Donnerstag, 30. November 2017

Coco - Lebendiger als das Leben! - Rezension

Ich liebe "Disney" über alles. Die Filme begleiten mich schon mein ganzes Leben lang und das werden sie vermutlich bis zum Ende (hier geht es zu meinen Top 15 "Disney"-Filmen). Ich habe mich seit Wochen auf "Coco - Lebendiger als das Leben!" gefreut (Auf den Teil hinter dem Bindestrich verzichte ich für den Rest der Rezension. Warum müssen die deutschen Filmtitel seit einigen Jahren so dämliche Wortspiele enthalten?). Deshalb habe ich ihn mir heute, am Starttag, sofort angesehen. Nachdem mittlerweile alle Tränen wenigstens halbwegs getrocknet sind, gibt es nun meine Rezension zu diesem "Disney/Pixar"-Film.

Vor vielen Jahren wurde Imelda Rivera von ihrem Mann mit der gemeinsamen, kleinen Tochter Coco sitzen gelassen. Er wollte lieber ein berühmter Musiker werden, anstelle sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen. Die verlassene Matriarchin verbannte alle Musik aus ihrem Leben und lernte, wie man Schuhe herstellt. Mehrere Generationen später arbeiten alle Riveras in dieser Branche und verteufeln Musik, da sie einst die Familie entzweite. Imeldas Ururenkel Miguel kann sich mit beiden Tatsachen nicht anfreunden und bringt sich heimlich durch alte Videos des legendären Musikers Ernesto de la Cruz das Gitarre spielen bei. Am traditionellen mexikanischen Día de Muertos möchte Miguel an einem Talentwettbewerb teilnehmen, doch seine Familie erfährt von der geheimen Leidenschaft und zerstört seine selbst gebastelte Gitarre. Durch ein altes Foto erfährt der 12-Jährige, dass es sich bei Ernesto um seinen Ururgroßvater handelt. Er bricht in dessen Mausoleum ein, um sich sein Instrument zu leihen. Nachdem er darauf gespielt hat, landet er plötzlich in der Welt der Toten und lernt seine verstorbenen Verwandten kennen. Die wollen ihm jedoch nur helfen, nach Hause zurückzukehren, wenn er dafür die Musik aufgibt. 

Holt die Taschentücher raus!

