig erhöht. Neben Adrienne, Bryden, Camryn, Devon, Ember und McKeyla kommt irgendwann auch noch deren ältere Schwester Maddy dazu. Zu den besten Zeiten sind also sieben junge Agentinnen gleichzeitig im Einsatz. Harmonieren tun sie jedoch nicht, da einige deutlich sinnvollere Fähigkeiten und Talente haben als die anderen. Daher stehen häufig zwei oder drei von ihnen tatenlos herum. Viel gibt es auch nicht zu tun, denn die Antagonisten entsprechen allesamt der Bilderbuchversion eines Bösewichts: Sie haben ein fieses Lachen und stumme, grobe Handlanger, schmieden umständliche, zum Scheitern verurteilte Pläne und unterschätzen die Agentinnen völlig und lassen sie alleine gefesselt zurück. Ein zweites Mal werde ich mir "Project MC2" nicht angucken, aber für Zwischendurch war die Serie ganz nett und die intelligenten Heldinnen sind begrüßenswert!


Berlin Station - Staffel 2

Deutlich besser als Staffel 1!
Foto: Epix
In meinem vorherigen Kurzrezensionen-Post habe ich bereits über "Berlin Station" gesprochen (hier geht es zum Beitrag). Damals war die zweite Staffel noch nicht erschienen und ich habe nur die erste bewertet. Da zwischen den beiden aber Welten liegen, habe ich mich entschlossen, noch einmal darauf einzugehen. In der zweiten Staffel kehrt CIA-Agent Daniel Miller (Richard Armitage) nach Berlin zurück. Er soll sich in eine Neonazi-Zelle einschmuggeln, in der Otto Ganz (Thomas Kretschmann) und seine Tochter Lena (Emilia Schüle) einen Anschlag planen. Die CIA vermutet, dass die rechte Politikerin Katerina Gerhardt (Natalia Wörner) und ihre Partei PfD (Perspektive für Deutschland) die Attacke in Auftrag gegeben haben, um kurz vor der Bundestagswahl Angst und Unmut im Land zu wecken. Während seines Undercover-Einsatzes trifft Daniel auf seinen alten Kollegen Hector DeJean (Rhys Ifans), der sich nach den Ereignissen der letzten Staffel in Spanien versteckt. Derweil gibt es in der Station zwei neue Gesichter: BB Yates (Ashley Judd), die die Leitung übernommen hat und April Lewis (Keke Palmer), eine junge, ambitionierte Agentin. Beim deutschen Verfassungsschutz steht mittlerweile Esther Krug (Mina Tander) an der Spitze.

Agentin Edwards (r.) lernt die PfD-Spitze kennen
Foto: Epix
Die zweite Staffel "Berlin Station" macht genau die Dinge richtig, die ich an der ersten bemängelt habe. Ich mochte vor allem die verstrickte Geschichte nicht. Sie hatte keinen erkennbaren roten Faden und war wenig spannend, da von Anfang an feststand, wer der gesuchte Whistleblower war. Außerdem fand ich es schade, dass die Handlung nicht so viel Bezug zu Berlin hatte. Die Geschichte hätte überall spielen können. Das ist in den neuen Folgen anders. Im Fokus steht die fiktive PfD und ihre zentralen politischen Figuren Katerina Gerhardt und Joseph Emmerich (Heino Ferch). Es ist mehr als offensichtlich, dass die AfD hier als Vorbild gedient hat. Doch das ist ein Vorteil. Die Geschichte wirkt realistisch, bedrückend und ist dennoch (vor allem für amerikanische Verhältnisse) sehr sachlich. CIA-Agentin Valerie Edwards (Michelle Forbes, The Killing) lässt sich mit dem rechten Politiker Emmerich ein, im Verlauf der Affäre erfahren sie und der Zuschauer mehr über ihn. Dabei wird schnell klar, dass er kein rassistisches Monster ist, sondern ein freundlicher, eloquenter, korrekter Mann, der sich Sorgen um die Zukunft seines Landes macht. Genau diese Rechten sind am gefährlichsten - werden in Filmen, Büchern und Serien aber häufig durch grobschlächtige, Hassparolen schreiende Nazis ersetzt. Otto und Lena Ganz passen hingegen in diese stereotype Vorstellung. Die beiden wirken wie aus der Zeit gefallen und wollen weder zu allen anderen Charakteren, noch in die Handlung passen. Die Folge, bei der sie im Vordergrund standen, war mit Abstand die schlechteste und langweiligste der Staffel.
April ist deutlich disziplinierter als ihre Kollegen
Foto: Epix
Mit Ausnahme von den beiden haben mir auch die Charaktere deutlich besser gefallen als beim letzten Mal. Die CIA-Agenten sind lockerer geworden, deutlich sympathischer und agieren viel mehr mit ihrer Umgebung. Anstelle von langen Gesprächsrunden im Büro und nächtlichen Verfolgungsjagden durch Berliner Hinterhöfe, stürzen sie sich nun mitten ins Geschehen - sei es eine Parteikundgebung oder eine spontane Undercover-Aktion. Während die Verbundenheit/Liebe/Abhängigkeit zwischen Esther Krug und Daniel Miller in der ersten Staffel fast das einzige war, das die amerikanische Seite mit der deutschen verbunden hat, sind die meisten beruflichen und privaten Konstellationen nun international. Mit April Lewis ist zudem ein Charakter dazugekommen, mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann. Ich hatte erst Bedenken, ob ein junger, ehemaliger Nickelodeon-Star als CIA-Agentin durchgehen kann, doch die Sorge war unbegründet. Im Gegensatz zu ihren älteren Kollegen reflektiert sie ihre Arbeit noch bevor sie handelt. So steht sie in einer Folge vor der Frage, ob es jemand wie Katerina Gerhardt verdient hat, zu sterben. Diesen inneren Konflikt stellt Keke Palmer sehr authentisch und nachvollziehbar dar. Überhaupt ist es schön, einen Millenial-Charakter im Fernsehen zu sehen, der frei von Stereotypen ist und nicht auf sein Alter reduziert wird. Ich freue mich schon riesig auf die dritte Staffel, die im Dezember in Auftrag gegeben wurde.


Das waren meine "Netflix"-Kurzrezensionen. Da der Streaming-Anbieter immer wieder neue Serien und Staffeln herausbringt, wird es sicher nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema sein. Alle Posts zum Thema "Netflix" findet ihr hier.

