Sonntag, 16. Juli 2017

Baby Driver - Rezension

Action, Komödie, Musik und Thriller - Der Film "Baby Driver" vereint völlig unterschiedliche Genre. Ich habe ihn vorab gesehen (deutscher Kinostart: 27. Juli) und bin nach knapp zwei Stunden mit gemischten Gefühlen aus dem Saal gekommen.

Es geht um Baby (Ansel Elgort), einen jungen, außergewöhnlich talentierten Fluchtwagenfahrer, der für den Gansterboss Doc (Kevin Spacey) arbeitet. Seit einem Unfall in der Kindheit leidet Baby an einem Tinnitus, den er mit Musik übertönt. Bei Überfällen wartet er geduldig im Auto und liefert sich anschließend halsbrecherische Verfolgungsjagden mit der Polizei. Doch als er plötzlich aktiv die Brutalität seiner "Kollegen" miterlebt und damit seine Freundin Debora (Lily James) in Gefahr bringt, muss Baby sich auch außerhalb des Autos beweisen.

Unsquare Dance

Mein Kopfhörer gehört zu mir
Foto: TriStar/Sony Pictures
Ohne Musik geht nichts - das scheint seine Devise zu sein. Fast den kompletten Film über trägt Baby Kopfhörer und besitzt gleich mehrere iPods. Töne und Lieder sind in "Baby Driver" nicht nur ein Stilmittel, sondern ein zentraler Teil der Handlung. Der junge Protagonist ist auf den ersten Blick clever und cool - bis die Musik nicht mehr im Einklang mit ihm ist. Dann beginnt er hektisch und unkonzentriert das geeignete Lied zu suchen, während er einen Fehler nach dem anderen macht. Sind Stimmung und Soundtrack jedoch aufeinander abgestimmt, macht es großen Spaß Baby zu beobachten. Er passt seine Bewegungen der Musik an - ob lässig-tanzend auf der Straße oder als energisch-aggressiver Fahrer. Dabei wird sowohl auf omnipräsente Sommerhits der letzten Jahre als auch auf legendäre Klassiker verzichtet. Ich kannte nur wenige der Lieder, was von Vorteil ist, da sie mich nicht von der Handlung abgelenkt haben.

Gegen Ende wäre mir das aber fast lieb gewesen. Anfangs überzeugt der Film mit coolen Verfolgungsjagden. Auch Baby ist durch sein Schweigen und seine passive, mysteriöse Art ein spannender Charakter. Die Handlung verliert im Laufe der Zeit jedoch deutlich den Fokus. Sobald man die Vorgeschichte des Protagonisten kennt und er sich aktiv am Geschehen beteiligt, wirkt er langweiliger und farbloser. Auch die actionreichen Fluchtszenen werden weniger. Als ich den Trailer das erste Mal gesehen habe, waren es vor allem die eigenwillige Hauptfigur und die Stunts, die meine Neugier auf den Film geweckt haben. Dementsprechend war ich enttäuscht, dass die Handlung im Mittelteil eher an einen Teenie-Streifen als an einen Actionthriller erinnert. Baby ist hin und her gerissen zwischen seinem Job und seiner großen Liebe. Dieser Gewissenskonflikt ist weder innovativ noch sonderlich spannend. Gegen Ende driftet die Geschichte dann ins Lächerliche ab: Wilde Schießereien mit Maschinenpistolen, hanebüchene Stunts und ausufernde Gewalt, bei denen die Beteiligten praktisch unverwüstlich sind.

Never, Never Gonna Give Ya Up

Gangsterquartett: Baby, Bats, Darling & Buddy (v.l.) 
Foto: TriStar/Sony Pictures
Während Baby wenigstens zu Beginn eine vielversprechende Figur ist, bleiben die anderen Charaktere weitestgehend einseitig. Da wäre einmal Doc, der Gangsterboss. Ich nenne ihn "Gangsterboss", weil nicht aufgeklärt wird, was genau er eigentlich "beruflich" macht und woher er das, für die Überfälle notwendige, Insiderwissen hat. Von Babys Kollegen fand ich ihn mit Abstand am spannendsten, da er mysteriös bleibt und die meiste Zeit nicht sicher ist, auf wessen Seite er steht. Das Pärchen Buddy (Jon Hamm) und Darling (Eiza González) wirkte auf mich eher befremdlich. Irgendwann erfährt man, dass beide drogenabhängig sind. Dementsprechend unglaubwürdig ist es, dass sie als talentierte, hochkonzentrierte und mitdenkende Kriminelle dargestellt werden. Bats (Jamie Foxx) konnte ich überhaupt nicht ernst nehmen. Er wirkt grundlos aggressiv, überdreht und schießwütig - ist im Gegensatz zu seinen beiden besonneneren Kollegen aber nicht drogenabhängig. Sinn macht das nicht. 
Joseph (l.) will das Beste für seinen Pflegesohn
Foto:  TriStar/Sony Pictures
Außerdem wäre da noch Debora. Wie so oft im Action-Genre ist sie leider nur die lieb lächelnde, hübsche Freundin des Titelhelden, die viel zu spät merkt, womit der sein Geld verdient. Im Gegensatz zu Sexbombe Darling, darf sie wenigstens halbwegs jugendfreie Kleidung tragen. Der einzige Charakter, von dem ich gerne mehr gesehen hätte, ist Babys gehörloser Pflegevater Joseph (CJ Jones). Durch die Vibration der Boxen fühlt er die Musik, die sein Sohn zu Hause hört und steht ihm via Gebärdensprache mit Rat und Tat zur Seite. Jones spielt die Gebrechlichkeit des alten Manns und seine Sorge um Baby sehr anrührend. Damit bildet er einen angenehmen Ruhepol, in dem sonst eher lauten und hektischen Streifen. An dieser Stelle ein großes Lob an die Produktion für die realitätsnahe Darstellung, denn CJ Jones ist auch im wahren Leben taub. Leider gibt es nur wenige Rollen für Menschen mit Handicap und die werden viel zu häufig mit Schauspielern ohne die jeweilige Einschränkung besetzt.

Fazit

"Baby Driver" ist ein kurzweiliger Thriller, der vor allem durch den faszinierenden Einsatz seines abwechslungsreichen Soundtracks besticht. Hier wäre es allerdings wünschenswert gewesen, den Fokus noch stärker auf die Musik zu legen, da sie das Alleinstellungsmerkmal des Film ist. Der Rest der Handlung ist relativ dünn und hebt sich wenig von anderen Actionthrillern ab. Die Charaktere sind ähnlich stereotyp: Der kaltherzige Boss, der gewaltbereite Kriminelle, die heiße Gangsterbraut, die naive Damsel-in-distress... Mit der Zeit wird die Geschichte immer hanebüchener und gipfelt in einem überzogenen, wenig glaubhaften Finale. Regisseur Edgar Wright denkt bereits über eine Fortsetzung zu "Baby Driver" nach. Ich hoffe sehr, dass dann das durchgezogen wird, was der Trailer bereits für den ersten Teil angedeutet hat: Atemberaubende Verfolgungsjagden, die anhand von Musik choreografiert werden.


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