Der Grund, warum ich mir den Roman "Murder Park" von Jonas Winner gekauft habe, ist recht einfach: Ich bin ein Fan von Freizeitparks (auch auf unserem Blog findet ihr Beiträge zum Thema), daher hat mich diese Geschichte interessiert. Vor allem durch das toll gestaltete Cover wurde meine Neugier geweckt.
Der Thriller ist im Juni 2017 bei "Heyne" erschienen und umfasst 416 Seiten.
Der Serienmörder Jeff Bohner hat vor 20 Jahren im Vergnügungspark "Zodiac Island" drei Frauen grausam getötet. Daraufhin wurde der Park geschlossen. Nun wird dort der "Murder Park" eröffnet. Eine Mischung aus Spaß und Schrecken soll den künftigen Besuchern ein einzigartiges Erlebnis bieten. Eine Gruppe von zwölf Personen wird vor der Eröffnung für ein Wochenende eingeladen. Doch aus dem Spiel wird schnell ein Überlebenskampf, als die ersten von ihnen ermordet werden. Es gibt kein Entkommen von der Insel, denn die nächste Fähre kommt erst in drei Tagen.
Irgendetwas zwischen Serienmördermuseum und Single-Börse
Wer ist der Mörder im Murder Park? Foto: Random House |
Die Idee hinter "Murder Park" klingt im Klappentext noch vielversprechend: „Eine Vergnügungsstätte, die mit unseren Ängsten spielt“, heißt es. Als dann das wahre Konzept präsentiert wird, war ich nicht mehr so überzeugt. Denn eigentlich soll es eine Verkupplungsstätte für Singles werden. Ihnen wird vorgespielt, dass ein Täter herumrennt und Menschen umbringt. Anscheinend soll dieses Szenario grandios für ein Date funktionieren. Daneben bietet der "Murder Park" aber auch eine beunruhigende Ausstellung über bekannte Serienmörder, allen voran natürlich Jeff Bohner. Zusätzlich soll es immer noch Freizeitparkattraktionen wie in "Zodiac Island" geben. Zum Zeitpunkt der Handlung befinden sich die aber noch im Aufbau. Worum genau es sich dabei handelt, bleibt größtenteils unklar. Man soll also verstört, aber gleichzeitig in romantische Stimmung versetzt werden und wer Lust hat, kann zwischendurch Riesenrad fahren. Ich hätte mir gewünscht, dass das Thema klarer definiert gewesen wäre. Es hat mir jedenfalls Kopfzerbrechen bereitet, warum er so ein zusammengewürfelter Ort ist, der drei Dinge gleichzeitig sein will.
Hinzu kommen die wenigen Beschreibungen der Umgebung. Der Park könnte wirklich ein beliebiger Ort sein, da viele Teile der Handlung entweder einfach irgendwo auf der Insel stattfinden oder im und um das Hotel der Teilnehmer. Ein Titel wie "Murder Hotel" oder "Murder Island" hätte letztendlich genauso gut gepasst. Meine Erwartung war, dass auch Elemente eines klassischen Vergnügungsparks eine Rolle in der Geschichte spielen. Doch das ist hier leider nicht der Fall. Erst zum Ende hin wird ein altes Fahrgeschäfte als Kulisse für eine Verfolgungsjagd genutzt. Das hat mir wirklich gut gefallen. Daher finde ich es schade, dass der Autor nicht an weiteren Stellen damit gearbeitet hat.
Viele Charaktere, wenig Persönlichkeit
Die Figuren in diesem Roman sind insgesamt uninteressant und austauschbar. Gerade am Anfang habe ich mir die Namen der zwölf Teilnehmer kaum merken können, bis auf den 24-jährigen Reporter Paul Greenblatt. Er bleibt allerdings auch nur im Gedächtnis, weil die Geschichte aus seiner Sicht erzählt wird und nicht weil er ein spannender oder sympathischer Charakter ist. Dann gibt es noch die Fernsehjournalistin Lizzie Hillstrom, die als Love Interest von Paul etwas stärker im Fokus steht als der Rest der Gruppe. Die meisten Personen sind so vage beschrieben, dass ich niemanden wirklich vor Augen hatte. Da war ich fast froh, als die ersten ermordet wurden. Diese Distanz zu den Figuren führte dazu, dass mir die Todesszenen, so grausam manche von ihnen in ihren Details beschrieben wurden, nicht nahegegangen sind. Selbst die späteren Morde haben mich nicht berührt, denn obwohl ich die Charaktere schon länger begleiten konnte, habe ich sie trotzdem nicht kennengelernt. Es gab keine Person, um die ich Angst hatte. Die meiste Zeit habe ich nicht einmal mit dem Protagonisten mitgefiebert. Damit mich eine Geschichte so richtig mitreißt, muss es wenigstens eine Figur geben, die wirklich greifbar ist. Und die konnte ich in "Murder Park" leider nicht finden.