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Mittwoch, 8. August 2018

Netflix Original Serien - Kurzrezensionen (Teil 8)

Kaum eine Woche vergeht, in der "Netflix" nicht mehrere "Originals" herausbringt. Mittlerweile hat der Streaming-Anbieter hunderte eigenproduzierte Filme und Serien im Repertoire. In unser Reihe Kurzrezensionen stellen wir regelmäßig einige vor und verraten, ob sich das Bingewatchen lohnt. Alle bisherigen Beiträge findet ihr hier. In unserem achten Teil der Serien-Kurzrezensionen geht es diesmal um einen Krimi, ein Drama und eine Komödie. Klickt auf die Titel, um euch die Trailer anzuschauen.
An dieser Stelle gehe ich auf Sendungen ein, die "Netflix" selbst als "Original" bezeichnet, obwohl sie teilweise auch im Fernsehen ausgestrahlt oder von Drittanbietern produziert wurden. Da ich alle internationalen Serien in der Originalversion ansehe, kann ich keine Aussagen zu der Qualität der deutschen Synchronisation treffen.


Safe

Warum ist Zoé (M.) abgebildet?
Foto: Netflix
Diese Serie ist eine Koproduktion von "Netflix" und dem französischen Sender "Canal+". Sie entstand nach einer Idee des Krimiautors Harlan Coben und wurde mit britischen Schauspielern in Großbritannien gedreht. Ein Großteil der Handlung spielt innerhalb einer "Gated Community", einer bewachten Wohnanlage, in der jeder jeden kennt und die Welt scheinbar in Ordnung ist. Das heile Bild der Bewohner wird zerstört, als die sechzehnjährige Jenny Delaney (Amy James-Kelly) nach einer Party verschwindet. Ihr Vater Tom (Michael C. Hall), der seine Frau schon vor einem Jahr an den Krebs verloren hat, setzt alles daran, um seine Tochter zu finden. Als Jennys neunzehnjähriger Freund Chris Cahal (Freddie Thorp) tot aufgefunden wird, beginnen auch Toms Affäre, die Kommissarin Sophie Mason (Amanda Abbington, Sherlock) und ihre neue Kollegin Emma Castle (Hannah Arterton) mit den Ermittlungen. Dabei werden immer mehr dunkle Geheimnisse ans Licht gebracht, denn jeder in der Wohnanlage scheint etwas zu verheimlichen.

Neils (Joplin Sibtain) & Zoés Sohn ist getötet worden
Foto: Netflix
"Safe" macht denselben Fehler, wie schon zahlreiche andere "Netflix"-Serien davor, beispielsweise "Collateral" oder "Le Chalet": zu viele Charaktere. Der Zuschauer lernt gefühlt zwanzig Figuren näher kennen, die sich alle mehr oder weniger auffällig verhalten. Irgendwann im Verlauf der Handlung stellt sich heraus, was sie zu verbergen versuchen. Leider ist das in den wenigsten Fällen spannend. Die meisten Geheimnisse sind entweder früh vorhersehbar oder so irrelevant, dass sie schnell in Vergessenheit geraten. Bei der jungen Kommissarin Emma Castle ist beispielsweise von Anfang an klar, dass sie irgendeinen wichtigen Grund gehabt haben muss, sich in die beschauliche Gegend versetzen zu lassen. Der kommt relativ schnell heraus und ist so unglaublich platt, dass er danach noch ein paar Mal kurz erwähnt wird, aber sonst in der Versenkung verschwindet - genauso wie Emma selbst, da Tom und Sophie gegen Ende fast alles alleine regeln. Ein anderes Beispiel ist die Lehrerin Zoé Chahal (Audrey Fleurot). Sie wird konsequent in den Vordergrund gerückt: Sie taucht häufiger auf als andere, ebenbürtige Charaktere - sogar auf dem Poster der Serie ist sie als einzige neben den beiden Protagonisten zu sehen. Dabei hat sie - das ist kein großer Spoiler - kaum Einfluss auf die Geschichte. Mit Ausnahme der Tatsache, dass sie die Mutter des toten Chris ist, hat sie keine wirkliche Verbindung mit der Kriminalgeschichte. Dasselbe gilt für fast alle anderen handelnden Nebenfiguren, jedoch wird keine davon so sehr in den Fokus gestellt wie Zoé.
Was ist mit Jenny in der Partynacht geschehen?
Foto: Netflix/Ben Blackall
Die meisten Serien mit einer Vielzahl von Charakteren haben eine unruhige und unstrukturierte Erzählweise zur Folge. Der Kern der Serie - der Verbleib von Jenny und die Suche nach Chris' Mörder - ist eigentlich nur eine Ausrede, um die vermeintlichen Abgründe der Nachbarn zu erkunden. Aber es bleibt keine Zeit, um die Figuren dem Zuschauer so nahezubringen, dass er sich ehrlich für sie interessiert. Mir war sowohl das Schicksal der verschwundenen Jenny, als auch die persönlichen Verwicklungen der anderen Charaktere ziemlich egal. Sie alle werden von Anfang an so unsympathisch und platt dargestellt, dass es schwer fällt, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Es ist, als wäre man in eine neue Gegend gezogen und würde die fremden Nachbarn beobachten - ohne irgendetwas über sie und ihre Persönlichkeit zu wissen. Auch die Handlung wirkt eher lieblos gestaltet. Sie folgt einem Standard-Muster, wie es bereits in zahlreichen Krimis und Thrillern vorkam (Achtung, Spoiler!): Als Kinder waren die meisten der Protagonisten befreundet und haben durch einen dummen Streich eine Katastrophe ausgelöst, bei der mehrere Menschen starben. Jahrelang werden sie nicht belangt, weil sie die Tat verschweigen oder ihre Eltern sie vertuschen. Viele Jahrzehnte später taucht dann plötzlich jemand auf, der die mittlerweile erwachsenen Mörder zur Rechenschaft ziehen will und damit eine neuerliche Katastrophe auslöst. Mir fallen spontan zwei Serien (darunter "Le Chalet"), zwei Filme und eine "Tatort"-Folge ein, wo exakt dasselbe passiert. Nichtsdestotrotz ist "Safe" kein schlechtes Format, was vor allem an den soliden schauspielerischen Leistungen liegt - allen voran Amanda Abbington als zwiespältige Polizistin Sophie. Falls ihr die Sendung bereits gesehen habt: Schreibt gerne in die Kommentare, wann ihr Chris' Killer erraten hattet. Ich denke, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder man ahnt es gleich zu Beginn oder man verdächtigt die Person bis zum Schluss kein einziges Mal und wird völlig überrascht. In beiden Fällen liegt jedoch nahe, die Frage zu stellen: Wozu hat es 90 Prozent der Handlung eigentlich gebraucht? Denn gegen Ende wird klar, dass die ganzen einzelnen Geschichten wirklich größtenteils überhaupt nichts miteinander zu tun. Schade ist auch: Es wird nicht mehr gezeigt, wie die anderen Charaktere auf die Identität des Mörders reagieren. 


