- Der folgende Text enthält Spoiler -
"Ku'damm 59" ist die Fortsetzung der dreiteiligen Mini-Serie "Ku'damm 56", die 2016 im ZDF lief und auch auf "Netflix" verfügbar ist. Wir haben die erste Staffel verschlungen und konnten die nächsten drei Folgen kaum erwarten (hier erfahrt ihr, auf welche Serienstarts wir uns 2018 noch freuen).
Dieser Post ist Teil unserer Reihe "Watch.Read.Discuss.", in der wir Autoren dasselbe Format diskutieren. In der Vergangenheit haben wir bereits unter anderem über Serien wie "The Mist" und "Dark" gesprochen (hier findet ihr alle Beiträge).
Eine einzelne Träne: Theatralischer geht nicht
Foto: ZDF/Tobias Schult
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Wie seid ihr auf die Serie aufmerksam geworden und warum wolltet ihr sie gucken?
Laura: Ich habe schon die TV-Premiere der ersten Staffel gesehen und die Geschichte konnte mich so sehr begeistern, dass ich auf die Fortsetzung richtig gespannt war. Daher war für mich klar, dass ich mir "Ku'damm 59" auch anschaue.
Katrin: Ich habe mir "Ku'damm 56" nicht im Fernsehen angeguckt, da mich andere deutsche Historiendramen wie "Das Adlon" oder "Der Wagner-Clan" nur mäßig begeistern konnten. Als die Mini-Serie dann bei "Netflix" verfügbar war, habe ich irgendwann die erste Folge angesehen und war positiv überrascht. Ich fand das Produktionsdesign, die ernsten Themen und die Lebensfreude der Protagonistin klasse. Also habe ich mir natürlich auch "Ku'damm 59" angesehen.
Wie fandet ihr die Fortsetzung im Vergleich zu "Ku'damm 56"?
Monika, Caterina, Helga & Eva vor der Tanzschule
Foto: ZDF/Stefan Erhard
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Katrin: Leider deutlich schlechter. Die erste Staffel war voller Leben, ernsthafter Botschaften und sah dabei noch toll und realistisch aus. All das fehlt in '59. Beide Staffeln sind gleich lang (dreimal 90 Minuten). Während im ersten Teil viele interessante Handlungsstränge klug verwoben wurden, wirkt die Fortsetzung platt und blutleer. Jede der Frauen hat ihre eigenen Probleme, die sich während der drei Folgen ziemlich im Kreis drehen und dann in den Schlussminuten schnell provisorisch gelöst werden. Charakterentwicklung und stringentes Erzählen sind leider Mangelware. Außerdem hatte ich bei "Ku'damm 59" nicht mehr das Gefühl, in die 50er "hineingesogen" zu werden, wie noch im ersten Teil. Die Welt wirkt diesmal zu bunt und affektiert - da kann ich mich nur Laura anschließen: wie eine Soap.
Wie hat sich das Frauenbild in der zweiten Staffel verändert?
Führerschein? Nur mit Erlaubnis des Ehemannes!
Foto: ZDF/Stefan Erhard
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Laura: Ich finde auch, dass Monikas Weg nicht mehr so klar erkennbar ist. Ihr Kampf, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, wurde in der ersten Staffel in den Mittelpunkt gestellt. Jetzt lenken ständig irgendwelche Dramen (meistens Liebesdramen) davon ab. Ich verstehe beispielsweise nicht, wieso sich nicht mehr auf Monikas Kampf um ihr Kind konzentriert wurde. Eva entwickelt sich auf jeden Fall weiter. Ich würde auch behaupten, sie ist die einzige der drei Schwestern, die wirklich aktiv ihr Schicksal in die Hand nimmt. Aber sie hat mir in "Ku'damm 56" besser gefallen, weil ihre Gefühlswelt gründlicher ausgearbeitet war. Helga hat sich hingegen wirklich nicht verändert, was schade ist und sie als Charakter wirklich anstrengend macht. Mit Ninette Rabe (Laura de Boer) kommt noch eine weibliche Figur hinzu, die vollkommen klischeehaft ist. Ihre Rolle war nichts außergewöhnliches, sondern lediglich für zusätzliches Drama vorhanden.
Denkt ihr, dass die Serie kontroverse Themen feinfühlig behandelt?
Katrin: Nein! Freddys Vergangenheit im Konzentrationslager wird mal eben so aufgeworfen und genauso schnell wieder fallengelassen. Gerade so ein Thema erfordert Ernsthaftigkeit und Fingerspitzengefühl, aber scheinbar war dafür keine Zeit. Wolfgangs Homosexualität wirkt auch nur wie ein Mittel zum Zweck. Da sich die Serie kaum auf seine Gefühle konzentriert, erscheint die große Liebe zwischen ihm und Hans aufgesetzt.
Laura: Ich stimme Katrin zu. Ich weiß nicht mal, ob man wirklich von "behandeln" sprechen kann, nur weil diese Themen hier und da kurz auftauchen. Wirklich auseinandergesetzt wird sich damit jedenfalls nicht.
Laura: Ich stimme Katrin zu. Ich weiß nicht mal, ob man wirklich von "behandeln" sprechen kann, nur weil diese Themen hier und da kurz auftauchen. Wirklich auseinandergesetzt wird sich damit jedenfalls nicht.
Konntet ihr euch gut in die Charaktere hineinversetzen?
