Sonntag, 20. August 2017

Blutiges Geheimnis - Ein Dorf in Angst (Daniel Abenthum) - Rezension

Der Krimi "Blutiges Geheimnis - Ein Dorf in Angst" ist im Juni 2017 erschienen und wird von Autor Daniel Abenthum selbst verlegt. Ich kann leider nicht sagen, wie lang das Buch ist, da die Nummerierung der E-Book-Version völlig willkürlich ist (Der Prolog hat die Seitenzahlen 94, 104 und 116.). Online gibt es auch unterschiedliche Angaben dazu.

Der brutale Mord an Schülerin Evelyn erschüttert das kleine Städtchen Dießen am Ammersee. Sie wurde erstochen und das Foto des Tatorts anonym an all ihre Mitschüler verschickt. Kurze Zeit später stirbt auch ihre Mutter auf grausame Art und Weise. Doch der Killer hat gerade erst angefangen. In dem verschlafenen Ort geht die Angst um: Was ist das Motiv des Serienmörders und wer wird sein nächstes Opfer sein? Bäckerstochter Lena ist wenig begeistert, als ihre Clique vorschlägt, selbst zu ermitteln. Schließlich macht sie sich doch mit ihrem Bruder Leon; seinem Freund Daniel; den Zwillingsschwestern Ann Sophie und Jana; Anns Freund Justin und dessen Bandkollegin Amelie auf die Suche nach dem Killer. Doch der hat die Gruppe schon längst im Blick.

Hausarrest für alle!

Ist es Stoff? Ist es Haut?
Foto: Amazon/Daniel Abenthum
Ich habe nicht leicht in die Handlung hineingefunden, was vor allem daran lag, dass mir alle Charaktere furchtbar unsympathisch waren. Die Geschichte wird aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt, daher lernt man die Personen schnell kennen. Im Fokus stehen die sieben völlig unterschiedlichen Teenager, die den Serienmörder auf eigene Faust finden wollen. Aus meiner Sicht haben sie nur eine Sache gemeinsam: Sie sind alle nervig und gedankenlos. Richtige Ermittlungen stellen sie nur zu Beginn der Mordserie an, danach unternehmen sie kaum noch einen Versuch, Informationen zu sammeln. Den einzigen echten Hinweis, den sie haben, behalten sie für sich, anstelle der Polizei davon zu erzählen. Der Großteil der Clique verbringt seine Zeit lieber damit, nachts alleine herumzulaufen, obwohl sie wissen, dass ein brutaler Mörder in ihrem Ort umgeht. Diese Fakten reichen eigentlich schon, um die Hauptcharaktere gerne ohrfeigen zu wollen. Doch ihr arrogantes Verhalten hat mich noch mehr gestört. Die Hobby-Ermittler Amelie und Leon überschätzen ihre Fähigkeiten total, während die reichen Zwillingsschwestern Ann Sophie und Jana ein Paradebeispiel für verwöhnte Gören sind ("Sag nichts gegen Dads Kreditkarten", erwiderte Jana aufheiternd. "Immerhin würde ich ohne die nicht überleben. Wie soll ich mir denn sonst meine Klamotten leisten? Aber du hast schon recht, Weißwein und Geld sollten nicht der einzige Trost in ihrem Leben sein."). Leider gelingt es Autor Daniel Abenthum nicht, die Teenager vielschichtiger darzustellen. Mit Ausnahme von Lena werden alle Personen auf einige wenige Attribute reduziert. So gibt es beispielsweise nur zwei Seiten an ihrem jüngeren Bruder Leon: Den Verliebten, der mit seinem Freund Daniel stundenlang übers Handy flirtet und den Möchtegern-Agenten, der am liebsten beim CIA arbeiten will, weil ihm das deutsche BKA zu langweilig ist. Die anderen Charaktere zeichnen sich vor allem durch seltsames Verhalten aus. Ihr neuer Lehrer erzählt Lena beispielsweise: "(...) ich bin neu in der Gegend und habe noch nicht viele Freunde." Welcher Pädagoge würde mit Schülern, die er gerade erst ein paar Wochen kennt, so über sein Privatleben sprechen? Der Wortlaut klingt auch eher nach einem Teenager als einem Erwachsenen.