Samantha!


Samantha will wieder nach oben
Foto: Netflix
Hierbei handelt es sich um das dritte brasilianische "Netflix Original" - nach "3%" und "O Mecanismo". In der Serie geht es um den ehemaligen Kinderstar Samantha (Emanuelle Araújo). In den 80ern war sie ein singendes und tanzendes Idol, dem die Herzen Brasiliens nur so zuflogen. In der Gegenwart ist sie eine abgehalfterte Schauspielerin, die verzweifelt versucht, wieder Fuß im Showbusiness zu fassen - sei es durch eine Fake-Ehe mit einem reichen Reality-Star, einen Job als Gastjurorin in einer Castingshow oder einen sexistischen Werbespot. Dabei wird Samantha tatkräftig von ihren beiden Kindern, der Feministin und Umweltschützerin Cindy (Sabrina Nonato) sowie dem an seinen Memoiren schreibenden Brandon (Cauã Gonçalves), unterstützt. Als deren Vater Dodói (Douglas Silva), ein ehemaliger Profi-Fußballer, nach vielen Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird, steht plötzlich auch Samanthas Privatleben Kopf. 

Samantha war der Star der "Plimplom Gang"
Foto: Netflix
Als ich mich für unsere "Auf diese Bücher, Filme und Serien freuen wir uns 2018!"-Liste durch die "Netflix"-Ankündigungen geklickt habe, bin ich auch auf "Samantha!" aufmerksam geworden. Die Beschreibung klang nach einer frischen, witzigen und abwechslungsreichen Serie, daher habe ich sie im Gedächtnis behalten. Im Juli wurde dann endlich die erste Staffel - die zweite ist bereits bestellt - veröffentlicht. Wie die meisten anderen Comedysendungen folgt auch "Samantha!" nur einem groben roten Faden. Die erste Folge beginnt in den 80ern und zeigt die junge Protagonistin hinter den Kulissen ihrer eigenen Show. Danach wird ihre Lebenssituation in der Gegenwart gezeigt und die einzelnen Charaktere näher vorgestellt. Damit bildet der Pilot eine Ausnahme, denn alle anderen Episoden laufen so ziemlich nach demselben Muster ab: Samantha hat ein Jobangebot oder eine Idee, wie sie Fans dazu gewinnen kann. Das geht natürlich völlig schief und sie muss sich irgendwie aus einer unangenehmen Situation befreien. Ihre Kinder und Dodoi sind immer dabei - mal helfen sie ihr, mal haben sie eine eigene Agenda. Die Folge endet dann ziemlich genau an der ursprünglichen Ausgangssituation: Keiner hat irgendetwas Signifikantes erreicht. Ich persönlich bin kein Fan von Serien ohne nennenswerten roten Faden. Bei "Samantha!" ist das verständlich, da die Geschichte erzählerisch zu wenig hergibt, um eine Handlung für mehrere Episoden aufrechtzuerhalten. Dennoch wird das immer gleiche Muster schnell langweilig. 
Brandon (vorne) ist der heimliche Star der Serie!
Foto: Divulgação/Netflix
Außerdem hat mich die inkonsequente Charakterisierung der Protagonistin gestört. In den Rückblenden sieht man Samantha als arrogante, egoistische und verschlagene Neunjährige, die ihre gleichaltrigen Co-Stars und die Mitarbeiter der Sendung terrorisiert und verspottet. In der Gegenwart ist sie zwar noch immer sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht, doch sie hat auch Mitleid mit anderen, ist eine treusorgende Mutter und geht für den Erfolg nicht über Leichen. Das steht in krassem Gegensatz zu der Samantha aus den 80ern. Es ist realistisch, dass sich jemand innerhalb von rund 30 Jahren verändert, doch der Zuschauer kann den Sinneswandel nicht nachvollziehen. In der Serie wird die Zeit zwischen dem neunten Lebensjahr der Protagonistin und der Gegenwart fast gänzlich übergangen. Die einzigen Ausnahmen sind zwei kurze Szenen, in denen Samanthas Hochzeit mit Dodoi und ein Ausflug mit ihren Kindern zum Gefängnis gezeigt wird. Warum ihre Karriere geendet und was sie in der Zwischenzeit getan hat, kommt nie zur Sprache. Ich hätte es auch interessant gefunden, etwas über ihr Eltern zu erfahren, da sie immer wieder erwähnt, seit ihrem fünften Lebensjahr "Samantha" zu sein. Es ist also naheliegend, dass ihre Eltern sie zu einem Kinderstar erzogen haben. Doch die beiden spielen überhaupt keine Rolle. Stattdessen tauchen nur Samanthas ehemalige Co-Stars auf, die dank des bösartigen Verhaltens der damals Neunjährigen allesamt psychische Schäden zu haben scheinen. Leider wird die Protagonistin weder in den Rückblenden noch in der Gegenwart so intensiv charakterisiert, dass ihr Verhalten und ihre Weiterentwicklung verständlich wäre. Das ist zwar nervig, aber sie ist ohnehin nur schmückendes Beiwerk, denn der wahre Star der Serie ist meiner Meinung nach ihr Sohn Brandon. Der hochintelligente Knirps ist witzig, warmherzig und hat tolle Sprüche auf Lager. Ein Spin-Off mit ihm als Hauptfigur würde ich sofort angucken! Er ist auch der Grund, weshalb ich die nächste Staffel "Samantha!", die voraussichtlich nächstes Jahr erscheint, nicht verpassen werde. 
Der blutige Schnee wird zum Symbol
Foto: Netflix