Der Film ist so herrlich farbenfroh!
Foto: Pixar/Walt Disney Studio
Es gibt kaum "Disney"-Filme, in denen niemand stirbt. Doch scheinbar reicht ein herzzerreißender Todesfall nicht mehr und "Pixar" hat gleich einen Streifen produziert, in dem fast jeder tot ist und sogar noch ein zweites Mal sterben kann. Denn in der Geisterwelt bleiben nur die, die noch in den Erinnerungen von lebenden Menschen existieren. Wer komplett vergessen wird, der verschwindet für immer. Wie schon in "Zoomania" widmet sich auch "Coco" gesellschaftlichen Themen, die man eher selten in Familienfilmen findet. Während es bei Ersterem Rassismus war, ist es nun der Tod. Im Gegensatz zu anderen "Disney"-Meisterwerken ist es hier aber weniger das Fehlen eines Menschen, sondern eher die Freude darüber, dass er gelebt hat. Hierbei wird deutlich, wie viel Arbeit das Produktionsteam investiert hat, um den Día de Muertos und die ganze mexikanische Kultur realitätsnah und unverzerrt darzustellen. Anstelle Angst vor dem Ableben zu haben, gibt es für die Charaktere nichts Schlimmeres, als vergessen zu werden. Natürlich ist die Kernbotschaft des Films: Die Familie ist das Allerwichtigste. Aber mir persönlich gefällt der Ansatz, dass man sich erinnern sollte, da die Vergangenheit genauso ein Teil von einem ist, wie die Gegenwart und das, was man in der Zukunft tun wird. Dementsprechend fand ich es wundervoll, dass am Ende des Abspanns die Worte "To the people across time who supported and inspired us" eingeblendet wurden und dann hunderte, kleine Portraits darum herum erschienen, einige in Farbe, einige in Schwarz-Weiß, die vermutlich die verstorbenen Angehörigen von "Pixar"-Mitarbeitern zeigten. Ich gebe zu, ich habe die letzten 20 Minuten von "Coco" mit den Tränen gekämpft und dieser Abschluss hat mir dann wirklich den Rest gegeben. Übrigens wurde auch der Hinweis: "Día de Muertos is a Mexican heritage tradition with roots in indigenous culture. To learn more, visit your local library." eingeblendet. Details wie diese liebe ich einfach an "Disney."
Eine wunderschöne Idee! 
Foto: Katrin Mertens
Die Schlussminuten sind unglaublich emotional, doch auch der Rest des Films ist mir wirklich ans Herz gegangen. Es gibt nämlich viele Charaktere, in die man sich gut hineinversetzten kann. Da wäre einmal Miguel, der einen großen Traum hat, aber niemanden, der an ihn glaubt. Die Szene, in der seine Oma Elena die selbst gebastelte Gitarre zerschlägt, erinnerte an eine ähnliche in "Arielle, die Meerjungfrau", als Triton die Schätze seiner Tochter Arielle zertrümmert. Nur ist Miguels Situation nachvollziehbarer und dementsprechend auch berührender. Der Zuschauer kann jedoch auch den Zorn von Elena verstehen, da ihre Mutter Coco nie darüber hinweggekommen ist, dass ihr Papa sie verlassen hat. Dementsprechend versucht sie alles, um ihre eigenen Kinder und Enkel zu beschützen. Außerdem leidet sie sehr darunter, dass ihre Mutter sie nicht mehr erkennt oder wahrnimmt. Wenn man selbst demente Familienmitglieder hat, sind diese Momente fast schon zu realistisch. 
Die lebenden Toten sehen ganz harmlos aus!
Foto: Pixar/Walt Disney Studios
Die "Pixar"-Kreativen schaffen es wieder einmal, eine bunte Fantasiewelt zu erschaffen und so eng mit einer realistischen Handlung zu verweben, dass die Zuschauern verschiedenste Emotionen in kurzer Zeit durchleben: Von Freude, über Staunen bis hin zu Trauer, dem Wunsch, seine Familie ganz fest zu umarmen und der Überraschung, dass in einem Familienfilm ein Giftmord verübt wird. Trotz der sehr düsteren Themen, gibt es dennoch eine gesunde Portion Humor, so hat beispielsweise eins der Skelette eine Allergie gegen Miguels tierischen Freund Dante. Als der Protagonist jedoch anmerkt, dass der Hund gar kein Fell habe, sagt der Tote nur trocken: "Na und? Ich habe auch keine Nase, ist aber trotzdem so!" und klebt ein Stück Tesafilm über das Loch, wo früher seine Nase war. Zum Teil sind die Sprüche sogar recht bissig. Ernesto mag Miguel beispielsweise so gerne, dass er ihn länger bei sich haben möchte: "Ich hoffe wirklich, du wirst bald sterben!"

Sperrt Ohren und Augen auf!

Animatoren werden viel zu wenig gewürdigt!
Foto: Pixar/Walt Disney Studios
Im Gegensatz zu "Disney" produziert "Pixar" keine Musicalfilme, in denen gesungen wird und auch die Soundtracks sind meistens unspektakulär. Dementsprechend war ich überrascht, dass Musik in "Coco" eine wichtige Rolle spielen sollte. Es war jedenfalls eine gute Entscheidung, einen neuen Weg einzuschlagen, denn die Melodien passen toll zur Geschichte. Vor allem, da nur wenig übersetzt wurde. Große Teile der Liedtexte sind in Spanisch, was ich richtig gut fand! "Disney" legt viel Wert darauf, andere Kulturen originalgetreu darzustellen und immer öfter wird dabei auch auf die lokalen Sprache zurückgegriffen. Wie beispielsweise Tuvalu in "Vaiana", was besonders beeindruckend ist, da nur noch knapp über 10.000 Menschen es weltweit beherrschen, Norwegisch in "Die Eiskönigin" oder Bulgarisch in "Bärenbrüder" (hier geht es zu meinen Top 50 "Disney"-Liedern). Bei "Coco" sind es jedoch nicht nur ein oder zwei Lieder. Spanisch ist omnipräsent und lässt den Día de Muertos lebendig werden. Allerdings finde ich die Songs nicht sehr eingängig. Das hat nichts mit der Sprache zu tun. Die Melodien klingen zwar schön, haben aber nicht die Kraft und das Gefühl wie beispielsweise die Soundtracks von "Tarzan", "Der König der Löwen" oder "Vaiana". Das hat mich jedoch nicht so sehr gestört, da die Musik vor allem die Geschichte untermalt und weniger für sich allein funktionieren muss.
Die Welt der Toten ist voller Kreativität und Fantasie!
Foto: Pixar/Walt Disney Studios
Die Handlung entspinnt sich nicht nur durch ihren Klang, sondern auch durch ihr Aussehen. Ich habe den Film in 3D angeschaut und es hat sich wirklich gelohnt, denn die Welt der Toten ist sehr groß und vielschichtig, das wirkt in dreidimensionaler Form eindrucksvoller. Miguels Zuhause sieht hingegen völlig normal aus. Diese optische Trennung der verschiedenen Universen ist toll gestaltet, vor allem da sie durch schwebende Brücken aus Blütenblättern verbunden werden. Obwohl der Himmel dunkel ist, wird die ganze Totenwelt von tausenden Lichtern erhellt und wirkt einfach magisch. Wie immer bei "Pixar" wird außerdem viel Wert auf winzige Details gelegt, seien es Reflexionen in den Augen der Charaktere oder die vielen einzelnen Fältchen auf Uroma Cocos Gesicht, das aussieht, als hätte es schon Jahrhunderte erlebt. Schön ist auch die Nacherzählung der Familiengeschichte am Anfang des Films. Die einzelnen Szenen werden hierbei als Papierschnitte dargestellt, die als Dekorationen in den Straßen hängen.

