Donnerstag, 2. November 2017

Fack ju Göhte 3 - Rezension

Der erste "Fack ju Göhte"-Film war richtig gut und der zweite ziemlich schlecht. Dementsprechend war ich wirklich neugierig auf den (angeblich) letzten Teil, der letzte Woche in die Kinos gekommen ist.

Zeki Müller (Elyas M'Barek) unterrichtet noch immer mehr oder weniger engagiert an der Goethe-Gesamtschule. Sein Ziel: Die Chaotenklasse um Chantal (Jella Haase, Das Leben danach), Danger (Max von der Groeben), Zeynep (Gizem Emre) und Burak (Aram Arami) durch das Abitur zu bringen. Doch nach einer negativen Schulinspektion gerät Direktorin Gudrun Gerster (Katja Riemann) unter Druck: Es muss sich einiges ändern, sonst wird die GSG geschlossen. Dazu gehört auch ein Leistungstest, ob die Jahrgangsstufe 11 dem Abitur gewachsen ist. Durch eine schlechte Erfahrung im Berufsinformationszentrum glauben Zekis Schüler jedoch, dass aus ihnen sowieso nichts wird und sie die Schule auch gleich abbrechen könnten. Der Ex-Knacki muss es nicht nur schaffen, seine Chaoten zu motivieren, sondern auch noch die strengen neuen Auflagen zu erfüllen.

Realismus oder Humor - zusammen mangelhaft

Einer chaotischer als der andere!
Foto: Constantin Film
"Fack ju Göhte 3" orientiert sich von der Handlung her wieder am ersten Teil der Reihe - zum Glück. Denn der war 2013 mit über sieben Millionen Zuschauern eingeschlagen wie eine Bombe. Einer der ganz großen Pluspunkte war der wahre Kern der natürlich sehr überdrehten Geschichte. Jeder, der eine staatliche Schule in Deutschland besucht hat, kannte die verschiedenen Arten von Pädagogen und Schülern, die im Film dargestellt wurden und viele der witzigen Situationen. Der zweite Teil, der größtenteils in Thailand spielte und sich um eine illegale Cannabis-Plantage und geschmuggelte Diamanten drehte, fehlte dieser Faktor komplett. "Fack ju Göhte 3" beschäftigt sich nun wieder mit einem deutlich realistischeren Thema: Der Zukunft. Zekis Schüler machen im Berufsinformationszentrum einen Test, der ihnen ideale Jobs vorschlagen soll - bei Chantal ist das Altenpflegerin und bei Danger Kanalarbeiter. Die Schüler erkennen, dass ihre Berufschancen nicht rosig sind und überlegen, ob es noch Sinn macht, sich überhaupt anzustrengen. Das ist nachvollziehbar und hat mir persönlich am besten gefallen. Obwohl die Charaktere überdreht wie eh und je sind, merkt man im dritten Teil deutlicher als in den ersten beiden, wie es in ihren Köpfen aussieht. In Bezug auf die Zukunftschancen funktioniert das sehr gut. Allerdings wurden auch noch die Thematiken Mobbing und Selbstmord mit eingebracht - beide sehr ernst, zu ernst für "Fack ju Göhte". Kaum gibt es eine halbe Minute halbwegs seriöse Konversation, wird auch schon wieder ein Witz eingebaut. Dadurch werden die Themen sehr oberflächlich dargestellt und finden ein schnelles, unglaubwürdiges Happy End. Beispielsweise erzählt ein Mobbingopfer seine Geschichte, alle seine Mitschüler sind berührt und haben die unglaublich sinnvolle Idee, sich alle bis auf die Unterwäsche auszuziehen (der gemobbte Schüler wurde einmal in Unterhose an einer Drohne fliegen gelassen) und gemeinsam ein Foto zu schießen. Eine so simple "Lösung" eines ernsten Problems wirkt lächerlich und realitätsfern. Natürlich ist "Fack ju Göhte" eine Komödie und möchte daher nicht zu viele bedrückende Szenen zeigen, um der Stimmung nicht zu schaden. Dann hätte Drehbuchautor und Regisseur Bora Dagtekin sie aber besser ganz weggelassen, anstelle halbherzig Gesellschaftskritik zu üben.
Wie hilft das jetzt genau gegen Mobbing?
Foto: Constantin Film
Die Angst der Schüler vor ihrer Zukunft wird zwar gut dargestellt, leider schafft es der Film hier aber auch nicht, etwas ernstere Töne anzuschlagen. Denn (Spoiler!) natürlich bekommen Zekis vier Chaotenschüler (der Rest der Klasse - mit Ausnahme von Ploppi (Lucas Reiber) - wird den kompletten Film über ignoriert) alle das Abitur. Danach wird Danger an einer Kunsthochschule angenommen, Burak geht zur Polizei, Zeynep arbeitet im Zoo und Chantal bekommt ein Volontariat bei der Cosmopolitan. So traurig das auch klingt, aber dass drei von vier einen Job bekommen haben, bei dem man durch sehr harte Aufnahmeprüfungen muss (Bei einem journalistischen Volontariat kann ich aus Erfahrung sprechen!), ist mehr als unwahrscheinlich. Doch "Fack ju Göhte 3" setzt auf ein rührseliges Happy End, bei dem Zeki eine neue Chaotenklasse betreut, noch immer mit seiner "Gruppe Arschlöcher" in Kontakt steht und sie alle total glücklich in ihren Traumberufen arbeiten. Leider wird die Zukunft für einen Großteil der jugendlichen Zuschauer wohl nicht so fantastisch aussehen. Doch eine Sequenz am Ende hat mir dennoch sehr gut gefallen: Die Abiturfeier, denn die wirkte im Gegensatz zu den restlichen Schlussminuten ehrlich und stimmig. Die Freude der Schüler über ihre bestandene Prüfung, die stolzen und sichtlich gerührten Lehrer, der Schulchor, der "One Moment In Time" singt und Chantal, die in ihrer Abschlussrede nicht nur Zeki dankt, sondern auch ihrer Mutter (Pamela Knaack) verzeiht, die vorher nie an sie geglaubt hatte.