Dieses US-amerikanische "Original" basiert auf dem russischen Film "The Major" und wurde von Veena Sud, Schöpferin der fantastischen "Netflix"-Serie "The Killing", produziert. Die zentralen Themen in "Seven Seconds" sind Polizeigewalt und die "Black Lives Matter"-Bewegung. Der junge Polizist Peter Jablonski (Beau Knapp) fährt durch einen New Yorker Park, als er den Anruf bekommt, dass seine Frau Marie (Michelle Veintimilla) in den Wehen liegt. Für einen Moment ist der Ordnungshüter abgelenkt, übersieht den Teenager Brenton Butler (Daykwon Gaines) auf seinem Fahrrad und überfährt ihn. In seiner Panik ruft Jablonski seinen Vorgesetzten Mike DiAngelo (David Lyons) an, der ihn überzeugt, die Spuren zu verwischen und wegzufahren. 12 Stunden lang liegt der verletzte Brenton im Straßengraben, bis er endlich gefunden wird. Später stirbt er im Krankenhaus. Während sein Vater Isaiah (Russell Hornsby) Kraft im Glauben sucht, setzt seine Mutter Latrice (Regina King) alles daran, den Schuldigen zu finden. Offiziell werden der Ermittler Joe "Fish" Rinaldi (Michael Mosely) und die Staatsanwältin K.J. Harper (Clare-Hope Ashitey) auf den Fall angesetzt. Als der Verdacht auf die Polizeibeamten fällt, schlägt Brentons Tod immer höhere Wellen: Denn er ist dunkel- und Jablonski hellhäutig.

Der Preis für die inkompetentesten Ermittler geht an...
Foto: Netflix
Auf kaum eine "Netflix"-Serie war ich so gespannt wie auf "Seven Seconds": Wichtige, gesellschaftliche Themen verpackt in einem Drama mit Krimi-Elementen - das klang sehr vielversprechend. Ich habe mir direkt am Erscheinungstag die erste Folge angesehen und dann weitere sechs Monate gebraucht, um die restlichen neun anzuschauen. Denn so emotional und realistisch die Serie auch sein mag, sie hat mich überhaupt nicht gepackt. Der Hauptgrund ist derselbe, wie bei zahlreichen anderen "Netflix"-Eigenproduktionen auch, beispielsweise "Tote Mädchen lügen nicht", "Glacè", "Le Chalet" oder "Superstition": Die Handlung wird künstlich in die Länge gezogen. Jede der zehn Folgen ist zwischen 54 und 80 Minuten lang. In dieser Zeit sieht der Zuschauer größtenteils Harper und Fish dabei zu, wie sie der Lösung des Falls immer wieder nahekommen, um dann einen unerklärlich dummen, falschen Schluss zu ziehen. Außerdem sind beide in höchstem Maße unsympathisch: Der Kommissar hat viel zu gute Laune dafür, dass er im Todesfall eines Fünfzehnjährigen ermittelt und kaut ununterbrochen mit weit geöffnetem Mund schmatzend Kaugummi. Die Staatsanwältin ist währenddessen ein jammerndes, sich in Selbstmitleid suhlendes Häufchen Elend, das lieber betrunken Karaoke singt, als sich um den Fall zu kümmern. Durch Eskapaden wie diese geht der Geschichte trotz brisanter Aktualität, grandioser schauspielerischer Leistungen und zahlreichen gefühlsbetonten Szenen schnell die Luft aus. Wäre die Handlung in nur vier oder fünf Stunden erzählt worden, hätte "Seven Seconds" sicher den Top-"Netflix"-Serien gehört. Da sich die Handlung aber nicht wirklich auf das Wesentliche konzentriert und sich immer wieder in Nichtigkeiten verliert, hat sie viele Längen und schafft es nicht, die emotionale Spannung zu halten.
Regina King liefert eine Emmy-würdige Darbietung!
Foto: Netflix
Besonders für eine Person ist das schade: Regina King, die Brentons trauernde, verzweifelte Mutter spielt. Ihr Darbietung hätte definitiv einen Emmy verdient! Mit ihrem intensiven Spiel schafft sie es, wie niemand sonst in der Serie, die Geschichte lebensecht wirken zu lassen. Seien es Wut, Trauer, Hass, Rache, Resignation oder Hoffnung - King geht in jeder einzelnen Emotionen auf und bringt es fertig, dem Zuschauer jede noch so kleine Gemütsregung nur mit einem Blick verständlich zu machen. Besonders in den letzten beiden Folgen spielen auch die anderen Darsteller extrem gut. Im Gerichtssaal prallen schließlich die verschiedensten Emotionen aufeinander, was der brisanten Geschichte die Energie, Reibung und Gefühle verleiht, die in den vorherigen Episoden auf der Strecke geblieben sind. Im Showdown konzentriert sich die Handlung endlich auf die Elemente, die wirklich zählen, sodass ich erstmals froh war, die Serie nicht nach der ersten Folge abgebrochen zu haben. Es ist auch begrüßenswert, dass das Ende von "Seven Seconds" realistisch gehalten ist. Zu oft treffen Serien und Filme die enttäuschende Entscheidung, ein Happy End aus dem Hut zu zaubern, obwohl es wenig glaubwürdig ist und jeglichen Fakten widerspricht. Bei diesem "Netflix Original" ist das anders. Obwohl man den Charakteren als Zuschauer etwas anderes - positives wie negatives - gewünscht hätte, sind die finalen Minuten sehr nah an dem dran, was vermutlich bei einem echten Fall geschehen wäre. Schade ist nur, dass die Schicksale der einzelnen Figuren schnell abgehakt werden und nicht mehr aufgeklärt wird, wieso sie sich für bestimmte Wege entschieden haben. 


Das waren meine "Netflix"-Kurzrezensionen. Da der Streaming-Anbieter immer wieder neue Serien und Staffeln herausbringt, wird es sicher nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema sein. Alle Posts zum Thema "Netflix" findet ihr hier.

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Dienstag, 29. Mai 2018

Netflix Original Serien - Kurzrezensionen (Teil 6)

Wir lieben "Netflix" und sind immer wieder beeindruckt, wie breit gefächert und vielseitig die Eigenproduktionen des Streaming-Anbieters sind. Deshalb nutzen wir die Reihe Kurzrezensionen, um Sendungen und Filme vorzustellen, die wir uns in den letzten Wochen angesehen haben. Dieses Mal geht es wieder um Serien - in vorherigen Beiträgen haben wir zum Beispiel über "Retribution", "Alias Grace" und "Travelers" gesprochen (hier kommt ihr zu allen bisherigen Beiträgen). Klickt auf die Titel, um euch die Trailer anzuschauen.
An dieser Stelle gehe ich auf Sendungen ein, die "Netflix" selbst als "Original" bezeichnet, obwohl sie teilweise auch im Fernsehen ausgestrahlt oder von Drittanbietern produziert wurden. Da ich alle englischsprachigen Serien in der Originalversion angesehen habe, kann ich keine Aussagen zu der Qualität der deutschen Synchronisation treffen.