Das einzige, was ihnen mehr Leben einhaucht, sind die eingeschobenen Interviews, die vier Wochen zuvor entstanden sind. Jeder der Teilnehmer wird von dem Psychiater Sheldon Lazarus, der sich auch unter den zwölf Besuchern befindet, zu sehr speziellen Ereignissen ihres Lebens befragt. Dabei erfährt man einiges über die Vergangenheit der Teilnehmer und es wird schell klar, dass alle von ihnen einen Bezug zu "Zodiac Island" haben. Weil jeder ein eigenes Interview bekommen hat, werden alle Charaktere einmal in den Mittelpunkt gestellt und wirken dabei sehr viel interessanter. Allerdings werden die Ereignisse damit immer wieder unterbrochen. Da diese ohnehin schon schleppend vorangehen, verliert die Geschichte durch sie weiter an Tempo und Spannung.
Wo bleibt der Nervenkitzel?
"Murder Park" wird zwar als Thriller bezeichnet, doch so richtig gepackt wurde ich nicht. Der Schreibstil liest sich flüssig und man stolpert über keine Wörter, doch trotzdem konnte er mich nicht richtig an die Geschichte fesseln. Es gibt durchaus aufregende Momente, es wurde aber nie so mitreißend, dass ich unbedingt weiterlesen wollte. Das liegt auch an den vielen Szenen, die nur aus Diskussionen bestehen. Besonders im Mittelteil des Buches wird ständig geredet. Als allen langsam klar wird, wie ernst die Situation auf der Insel ist und jeder das nächste Opfer sein kann, gibt es immer wieder ausführliche Szenen, in denen nur wild herumgestritten wird. Manche der Todesszenen sind im Vergleich deutlich kürzer und passieren dadurch fast nebenbei. Die Gespräche wurden zudem irgendwann ermüdend, weil sie sich immer wieder im Kreis gedreht haben. Anfangs rätselt man noch mit: Hat Jeff Bohner nach einem bestimmten Prinzip gemordet? Wird das nun von jemandem fortgeführt? Ist es sogar möglich, dass der Serienmörder damals gar nicht hingerichtet wurde und noch am Leben ist? Könnte er einer der Teilnehmer sein? Doch auf diese Spekulationen wird viel zu oft eingegangen, ohne die Handlung voranzutreiben. Denn es kommen kaum neue Erkenntnisse ans Licht, da die gleichen Vermutungen immer nur wiederholt werden, indem Paul einfach mit verschiedenen Personen darüber spricht. Doch dadurch kommt es nicht zur Aufklärung der Situation, denn der Protagonist tappt bis zum Schluss im Dunkeln.
Das Ende war dann kurz gesagt enttäuschend. Es gibt zwar eine überraschende Auflösung, die gleichzeitig aber vollkommen absurd erscheint. Sie lässt einige der vorherigen Ereignisse unglaubwürdig und unlogisch erscheinen. Vor allem das Verhalten der Charaktere macht mit dem Wissen, das man zum Schluss über sie hat, nicht immer Sinn. Dadurch sind die Figuren einem dann ferner als je zuvor. Ich konnte jedenfalls nur schwer nachvollziehen, was ihre Motivation in dieser Geschichte gewesen ist. Denn was dem Leser hier präsentiert wird, ist wirklich fragwürdig.
Allerdings hat mir der Showdown zum Schluss durch die Wendungen doch noch gut gefallen. Die Geschichte gewinnt dort wirklich an Fahrt und war für mich zumindest hinsichtlich der Spannung die überzeugendste Stelle. So konnte mich "Murder Park" wenigstens am Ende fesseln. Es wäre toll gewesen, wenn ich dieses Lesegefühl auch schon vorher gehabt hätte.
Fazit
Leider konnte mich "Murder Park" insgesamt nicht überzeugen. Die grundlegende Idee eines Freizeitparks mit Horrorfaktor hat mir gefallen, doch sie war nicht wirklich gut umgesetzt. Durch die austauschbaren Charaktere haben war ich emotional kaum investiert und habe wenig mitgefiebert. Erst zum Schluss wurde ich wirklich gepackt. Leider war die Auflösung dann eher unglaubwürdig, so dass ich das Buch nach der letzte Seite sehr unbefriedigt zugeklappt habe. Wer wie ich hofft, eine aufregende Jagd quer durch einen verlassenen Vergnügungspark zu bekommen, wird hier enttäuscht.
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