Kontinuität - leider ebenfalls mangelhaft

Kann Biggi bitte ein eigenes Spin-Off bekommen?
Foto: Constantin Film
Wer bei der Abifeier definitiv gefehlt hat: Elisabeth „Lisi“ Schnabelstedt (Karoline Herfurth). Dass Zekis Lehrerkollegin und spätere Freundin im dritten Teil nicht mehr dabei sein würde, war schon seit einigen Monaten bekannt. Ihr Fehlen wird zu Beginn kurz erklärt und danach nicht mehr angesprochen. Sie als Person habe ich überraschenderweise nicht vermisst, wohl aber ihre Funktion in der Geschichte. Im ersten Film (im zweiten war sie ja kaum zu sehen) bildete sie als einzige halbwegs vernünftige Person einen Gegenpol zu all den durchgedrehten Charakteren. Im Dritten fehlt dieser Ausgleich. Ihre jüngere Schwester Laura (Anna Lena Klenke) wird zwar halbherzig in die Rolle der "vernünftigen Erwachsenen" gedrängt, da sie aber nur wenig Screentime hat, ist sie kein adäquater Ersatz. Am Ende des Films macht sie gemeinsam mit Zekis Chaotenklasse das Abitur. Dass Lisi zur Zeugnisverleihung ihrer kleinen Schwester nicht gekommen sein soll, fand ich schade und unlogisch. Auch mehrere andere beliebte Charaktere aus den vorherigen Teilen fehlen im dritten ganz oder haben nur kurze, meist stumme Gastauftritte - dazu zählen Lisis Mitbewohnerin und Lehrerkollegin Caro Meyer (die Dresdner "Tatort"-Kommissarin Alwara Höfels) sowie Zekis Freundin Charlie (Jana Pallaske). Der Fokus liegt eindeutig auf Zeki, Chantal und Danger, zum Teil auch noch auf Zeynep, Burak, Ploppi (Warum ist er plötzlich auch in der Chaotenklasse?) und der neuen Lehrerin Biggi Enzberger (Sandra Hüller). Letztgenannte hat mir von allen Charakteren am besten gefallen, auch wenn sie mich stark an Karin Noske aus "Der Lehrer" erinnert hat. Denn Biggi ist locker und witzig, aber trotzdem eine gute Lehrerin. Außerdem ist sie die Einzige, die Zeki, der im ganzen Film als obergeiler Typ dargestellt wird, ruhigstellen kann. Die Szene, in der sich Biggi mit Chantals Mutter anlegt und ihr Kollege sprachlos daneben sitzt, war wirklich witzig. Leider ist sie auch nur eine Nebenfigur und tritt sehr sporadisch auf.

Fazit

"Fack ju Göhte 3" ist eine deutliche Verbesserung zu seinem Vorgänger, kann jedoch nicht an die hohe Qualität des ersten Teils anschließen. Das liegt vor allem daran, dass der Film überladen ist. Er dreht sich größtenteils um Zeki, Chantal und Danger, trotzdem werden noch sozialkritische Themen, neue Charaktere und unzählige Nebenhandlungen eingebaut. Das führt dazu, dass die Kontinuität leidet und wichtige Punkte wie Mobbing und Selbstmord sehr oberflächlich behandelt und schnell abgehakt werden. Außerdem ist das Ende arg süßlich geraten und passt somit nicht zu der durchaus realistischen Darstellung des Schulalltags. Es führt die Charaktere jedoch zu einem guten Abschluss und gibt vielleicht dem ein oder anderen jungen Zuschauer Hoffnung für die Zukunft. Auch wenn "Fack ju Göhte 3" nicht ganz so kultige Sprüche wie "Chantal, heul leise!" hervorbringt und an einigen Stellen in den Klamauk abrutscht, ist der Film dennoch sehr witzig und eignet sich somit gut für einen trüben Novemberabend.


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