Collateral

Das Poster sieht wirklich klasse aus!
Foto: Netflix
Die vierteilige Miniserie ist eine Koproduktion von BBC und "Netflix". Es geht um den Mord am jungen Pizzalieferanten Abdullah Asif (Sam Otto), der auf offener Straße erschossen wurde. Die schwangere Kommissarin Kip Glaspie (Carey Mulligan) und ihr Kollege Nathan Bilk (Nathaniel Martello-White) nehmen die Ermittlungen auf. Schnell finden sie Hinweise, dass der Schütze vermutlich in den Reihen des Militärs zu finden ist. Der Fall hat somit eine hohe politische Brisanz, vor allem da Abdullah gemeinsam mit seinen beiden Schwestern Fatima (Ahd Kamel) und Mona (July Namir) als Flüchtling nach Großbritannien gekommen war. Im Laufe der Ermittlungen stoßen Kip und Nathan auf immer mehr Personen, die irgendwie mit dem Mord in Verbindung stehen. Darunter der Politiker David Mars (John Simm), dessen Ex-Frau Karen (Billie Piper) die Pizza bestellt hatte, die der Tote liefern sollte und die lesbische Pfarrerin Jane Oliver (Nicola Walker), deren illegal in England lebende Freundin Linh (Kae Alexander) als Einzige den Mord beobachtet hat. 

Jane (r.) steht zwischen Glaube und Liebe 
Foto: BBC/Netflix
Wie die Beschreibung schon andeutet, gibt es in dieser Sendung unwahrscheinlich viele Charaktere, die alle irgendwie in den Fall verstrickt sind. In jeder Folge tauchen mehr Figuren auf, die komplett neue Handlungsstränge anreißen oder an einen bereits vorhandenen anknüpfen. Prinzipiell mag ich es, wenn Serien Aufmerksamkeit erfordern und komplex sind. Bei "Collateral" sind viele Fährten jedoch völlig unnötig. Der Zuschauer lernt kaum einen Charakter - seien es Ermittler, Opfer, Täter oder Angehörige - näher kennen. Die meisten von ihnen sind nur schmückendes Beiwerk und tragen nicht wirklich etwas zur Handlung bei (Ob die Sendung daher den Namen "Collateral" (zu deutsch etwa "begleitend") trägt?). Stattdessen stehen sie der Lösung des Falls eher im Weg. Alle Personen haben eigene Probleme oder Konflikte, mit denen sie fertig werden müssen - dazu gehören Homosexualität und Religion unter einen Hut bekommen, Drogenabhängigkeit, posttraumatische Belastungsstörung und illegale Einwanderung. Alles spannende Konflikte, die aber leider aufgrund der Fülle nur Randnotizen sind. Es wäre wünschenswert gewesen, die Zahl der Themen zu verringern und den verbleibenden mehr Zeit zu widmen.
Kennt Fatima (l.) den Mörder ihres Bruders?
Foto: BBC/Netflix
Besonders im Hinblick auf den Fokus der Serie: das Leben von Flüchtlingen in Großbritannien. Kommissarin Glaspie sieht sich nicht nur mit dem Schicksal des Opfers und seiner Schwestern konfrontiert, sondern auch mit den Interessen verschiedener Organisationen. Es gibt zwar einige interessante Szenen, in denen das Thema vertieft wird, doch keine Situation und Position wird wirklich detailliert dargestellt. Stattdessen werden immer wieder die Konflikte der Charaktere aufgegriffen, die mit der Kerngeschichte nicht wirklich viel zu tun haben. So wirkt alles - vom Fall, über die politischen Aspekte, bis hin zu den Figuren - sehr vage. Kaum eine Situation aus "Collateral" bleibt langfristig im Gedächtnis, was auch daran liegt, dass die Serie sehr nüchtern und emotionslos ist. 


Greenhouse Academy - Staffel 2

Endlich geht die Geschichte voran!
Foto: Netflix
In einem früheren Post habe ich bereits über dieses Remake einer israelischen Jugendsendung gesprochen (klickt hier für die Kurzrezension). Da sich die zweite Staffel aber deutlich von der ersten unterscheidet, gehe ich nun noch einmal separat auf sie ein. Die neuen Folgen schließen nahtlos an die vorherigen an. Brooke Osmond (Grace van Dien) ist als einzige der Schüler den konspirativen Machenschaften an der "Greenhouse Academy" auf der Spur. Als sie die geheime Höhle am Strand entdeckt, wird sie von Judy Hayward (Nadine Ellis) gefangen genommen. Als Brooke kurze Zeit später zu ihren Mitschülern zurückkehrt, verhält sie sich merkwürdig. Ihr Ex-Freund Daniel (Chris O'Neal), der auch Judys Sohn ist, versucht herauszufinden, was geschehen ist. Dabei überschneiden sich seine Ermittlungen mit denen von Hayley Woods (Ariel Mortman). Sie glaubt mittlerweile, dass ihre Mutter nicht (zu Beginn der ersten Staffel) bei einem Raketenunglück gestorben ist, sondern wegen ihrer Forschungen irgendwo festgehalten wird. Trotz persönlicher Differenzen, Probleme und Liebeskummer raufen sich die Schüler der beiden Häuser (Eagles und Ravens) zusammen, um den Dingen gemeinsam auf die Spur zu gehen.