Monika (l.) will vor Gericht um ihre Tochter kämpfen
Foto: ZDF/Stefan Erhard
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Katrin: Nicht wirklich und das hat mich an "Ku'damm 59" massiv gestört. Die Charaktere sind undurchsichtig und lassen sich nicht in die Karten schauen. Kaum eine Entscheidung ist für den Zuschauer logisch nachvollziehbar. Im ersten Teil haben die Schwestern sich beispielsweise über ihre Gefühle unterhalten, in der Fortsetzung sind die meisten Gespräche sehr oberflächlich und offenbaren wenig über das Seelenleben der Figuren. Wie Laura bereits angedeutet hat, ist besonders die Wandlung von Ninette seltsam: Sie erzählt gegenüber der Polizei plötzlich doch die Wahrheit, um ihren verhassten Ehemann zu retten. Laura und ich haben gejubelt, als Joachim sie nach einer halben Ewigkeit endlich gefragt hat, wieso eigentlich. Ihre Antwort war dann mehr als dürftig. Wenn die Charaktere sich gegenseitig ihre Handlungen erklären müssen, spricht das definitiv nicht für die Schlüssigkeit einer Serie!
Welche Szene hat euch am wenigsten gefallen?
Katrin: Jede Szene mit Helga, da sie nur drei Emotionen (empört, wütend, traurig) und null Funktion in der Geschichte hat. Außerdem fand ich viele Dialoge etwas schräg. Ich habe nicht in den 1950er Jahren gelebt und weiß daher nicht, wie man damals gesprochen hat, aber in meinen Ohren klangen Sprüche wie "Leck' mich am Arsch" oder "Verzieh' dich" doch ein wenig zu modern.
Laura: Stimmt, mit Helgas Szenen konnte ich auch nicht viel anfangen. Das Treffen zwischen Eva und Joachim, bei dem sie fast im Bett landen, fand ich aber am unnötigsten. Erstens kam diese Entwicklung vollkommen aus dem Nichts und zweitens war ziemlich schnell offensichtlich, dass der einzige Zweck dieser Sequenz war, künstliches Drama zu schaffen.
Und welche am besten?
Katrin: Die Szene, in der Freddy mit Monika seinen Hasen beerdigt und seine schlimmen Erinnerungen ihn einholen. Das war die einzige, die mich berührt hat. Daher war es für mich auch die Beste.
Laura: Die fand ich tatsächlich auch am besten! Monikas und Freddys Szenen haben mir auch insgesamt am meisten gefallen, weil sie am sympathischsten und menschlichsten rüberkommen. Außerdem ist die Chemie zwischen den beiden spürbar und überträgt sich auf den Zuschauer.
Laura: Die fand ich tatsächlich auch am besten! Monikas und Freddys Szenen haben mir auch insgesamt am meisten gefallen, weil sie am sympathischsten und menschlichsten rüberkommen. Außerdem ist die Chemie zwischen den beiden spürbar und überträgt sich auf den Zuschauer.
Was hättet ihr an der Geschichte verändert?
Aus dem Tanzpaar wird plötzlich eine Blues-Gruppe Foto: ZDF/Stefan Erhard |
Katrin: Mein wichtigste Veränderung wäre die Undurchschaubarkeit der Charaktere gewesen. Ich hätte großen Wert darauf gelegt, dass der Zuschauer ihre Beweggründe, Gefühle und Handlungen problemlos verstehen kann. Außerdem hätte ich einen der wichtigsten Punkte aus dem ersten Teil aufgegriffen: das Tanzen. In "Ku'damm 56" symbolisierte es Freiheit und Selbstbestimmung, in der Fortsetzung gab es, glaube ich, nur zwei kurze Tanzszenen. Sehr schade.
Last, but not least: Würdet ihr euch eine weitere Fortsetzung von "Ku'damm" ansehen?
Katrin: Die erste Folge bestimmt - aus reiner Neugierde. Wenn sie aber ähnlich auf der Stelle treten würde wie die komplette zweite Staffel, dann würde ich mir den Rest vermutlich nicht mehr ansehen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Geschichte wirklich für mehrere Zeitsprünge eignet.
Laura: Ich würde einer Fortsetzung eine Chance geben, weil "Ku'damm 56" bewiesen hat, dass diese Reihe durchaus eine gute Geschichte erzählen und den Charakteren Tiefe geben kann. Auch wenn das in Staffel zwei leider gefehlt hat, würde ich trotzdem mal reinschauen, um zu sehen, ob sich daran etwas geändert hat. Da eine Fortsetzung vermutlich wieder mehrere Jahre nach dem letzten Dreiteiler spielen würde, würde die Geschichte erneut einen etwas anderen Fokus bekommen und die Handlung könnte dadurch vielleicht wieder ähnlich spannend aufgebaut sein wie die in der ersten Staffel.
Laura: Ich würde einer Fortsetzung eine Chance geben, weil "Ku'damm 56" bewiesen hat, dass diese Reihe durchaus eine gute Geschichte erzählen und den Charakteren Tiefe geben kann. Auch wenn das in Staffel zwei leider gefehlt hat, würde ich trotzdem mal reinschauen, um zu sehen, ob sich daran etwas geändert hat. Da eine Fortsetzung vermutlich wieder mehrere Jahre nach dem letzten Dreiteiler spielen würde, würde die Geschichte erneut einen etwas anderen Fokus bekommen und die Handlung könnte dadurch vielleicht wieder ähnlich spannend aufgebaut sein wie die in der ersten Staffel.
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