Ene mene muh - der Täter bist du!

Es wird gerne in der Zeit herumgesprungen
Foto: Screenshot des Inhaltsverzeichnis
Abenthums Schreibstil ist mir ebenfalls negativ aufgefallen. Besonders zu nennen sind hier die vermeintlich jugendliche Sprache, meist beschränkt auf Schimpfworte wie "Schlampe" und melodramatische innere Monologe ("Sie sah auch nicht die blutige Schneide der Verwüstung vor sich, die alles und jeden zerstören würde, den sie liebte."). Leider sind mir auch mehrfach Fehler ins Auge gesprungen, zum Beispiel ein Raum und eine Bluse, die "blutbesiedelt" sind. Dazu kommt der ermüdende Aufbau der Kapitel. Ständig springt die Handlung zwischen den Perspektiven verschiedener Charaktere, was jedoch nicht zur Dynamik beiträgt. Denn die einzelnen Abschnitte sind teilweise nur eine halbe Seite lang und da die Charaktere nicht aktiv zur Handlung beitragen, beschränken sich ihre Schilderungen meistens auf ihren Alltag, was man sich getrost sparen könnte. Außerdem fungiert der Name der erzählenden Person nicht als Kapitelüberschrift, wie ich es schon in vielen Büchern hatte. Man erfährt erst im Laufe der ersten Sätze, um wessen Sicht es sich handelt. Außerdem gibt es häufig Sprünge in die Vergangenheit. Auch hier sind die betreffenden Kapitel selten länger als eine Seite, weshalb ich mich mehrfach gefragt habe, wieso man sie nicht zu weniger, dafür längeren Abschnitten zusammengefasst hat. Am Ende des Buches wird der Inhalt der Rückblicke fast wortwörtlich noch einmal wiedergeben, was den Showdown künstlich in die Länge zieht. So konnte mich selbst die Auflösung nicht fesseln.
Besonders enttäuscht hat mich die Identität des Mörders. Dem Autor gelingt es, einige überzeugende Hinweise einzustreuen, die den Leser auf falsche Fährten locken sollen. Ich habe zwischenzeitlich geschwankt, ob ich tatsächlich die richtige Person verdächtige. Letztendlich hatte ich recht und war von der sehr simpel konstruierten Aufklärung enttäuscht. Das Motiv ist nicht sonderlich kreativ. Erst vor kurzem hatte ich fast dasselbe in "Die Bestimmung des Bösen" von Julia Corbin (hier geht es zur Rezension). Außerdem kann der Täter auch leicht anhand des Krimi-Klassikers "Es-ist-immer-die-Person-die-scheinbar-nichts-mit-allem-zu-tun-und-kein-Alleinstellungsmerkmal-hat-aber-permanent-auftaucht." enttarnt werden. Weiterhin endet die Geschichte nach dem Showdown ziemlich abrupt. Zwar gibt es noch einen kurzen Epilog, doch der lässt einige Fragen offen. Zum Beispiel erfährt der Leser nicht, was mit einem der sieben Teenager passiert ist. Gegen Ende des Buches verschwindet er und wird auch von den anderen nicht mehr erwähnt. Die Reaktion der Dorfbewohner auf den Mörder, die letzten Opfer und die Hintergrundgeschichte bleiben leider ebenfalls auf der Strecke. Alles in allem wirkt der Abschluss sehr abrupt.

Fazit

Mich hat "Blutiges Geheimnis - Ein Dorf in Angst" enttäuscht. Die jugendlichen Hauptcharaktere sind furchtbar unsympathisch, weshalb es mir ziemlich egal war, was mit ihnen passiert. Dadurch konnte mich auch die Geschichte nicht fesseln. Viel Handlung gibt es sowieso nicht. Die Teenager wollen zwar ermitteln, doch mit Ausnahme von ein paar verschwörerischen Treffen unternehmen sie überhaupt nichts. Das Einzige, was die Geschichte vorantreibt, sind die Morde. Die letztendliche Auflösung ist jedoch unspektakulär. Täter und Motiv entsprechen vielen Krimi-Klischees, wodurch es leicht fällt, den Serienkiller zu erraten. Schlussendlich wird das Lesevergnügen auch durch zahlreiche Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler geschmälert.


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