Daniel und Hayley begeben sich auf Spurensuche
Foto: Netflix
Endlich wendet sich die Geschichte den mysteriösen Vorkommnissen zu! In der ersten Staffel gab es zwar Andeutungen, worum es sich dabei handelt, doch die Szenen waren kurz und keiner der Schüler hat etwas davon mitbekommen. Stattdessen drehten sich die Folgen um die seltsamen Unterrichtspraktiken der Academy, die nervigen Wettkämpfe zwischen den Häusern und die wenig glaubwürdigen Beziehungen untereinander. Die ersten beiden Punkte fallen in der zweiten Staffel fast vollständig weg. Dafür konzentriert sich die Serie nun auf die Geheimnisse und Verschwörungen um Hayleys Mutter und deren Forschungen. Wirklich spannend wird die Geschichte zwar nie - was auch daran liegt, dass die große Wendung bereits in den letzten Sekunden der ersten Staffel verraten wurde - dennoch ist es unterhaltsam, den Schülern beim Ermitteln zuzusehen.
Aspen ist das personifizierte übertriebene Drama
Foto: Netflix
Obwohl sich auch die neuen Folgen mit den Problemen der Teenager beschäftigen, wird diesmal von eckigen Nebenhandlungen und unnötigem Drama abgesehen. Lediglich einen massiven Störfaktor gibt es noch: die neue Schülerin Aspen Fairchild (Reina Hardesty). Sie vereint praktisch alle Eigenschaften, die einen Charakter unleidlich werden lassen: Aufgedrehtheit, Falschheit, aufgesetztes Grinsen, Ignoranz, nervtötendes Lachen und zwanghafte Dominanz in allen Szenen. Sie lenkt vom eigentlichen Geschehen ab und ist schlicht und ergreifend furchtbar anstrengend. Mit Ausnahme von diesem Drama wird die Handlung jedoch erfreulich stringent und schnörkellos erzählt. Auch die Dialoge klingen deutlich flüssiger und weniger künstlich als in der ersten Staffel. Zwar reicht "Greenhouse Academy" qualitativ noch immer nicht an die meisten anderen "Netflix"-Serien für Teenager heran, doch die zweite Staffel ist eine große Verbesserung im Vergleich zur ersten.


Das ist das englische Poster
Foto: Netflix
Hierbei handelt es sich um eine von "France Télévisions" produzierte Serie, die von "Netflix"vertrieben wird. Sie handelt von einer Gruppe Dreißigjähriger, die nach einigen Jahren in ihr Heimatdorf in den französischen Alpen zurückkehrt, um dort Urlaub in einem Landhaus zu machen. Manu Laverne (Marc Ruchmann) reist mit seiner schwangeren Verlobten Adèle (Emilie de Preissac) an, die neugierig auf die Kindheitsfreunde ihres Liebsten ist. Manus bester Freundin Alice Bordaz (Agnès Delachair) vergeht die Wiedersehensfreude, als sie feststellt, dass auch Sébastien Genesta (Nicolas Gob) angereist ist, der ihr als Teenager das Leben zur Hölle gemacht hat. Auf dem Weg zum Chalet stürzt die einzige Brücke hinter dem Autokorso ein - das Dorf ist von der Außenwelt abgeschnitten. Während sich die Jugendfreunde mit ihren Lebenspartnern in dem Landhaus einrichten, versuchen einige Bewohner Hilfe zu holen. Nach zahlreichen "Unfällen" mit Todesopfern, erhärtet sich der Verdacht, dass einer aus der Gruppe die anderen auslöschen will. Nach und nach findet Adèle heraus, was sich vor 20 Jahren in dem Chalet ereignet hat: Die letzten Mieter, eine vierköpfige Familie, waren über Nacht plötzlich verschwunden.

Das sieht ja definitiv höchst suspekt aus!
Foto: France Télévisions/Netflix
Ich habe mich dagegen entschieden, alle zentralen Charaktere zu nennen. Das hätte den Rahmen einer normalen Inhaltsangabe definitiv gesprengt, denn es gibt rund ein Dutzend Figuren, die im Landhaus wohnen und noch einmal so viele Personen im Dorf. Es gibt immer wieder Rückblicke, auch dort kommen noch einige Charaktere hinzu. Die Protagonisten werden im Jahr 1997 von jugendlichen Darstellern verkörpert, wodurch der Zuschauer nachhalten muss, wer wer ist. In dieser Hinsicht erinnert "Le Chalet" an die deutsche "Netflix"-Serie "Dark". Auch dort gibt es rund zwei Dutzend zentrale Figuren, die teilweise von mehreren Schauspielern dargestellt werden. Leider ist die französische Serie ebenso unübersichtlich wie die aus Deutschland. Von den Personen im Landhaus werden nur wenige vorgestellt, bei einigen erfährt der Zuschauer erst in einer späteren Folge, wie sie heißen und mit wem sie verheiratet, verwandt oder befreundet sind. Das Unterscheiden der vielen Charaktere wird zusätzlich erschwert, da sie nie alle in einem Raum sind und daher zu Beginn nicht einmal klar ist, wie viele es überhaupt sind.
Am Ende bleiben nicht viele Charaktere übrig
Foto: France Télévisions/Netflix
Die Geschichte ist ebenso wirr, was vor allem daran liegt, dass sie keinem wirklichen roten Faden folgt. Die Protagonisten pendeln ständig zwischen Chalet und fast verlassenem Dorf hin und her, erinnern sich an alte Zeiten und gehen alltäglichen Beschäftigungen nach. Die eigentliche Handlung hätte auch in einem anderthalbstündigen Film erzählt werden können. Leider wird sie auf sechs rund einstündige Folgen ausgeweitet, in denen rein gar nichts passiert. Selbst bei den Todesfällen will keine Spannung aufkommen, da sie schnell abgearbeitet werden und der Zuschauer die Charaktere zu wenig kennt, um Mitleid oder Trauer zu empfinden. Außerdem verschleiert die Serie nicht, wer für die Morde verantwortlich ist. Bereits in der ersten Folge wird kaum Zweifel daran gelassen, welcher der Chalet-Bewohner das dunkle Geheimnis hütet. In den weiteren fünf Episoden gibt es dann keinerlei Wendungen. Genau diese Person ist später der Täter - mit exakt dem Motiv, das bereits in den ersten Minuten der Serie klar war. Lediglich die Identität des Komplizen bleibt lange im Dunklen. Das ist aber so unspektakulär, dass es die Auflösung auch nicht interessanter macht. Alles in allem ist "Le Chalet" vor allem eins: eine gigantische Zeitverschwendung.


Das waren meine "Netflix"-Kurzrezensionen. Da der Streaming-Anbieter immer wieder neue Serien und Staffeln herausbringt, wird es sicher nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema sein. Alle Posts zum Thema "Netflix" findet ihr hier.

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Freitag, 9. Februar 2018

Netflix Original Filme - Kurzrezensionen (Teil 3)

"Netflix" bringt jeden Monat mehrere neue Eigenproduktionen heraus. In unserer Reihe "Kurzrezensionen" legen wir besonders Wert darauf, die vorzustellen, die nicht mit großen Werbeplakaten in allen deutschen Städten beworben werden. Laura hat euch bereits einige Original Filme des Streaming-Anbieters vorgestellt - darunter "iBoy", "Little Evil" und "The Incredible Jessica James" (klickt hier für Teil 1 und hier für Teil 2). Heute rezensiere ich drei weitere Filme. Klickt auf die Titel, um euch die Trailer anzuschauen. 