Der Vorfilm: "Olaf taut auf"

"Some people are worth melting for!"
Foto: Walt Disney Studios
Die "Pixar"-Shorts sind meistens fast noch besser als der eigentliche Streifen. In diesem Fall stammt der Kurzfilm allerdings nicht aus der eigenen Werkstatt, sondern wurde von "Disney" beigesteuert. Es ist keine völlig neue Geschichte, sondern eine Episode zu "Die Eiskönigin". Im Gegensatz zu den normalen "Pixar"-Vorfilmen ist "Olaf taut auf" mit knapp 20 Minuten Laufzeit deutlich länger und auch nicht stumm. Es geht darum, dass Anna und Elsa in der Weihnachtszeit feststellen: Sie sind die einzigen in Arendelle, die keine Familientradition haben. Schneemann Olaf beschließt, eine für die beiden Schwestern zu finden. Gemeinsam mit Rentier Sven klopft er an die Türen der Bürger und lässt sich ihre Traditionen erklären. Doch dann geht alles schief... Mir hat "Olaf taut auf" gut gefallen, da er von der Stimmung, der Animation und den Synchronstimmen nahtlos an "Die Eiskönigin" anknüpft und daher nicht wie ein billiger Abklatsch wirkt. Nur in einem Punkt kann der Mini-Film die Qualität des "großen Bruders" nicht halten: Bei der Musik. Die Songs sind überhaupt nicht eingängig und klingen mehr wie gesungene Dialoge als echte Lieder. Lediglich "Wenn wir zusammen sind" ist ganz gut - allerdings auch nur auf Englisch. Die Geschichte passt jedoch super in die Weihnachtszeit und Olafs hoffnungsloser Optimismus ist einfach nur süß! Wieso er jedoch "auftaut" hat sich mir nicht erschlossen...

Fazit

"Coco" beweist mal wieder, dass auch Filme, die sich an ein jüngeres Kernpublikum richten, Tiefgang haben können. Die Themen Tod und Altern werden nicht schön geredet und dennoch mit einer gewissen Leichtigkeit angegangen. Mit Miguel hat der Streifen einen sympathischen Hauptcharakter, mit dem sich sowohl Kinder als auch Erwachsene identifizieren können. Dennoch werden auch die Motive seiner Familie so klar dargestellt, dass der Zuschauer sie nicht hassen kann, sondern versteht, woher ihre Ängste kommen. Wie in den meisten "Pixar"-Filmen begeistert auch "Coco" durch tolle Animationen. Die Welt der Toten sieht durch ihre kreative Architektur, die bunten Lichter und ihre verschiedenen Ebenen toll aus und auch die Skelette haben trotz der fehlenden Gesichtszüge alle ein individuelles Aussehen. Mir hat besonders gefallen, wie leicht und ungezwungen die mexikanische Kultur in die Geschichte einfließt. Auch die Musik wird von nationalen Klängen und der spanischen Sprache beeinflusst. Im Gegensatz zum Rest des Films ist der Soundtrack jedoch nur Mittelmaß. Dasselbe gilt für den Vorfilm "Olaf taut auf". Er ist witzig und sympathisch, außerdem eine tolle Ergänzung zu "Die Eiskönigin". Allerdings sind auch seine Songs nicht wirklich spektakulär oder eingängig. Aber die Musik ist auch der einzige Punkt, in dem mich beide Film nicht total überzeugen konnten. Ich kann jedem nur empfehlen, "Coco" anzuschauen und beim Kinobesuch eine große Packung Taschentücher mitzunehmen!


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