Open House

Wer oder was lauert im Haus?
Foto: Netflix
Familienvater Brian Wallace (Aaron Adams, Blindspot) wird auf einem Parkplatz angefahren und stirbt. Er hinterlässt einen hohen Schuldenberg, sodass seine Ehefrau Naomi (Piercey Dalton) mit dem gemeinsamen Sohn Logan (Dylan Minnette, Tote Mädchen lügen nicht) vorübergehend in das Ferienhaus ihrer Schwester zieht. Das riesige Domizil liegt weit abgelegen in den Bergen und soll demnächst verkauft werden. Aus diesem Grund müssen die beiden jeden Sonntag ihr neues Zuhause räumen, da die Maklerin einen Tag der offenen Tür für Interessenten veranstaltet. Bald bemerkt Logan, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht: Verschiedene Gegenstände verschwinden spurlos, tauchen an völlig anderen Stellen wieder auf, nachts blinken die Scheinwerfer des Autos und der völlig intakte Warmwasserboiler im Keller geht ständig aus. Außerdem wundert sich Naomi über das seltsame Verhalten ihrer einzigen beiden Bezugspersonen. Nachbarin Martha (Patricia Bethune) kann sich nicht an ihre eigenen Aussagen erinnern und Ladenbesitzer Chris (Sharif Atkins) schleicht um das Gebäude herum. Die Vorkommnisse werden immer unheimlicher und die Familie muss um ihr Leben fürchten.

Naomi und Logan wissen nicht, wie ihnen geschieht
Foto: Netflix
Die schön-schaurige Atmosphäre ist der einzige große Pluspunkt des Films. Das Feriendomizil von Naomis Schwester sieht nicht aus wie ein stereotypes Spukhaus, sondern wirkt freundlich und einladend. Durch den einsamen, abgelegenen Ort und die Tatsache, dass Mutter und Sohn die meiste Zeit über alleine sind, herrscht automatisch ein mulmiges Gefühl. Bis kurz vor Ende passiert bei "Open House" eigentlich nichts Schlimmes - der wahre Horror spielt sich im Kopf ab. Ein paar komische Geräusche, ein paar deplatzierte Gegenstände und schon stellt man sich als Zuschauer dieselbe Frage wie Logan: Wie potenziell gefährlich ist so eine Hausbesichtigung eigentlich? Immerhin laufen wildfremde Menschen durch die eigenen vier Wände und sind dabei nicht ständig unter Aufsicht. Der Grusel entsteht hier nicht, wie so häufig in Filmen, durch übernatürliche Phänomene, sondern durch eine allgegenwärtige Urangst: Jemand dringt in das allerheiligste ein - das eigene Zuhause. Gegen Ende des Films sieht der Zuschauer nachts eine dunkle Gestalt durch die Flure schleichen - während nur wenige Schritte entfernt einer der Charaktere friedlich schläft oder die Toilette benutzt. Die Kameraperspektiven sehen toll aus und wirken durch ihren realistischen Blickwinkel umso beunruhigender.
Man erfährt nie, was genau im Hintergrund lauerte
Foto: Netflix
Die Drehbuchautoren Matt Angel und Suzanne Coote bieten auf verschiedenen Wegen mehrere Lösungsvorschläge an, die erklären könnten, was ihm Haus geschieht. Allerdings greifen sie am Ende keinen davon auf! Das ist der Grund, weshalb "Open House" trotz der grandiosen schaurigen Atmosphäre nicht zu empfehlen ist. In den letzten 20 Minuten nimmt die Handlung signifikant an Fahrt auf, ohne dass tatsächlich etwas erzählt wird. Der "Kopfkino-Horror" wird ersetzt durch Gewalt und Verfolgungsjagden. Die sind nicht ansatzweise so spannend und gruselig, wie die ruhigeren Szenen zuvor. Der Showdown endet dann sehr abrupt und ohne eine einzige Frage zu beantworten. Der Zuschauer kann sich lediglich durch das letzte gezeigte Bild zusammenreimen, was das "Motiv" des Eindringlings ohne Gesicht war. Ansonsten bleibt die Auflösung völlig schwammig und inhaltlos. Das ist besonders enttäuschend im Hinblick auf die zahlreichen interessanten Lösungsansätze, die vorher ins Spiel gebracht wurden. Offene Enden sind prinzipiell nichts Schlimmes, doch im Fall von "Open House" wird die Handlung überhaupt nicht verknüpft. Am Schluss ist der Film nichts anderes, als eine Aneinanderreihung von Szenen mit schauriger Stimmung.


Step Sisters

Jamilah ist hin- und hergerissen
Foto: Netflix
Jamilah (Megalyn Echikunwoke) ist Präsidentin ihrer schwarzen Studentinnenverbindung und choreographiert deren Stepptanzroutinen. Außerdem arbeitet sie für den Dekan (Robert Curtis Brown) ihres Colleges und plant, nach Harvard zu gehen, wo schon ihre erfolgreichen Eltern studiert haben. Um gute Chancen für die Aufnahme an der Elite-Universität zu haben, braucht sie deren Empfehlungsschreiben. Die beiden weigern sich jedoch, ihrer Tochter zu helfen, da sie sich den Platz selbst verdienen soll. Dekan Berman hat ebenfalls in Harvard studiert und bietet an, ein gutes Wort für Jamilah einzulegen. Die Bedingung: Sie soll den Ruf einer anderen Studentinnenverbindung wiederherstellen, indem sie sie zum Sieg bei einem Stepptanzturnier führt. Allerdings besteht die Schwesternschaft fast ausschließlich aus weißen, feierwütigen Mädchen - darunter die arrogante Präsidentin Danielle (Lyndon Smith), Jamilahs Freundin Beth (Eden Sher) und die trottelige Südstaatlerin Libby (Gage Golightly). Jamilah beginnt die mehr oder weniger willige Gruppe zu trainieren, erzählt ihrer eigenen Verbindung aber nicht, dass sie die schwarze Tradition mit Weißen teilt.

Mehr Stereotyp als diese Outfits geht nicht!
Foto: Netflix
Jemand lässt ein Dutzend Tussis mit heller Haut über Menschen mit dunkler Haut lästern; ein Dutzend Tussis mit schwarzer Haut über Menschen mit weißer Haut lästern; bringt noch Stereotypen über beide Gruppen, Schwule, Nerds, Frauen und Millenials ein; garniert das Ganze mit einer Zombie-Party, Witzen über Michelle Obama, peinlichen Dialogen und viiiiiiiel Geschrei. Was kommt dabei heraus? Der "Netflix"-Film "Step Sisters". Vom Prinzip her geht die Handlung in eine wirklich spannende Richtung: kulturelle Aneignung. Allerdings findet Drehbuchautor Chuck Hayward keinen klugen Weg, mit dem Thema umzugehen. Stattdessen erfindet er eine überdrehte, laute Geschichte mit größtenteils unsympathischen Charakteren und wirft zwischendurch ein paar dramatische Worte ein. Die meisten dieser kurzen, flammenden Reden klingen wie Instagram-Bildunterschriften. Dem kontroversen und emotionalen Thema werden sie jedenfalls nicht gerecht.
Danielle (l.) & Jamilah können sich schwer einigen
Foto: Netflix
Das liegt auch daran, dass der Film generell sehr herzlos wirkt. Es gibt zwar rund zwei Dutzend Charaktere, doch kaum einer ist mehr als ein wandelndes Klischee. Viele Gefühle kommen beim Zuschauer einfach nicht an, da er die Figuren nicht wirklich kennenlernt und sie sich ihm nicht öffnen. Ein Beispiel ist Jamilahs Liebesgeschichte, die zudem völlig belanglos ist und getrost hätte weggelassen werden können: Sie ist zu Beginn des Films seit längerer Zeit mit Dane (Matt McGorry) zusammen, der weiß ist und gegen Rassismus kämpft. Irgendwann beendet die Protagonistin die Beziehung einfach und wirft ihm allerhand vor. Das ist für den Zuschauer schwer nachvollziehbar, da er Dane nur in wenigen, kurzen Szenen erlebt hat. Jamilahs weitere Liebelei endet ebenfalls in einem Drama für das es scheinbar keinen Anlass gibt. Der Film folgt generell keiner stringenten Erzählweise. Es gibt unzählige Nebenhandlungen, die später einfach nicht mehr aufgegriffen werden und Probleme, die aus dem Nichts entstehen und sich genauso schnell von selbst lösen. Schlussendlich kommt alles zu kurz: Das spannende, kontroverse Thema; die Charaktere; die Erzählung... nur die Klischees werden ausführlich und von allen Seiten beleuchtet - leider ohne Ironie.


When We First Met

Noah (r.) ist in der Friendzone
Foto: Netflix
Noah (Adam Devine) hat in der Halloween-Nacht 2014 seine große Liebe Avery (Alexandra Daddario) kennengelernt. Für ihn war es das perfekte erste Date, für sie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Nur einen Tag später begegnete Avery ihrem Traummann Ethan (Robbie Amell), wodurch Noah nie die Chance hatte, ihr seine Gefühle zu gestehen. Drei Jahre später, auf der Verlobungsfeier der beiden, betrinkt er sich hemmungslos und landet schließlich in dem Fotoautomaten, in dem er Halloween 2014 mit Avery gewesen war. Er wirft eine Münze ein und wünscht, er könne sein damaliges Verhalten ändern. Im nächsten Moment wacht er in seinem Bett auf - am Morgen des 31. Oktobers 2014. Noah setzt nun alles daran, das Herz seiner großen Liebe zu erobern. Nach jedem Versuch wacht er wieder in der Gegenwart auf und erfährt, welche Konsequenzen seine Entscheidungen hatten. Er muss jedoch feststellen, dass er damit nicht nur sein und Averys Leben, sondern auch das von ihren besten Freunden Max (Andrew Bachelor) und Carrie (Shelley Hennig) sowie das von Ethan verändert.

Dieser Automat kann mehr, als nur Fotos machen
Foto: Netfllix
Filme über Zeitreisen und -schleifen gibt es wie Sand am Meer, dennoch ist "When We First Met" wirklich unterhaltsam. Das liegt vor allem an Hauptdarsteller Adam Devine, der in seiner Rolle aufgeht und keinerlei Scheu hat, wie ein Depp dazustehen. Noah ist ein sympathischer Charakter, der sich seiner Liebsten angenehmerweise nicht allzu sehr aufdrängt, sondern stattdessen ehrlich versucht, ihr Herz zu erobern. Was "When We First Met" von anderen, ähnlichen Filmen unterscheidet, ist die realistische Stimmung, denn es wird völlig auf unnötiges Drama verzichtet. Die Charaktere haben keine schockierenden Geheimnisse und machen sich auch nicht gegenseitig das Leben schwer. Noah ist beispielsweise neidisch auf Ethan, verhält sich ihm gegenüber aber dennoch freundlich und versucht nie, ihm Avery in der Gegenwart auszuspannen. Auf rührselige Romantik und langatmige Weisheiten - à la "Bleib dir selbst treu!" - wird ebenfalls verzichtet. 
Ob Noah als "American Dream" Erfolg hat?
Foto: Netflix
Stattdessen konzentriert sich der Film voll und ganz auf den Humor. Der ist angenehm dezent und rutscht nur vereinzelt in den Klamauk ab - beispielsweise wenn Carrie Noah mit einer Zimmerpflanze verprügelt, weil sie ihn für einen Stalker hält. Es gibt auch viele kleine, witzige Running Gags, wie Noahs wechselnde Kostümwahl. Je nachdem, wie er Avery erobern will, entscheidet er sich für eine andere Halloween-Verkleidung. Als er ihr beispielsweise beweisen will, dass er ein Softie ist, geht er als "American Dream" - in seinem Fall Pyjama und Schlafbrille im Design der amerikanischen Flagge. Die anderen Gäste auf der Party haben übrigens ähnlich kreative und witzige Kostüme, da lohnt es sich, hinzugucken. Es zahlt sich ebenfalls aus, den Film bis zum Schluss zu schauen, denn er endet nicht so, wie man es im ersten Moment glauben könnte. Drehbuchautor John Whittington setzt "When We First Met" von anderen romantischen Komödien ab und wählt nicht den offensichtlichsten Ausgang. Zugegeben, der Umschwung wirkt nicht ganz so ungezwungen und nachvollziehbar wie der Rest der Handlung, dennoch ist es schön, etwas Kreativität in einem sonst eher festgefahrenen Genre zu sehen.


Das waren meine "Netflix"-Kurzrezensionen. Da der Streaming-Anbieter immer wieder neue Serien und Staffeln herausbringt, wird es sicher nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema sein. Alle Posts zum Thema "Netflix" findet ihr hier.

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